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Sabeth schreibt

Poesie Melancholie Philosophie Feminismus Anarchismus - non serviam.

Linkspolitisch motivierte Gewalt vs. strukturelle Gewalt

 
Wir sollten bitte grundsätzlich und vorab einmal klären, wer was genau aus welchen Gründen als Linksextremismus bezeichnet bzw. wer zu einer angemessenen Definitionsgrundlage auf welcher (rechtlichen, politischen, moralischen?) Legitimationsbasis geeignet ist: ?
 
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update 09. September 2020
 
Wer also
 
- antikapitalistisch
- antiimperialistsich
- antimilitaristisch
- antifaschistisch
- antirepressionistisch
- gegen Atomstrom und für Interantionalismus ist
 
gilt offiziell als "Linksextremist"?
 
"Unter dem Begriff Linksextremismus versteht das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) im Verfassungsschutzbericht (2018):
 
„Linksextremisten verfolgen das Ziel, die bestehende Staats- und Gesellschaftsordnung und damit die freiheitliche Demokratie zu beseitigen und durch ein kommunistisches bzw. anachisches, "herrschaftsfreies" System zu ersetzen. Die marktwirtschaftliche Eigentumsordnung und der demokratische Rechtsstaat werden dabei als untrennbare Einheit ("Kapitalismus") verstanden, die der Manifestierung von Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnissen dient, in denen sich wenige Privilegierte auf Kosten einer "Arbeiterklasse" bereichern. Diese Ordnung sei mit der Vorstellung einer Gesellschaft, die auf den Prinzipien von Freiheit und Gleichheit aller Menschen beruhe, unvereinbar. (...) Auch sogenannte revolutionäre Gewalt zur Durchsetzung von linksextremistischen Vorstellungen gilt grundsätzlich als legitim. (...) Materielle Ungleichheit, Rassismus, Verdrängung, Krieg und Umweltzerstörung seien zwangsläufige Entwicklungen im Kapitalismus. Politische Reformen könnten zwar Symptome bekämpfen, eine wirkliche Verbesserung der Lebensumstände der "Arbeiterklasse" könne jedoch nur durch eine vollständige Systemüberwindung erreicht werden.“
 
– Bundesamt für Verfassungsschutz: Verfassungsschutzbericht 2018"
 
 
Frage mal eben - wenn wir den "revolutionären Gewaltaspekt" außenvorlassen: Gilt FridaysForFuture dem Verfassungsschutz demnach noch als Beobachtungs- oder schon als Verdachtsfall ... ?
 
Noch `ne Frage: Jede/r, die/der anarchistisch eingestellt ist, ist demnach bereits deshalb Verfassungsfeind? Ernsthaft: ich möchte hierauf eine klare, seriöse Antwort vom Bundesamt für Verfassungsschutz.
 
Folglich sind auch all jene, die sich für Postwachstum, Suffizienz, Postkapitalismus, Antiimperialismus, direkte Demokratie, Soziokratie (Konsent-, statt Mehrheitsprinzip), Gemeinwohlökonomie, Antimilitarismus einsetzen: linksextremistische Staatsfeinde?
 
Das alles gilt also als linksextremistisch, verfassungsfeindlich?
Und attac wird deshalb nicht nur die Gemeinnützigkeit entzogen, abgesprochen, sondern ist auch bereits Beobachtungs- oder Verdachtsfall beim Verfassungsschutz?
 
Seid ihr eigentlich noch ganz dicht?
 
Und wer also wählt das: bei jeder Bundestagswahl w i e d e r? #niewiedercdu #niewiederspd niemals je FDP, niemals je AfD, niemals je bürgerlich-konservativ und maximal opportunistische Grüne.
 
Schöne "repräsentative Demokratie" ...
 
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"[...] Bei der Schelte gegen – tatsächlich ausgeübte oder nur behauptete – linke Militanz geht es um die klare Abgrenzung der Werte von Toleranz und Gewaltfreiheit von sogenannten Chaoten, die den liberalen Rechtsstaat und die freiheitlich-demokratische Grundordnung zerstören wollten. Wobei man zwischen Angriffen auf Menschen und auf Sachen unterscheiden muss. Denn Gewalt gegen Sachen gibt es im strengen Sinne nicht, der angemessene Begriff und der Straftatbestand lauten Sachbeschädigung. In der allgemeinen Medien- und Behördenrhetorik wird Gewalt jedweder Art jedenfalls immer als etwas verstanden, das mit Demokratie und Rechtsstaat unvereinbar ist.
 
Doch dieser idealistischen Vorstellung einer Gesellschaft, die ohne Gewalt auskommt, steht die Gewalt der Polizei, des Militärs, der Justiz oder der Psychiatrie gegenüber. Alle, die schon mehrmals die Miete nicht bezahlen konnten und aufmerksam verfolgt haben, wie Zwangsräumungen vonstatten gehen können, alle, die bei einer Demonstration schon einmal das Tränengas der Polizei in die Augen bekamen, wissen, dass auch der demokratische Rechtsstaat regelmäßig auf Gewalt zurückgreift, um die bestehenden Verhältnisse aufrechtzuerhalten.
 
Das gespannte Verhältnis von struktureller Gewalt des Staates auf der einen und dem gewaltsamen Widerstand auf der anderen Seite ist nicht neu. In der politischen Linken wird es seit langem diskutiert. So haben sich etwa Walter Benjamin und Herbert Marcuse ausgiebig mit der Frage der Gewalt als legitimes oder fragliches politisches Mittel beschäftigt, mit unterschiedlichen Ergebnissen. [...]"
 
Quelle: der Freitag - "Gewalt - Radikale Ratlosigkeit"
 
Nach meinem Verständnis geht es bei linkspolitisch motivierter Sachbeschädigung kapitalistischer Einrichtungen und solchen Besitzes sowie auch jenen Besitzes bzw. jener "Gegenstände/Dinge", der/die staatlicher, also struktureller (Exekutiv-) Gewalt unterstehen, darum, genau diese "Missverhältnisse", diese Ungerechtigkeiten, diese erhebliche, von struktureller Gewalt geprägte Gefahr bzw. diese strukturelle Gewalt selbst als eben solche - als tatsächlich Gewalt - erkennbar zu machen, zu kritisieren, infragezustellen, d.h. zu hinterfragen, ob und falls ja, inwieweit diese strukturelle Gewalt (gegen Menschen!) legitim bzw. ob und wodurch sie legitimierbar ist - oder dies gerade nicht.
Und was diese Erkenntnis zur Folge haben müsste ... .
 
Wir sehen leider, dass wir mit - noch so stichhaltigen - Argumenten und verbalen Forderungen oder Bitten alleine nicht gegen diese strukturelle Gewalt ankommen, schon gar nicht der je einzelne Betroffene, von solcher Gewalt beschädigt worden Seiende - man denke an auch im Artikel bereits genannte Schädigungen (physische wie psychische) durch Polizeigewalt (die einen "trifft": auch dann, wenn man selbst bspw. nur friedlich und vollständig gewaltfrei demonstrierte, von diesem Recht also Gebrauch machte), durch Psychiatrie aber bspw. auch durch diverse Behördenschikane (siehe bspw. Hartz 4 und rechtswidrig verhängte und vollzogene Sanktionen ...).
 
Natürlich sind Veränderungen von Gellschaft und Politik nicht alleine oder gar ausschließlich oder vorrangig mittels Gewalt zu erlangen, die berechtigte Frage bleibt aber: Wie weit ist solche Gewalt gegen de facto bestehende, auch erheblich schädigende strukturelle Gewalt nicht nur (moralisch) legitim, sondern tatsächlich erforderlich?
 
Und nicht zu vergessen ist schließlich, dass Gewalt nicht zwangsläufig oder generell aus Hass resultiert, sondern häufig Folge von vorausgehender (und einhergehender) Aggression ist, welche aus dem Überschrittenwerden der Schmerzgrenze resultiert - somit ein normal/natürlich menschliches Verhalten ist - siehe dazu Joachim Bauers herausragendes Buch "Schmerzgrenze - Vom Ursprung alltäglicher und globaler Gewalt".

Verursachend für diese Schmerzen ist wiederum sehr häufig und global gerade die strukturelle Gewalt.
 
Und übrigens, ja: Ich frage mich schon lange, warum der "zivile Ungehorsam" nicht mittels Sabotage erfolgt - es gibt doch längst ausreichend Menschen, die entsprechend versiert sind (bspw. digitale Sabotage durchführen zu können - anonym und gemeinschaftlich, nicht eine Einzelperson - und so, dass die Zivilbevölkerung dabei nicht geschädigt wird).

Was die "positive", konstruktive "linke Gegenerzählung" anbelangt - doch, diese gibt es - eigentlich längst, denn es ist genau das, das genuin "Linkssein" ausmacht":
 
Gemeinwohlökonomie, Wirtschaft der Fürsorge, Kooperation, Mitgefühl, soziale Gerechtigkeit: global, Umverteilung, Steuergerechtigkeit, nachhaltige Produktion, schonender, ethischer, nachhaltiger Handel und Konsum ... .
 
Es braucht "schlicht" Menschen dafür, die über Herzens- und Charakterbildung, -tiefe und -stärke verfügen, über psychisch-emotionale, soziale und intellektuelle Reife. Und diese erlangen sie nicht durch Ideologien (auch und schon gar nicht religiöse), nicht also durch oktroyierte Moral, sondern durch i n t r i n s i s c h e - auf Basis von Mitgefühl und Bindung, Beziehung - die Grundfesten hierfür werden wiederum vor allem in der Kindheit gelegt (siehe durch bedürfnisorienten Umgang mit Säuglingen, Kindern, Jugendlichen) - und Voraussetzung dafür ist, dass Eltern unbeschädigt und nicht schädigend Eltern sein können/dürfen - was wiederum entsprechende gesellschaftliche (also politische) Verhältnisse und Strukturen zur (Vor-) Bedingung hat.
 
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Der Widerstand gegen soziale Ungerechtigkeit, Rassismus, Rechtsextremismus, Totalitarismus, Faschismus, Antidemokratisierungsprozesse, strukturelle Gewalt, Neoliberalismus, Kapitalismus, Ausbeutung, Unterdrückung, Verknechtung kommt von jeher üblicher- und inhärenterweise von links.
 
Aus diesem Grund wird von rechts, vonseiten des Konservatismus´, Kapitalismus´, Rechtsextremismus´, gegen links, gegen Linke (vermeintlichen/vorgeblichen "Linksextremismus") agitiert. Nach wie vor. Immer wieder.
 
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Gewalt war nie eigentliches Ziel "der" Antifa, wenn, so wird sie vorwiegend gegen Manifestationen des Kapitals eingesetzt, nicht gegen Menschen.

Polizisten bilden hier eine Ausnahme, da sie das Kapital - gewaltvoll - schützen - siehe das Verhältnis von Kapitalismus und Gewalt.
 
Was Gewalt grundsätzlich betrifft, so kann ich nur immer wieder feststellen, dass sie global seit Jahrtausenden von mehrheitlich Männern getätigt wird - und mit physischer Gewalt: zwangsläufig immer (!) auch psychisch-emotionale.

Ich finde es allerdings durchaus wichtig, zu unterscheiden zwischen (physischer) Gewalt gegen Dinge, Gegenstände, Manifestationen des Kapitals/Kapitalismus´ und jener gegen Menschen, insbesondere gegen schwache, ausgebeutete, bereits häufig vielfach beschädigte Menschen.
 
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14. September 2018

W i e soll Widerstand bspw. auch im Hambacher Forst / RWE, gewaltlos möglich sein - wenn der Staat mit, wie üblich, martialischer Gewalt, entsprechender Ausrüstung und Personal/Polizei sowie juristischer Deckung maximale Unvernunft durchdrücken will?
 
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"[...] Für die CSU ist die Lage klar. Gewalttätige DemonstrantInnen verletzten PolizistInnen und ein junger Mann stellt ein Problem dar, weil er sich nicht in ein Kriegsgebiet abschieben lassen will. Dabei bleibt nichts unversucht, um Asef N. und seine UnterstützerInnen zu diffamieren. Von „linksautonomen Chaoten“ ist zu lesen, N. ein Straftäter und beinahe Terrorist. Die Botschaft dabei ist klar: Geflüchtete wollen wir nicht und ihre UnterstützerInnen sind Krawallmacher. Die Polizei hat also geradezu die Pflicht, den Knüppel rauszuholen und fest zuzuschlagen.

Gleichzeitig fordert die große Politik angesichts islamistischer
Anschläge, erstarkenden Rechtsextremismus und um sich greifender Menschenfeindlichkeit „Demokratie zu leben“. Welche Demokratie ihnen dabei vorschwebt, hat Nürnberg gezeigt. Nämlich eine, in der eine couragierte Öffentlichkeit unerwünscht ist. Die Anfeindungen und rohe Gewalt gegen die, die sich mutig der Menschenfeindlichkeit entgegen stellten und setzten, zeigen dies deutlich.


Eine Zivilgesellschaft jedoch, die ihren Namen verdient, ist kein schmückendes Beiwerk beim Händedruck für den Bundespräsidenten, sondern scheut sich nicht gegen die Mächtigen Stellung zu beziehen. Sie hat immer ein kritisches Verhältnis zur Gewalt. Gerade dann, wenn sie vom Staat ausgeht. Gefragt ist sie besonders in stürmischen Zeiten wie diesen. Das hat der Verein Mimikri e.V. getan, als er eine Gegendarstellung zu den Vorwürfen gegen N. veröffentlichte. Genau das haben aber auch die SchülerInnen in Nürnberg getan. Sie haben Zivilcourage bewiesen, sich gegen die Abschiebung eingesetzt und sind trotz der massiver Polizeigewalt insgesamt friedlich, aber entschieden geblieben.

Angesichts der Bilder aus Nürnberg muss man sich also fragen, ob die Gefahren für die Demokratie und Sicherheit der Menschen nicht auch in der Institutionen der Gesellschaft selbst lauern. So ist es ist die große Koalition, die entgegen aller Fakten beschließt, Afghanistan sei sicher und Menschen ins Kriegsgebiet abschiebt. Es ist die daraufhin handelnde
Polizei, die BerufsschülerInnen zusammenschlägt, weil sie die
Lebensgefahr für ihren Mitschüler abwenden wollen. Und es ist das geschickte Zusammenspiel beider, die couragiertes Eingreifen kriminalisiert. So zuletzt geschehen, als durch geschickte Lobbyarbeit der Polizei die Paragraphen §113 (Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte) und §114 (Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte) verschärft wurden. Eine Gesetzesänderung, die den Sinn der ehemaligen Paragraphen genau umkehrt: Sollten bisher die StaatsbürgerInnen vor übermäßiger Gewalt seitens des Staates geschützt werden, stellen die Paragraphen nun de facto die Gesundheit von PolizistInnen höher als das Wohlergehen der RestbürgerInnen und machen zudem die Verurteilung von unrechtmäßig gewalttätige PolizistInnen unwahrscheinlicher. Gesetztesverschärfungen also, die es fortan leichter machen, DemonstrantInnen, wie die in Nürnberg, leichter und härter zu bestrafen.


Flankiert wird dies zu allem Überfluss durch Teile der Leitmedien, wie Spiegel online, die von „Krawalle“ schreiben, wenn sich Menschen der prügelnden Polizei in den Weg stellen und setzten. [...]
 
Also genau jene Institutionen, die so gern die Zivilgesellschaft
umgarnen und ihre Wichtigkeit bei jeder Gelegenheit betonen, bekämpfen und verurteilen faktisch kritisches Eingreifen derselben.
Es scheint, als ist Engagement nur so lange erwünscht, wie es im Einklang mit staatlichen Anforderungen steht. Jedoch keines, das eingreift, wenn der Staat selbst zur Gefahr für die Menschen wird. Die Geschehnisse in Nürnberg zeigen deshalb vor allem eins: Die Regierung und Teile der bürgerlichen Presse sind gerade auf dem Weg, Formen autoritärer Staatlichkeit sukzessive zu etablieren und legitimieren. Wenn die Zivilgesellschaft sich erhalten will, muss sie gegen diesen Prozess vorgehen."

 
Quelle: der Freitag - "Eine neue Gefahr für die Zivilgesellschaft"; farbliche Hervorhebungen habe ich vorgenommen.
 

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