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Sabeth schreibt

Poesie Melancholie Philosophie Feminismus Anarchismus - non serviam.

Einige Fragen zum Plagiat

 
Ein paar Fragen zum Ideen-, Gedankenklau, bis hin zum Plagiat
 
Weil ich mal wieder nicht so recht damit umzugehen weiß, es mich aber schon längerfristig beschäftigt, frage ich einfach mal ganz direkt:
Wie geht man angemessen damit um, wenn man den Eindruck hat, dass eigene Ideen und/oder die anderer Personen von unbekannten, fremden Dritten "geklaut" werden, um damit Profit (dieser Dritter) zu erzielen?
 
Etwas weniger missverständlich formuliert:
Was, wenn man den Eindruck hat (denn nachweisen lässt sich das inhärenterweise nur schwer/selten bis gar nicht), dass Leute die Ideen anderer oder auch "eigene" klauen, sie als ihre eigenen ausgeben und in Form von bspw. Artikeln oder vor allem Büchern präsentieren, womit/woran nur sie selbst u.U. lukrativ verdienen, wovon ausschließlich sie also - materiell und immateriell (durch erhaltende Anerkennung, Wertschätzung) - profitieren?
 
Zum Ideen-, Gedankenklau folgende, grundsätzliche Anmerkungen
 
Ich verwende absichtlich nicht den Ausdruck "geistiges Eigentum" hierfür, denn diesen halte ich für widersinnig und kontraproduktiv.
Ideen, Gedanken, Erkenntnisse kommen bekanntermaßen multifaktoriell zustande, durch eigene Erlebnisse, Erfahrungen, eigenes Reflektieren, Analysieren, Verstehen (-wollen), Erkennen (-können), was immer auch mit Gefühlen einhergeht, wie wir inzwischen/längst wissen. Verweis auf Antonio Damasio an dieser Stelle - "Ich fühle, also bin ich".
 
All das ist mehr oder weniger häufig und intensiv abhängig von und einhergehend mit der Interaktion zwischen Individuum und "der, seiner Umwelt", Außenwelt und ganz besonders auch jener mit anderen Menschen, Personen, Persönlichkeiten - deren Verhalten, deren Reaktionen und eigenen Reaktionen auf diese wiederum, mit (verbaler wie nonverbaler) Kommunikation, Austausch.
 
Es ist das Individuum also geprägt durch das und abhängig vom Du, d.h. vom Anderen - es entwickelt sich in der Interaktion und aufgrund der Herausforderung, die die Um-, Außenwelt sowie auch "der Andere" (ich erlaube mir hier Großschreibung) an das Individuum - mehr oder weniger zwangsläufig, mehr oder weniger bewusst, mehr oder weniger absichtlich - stellt.
Und es entwickelt sich ebenso durch sowohl die Auseinandersetzung als auch die Kooperation mit dem/den Anderen.
 
Die Ideen, Gedanken, Erkenntnisse einer Person sind demzufolge letztlich selten, eigentlich nie genuin, ausschließlich seine ureigenen, im Sinne von seine alleinigen, ausschließlichen; sie entstanden, formten, entwickelten sich auf Basis all dessen, das ein Individuum erlebt, erfahren, auch erlitten, gelernt, erkannt, er- und hinterfragt, angezweifelt, ausprobiert und auch als Anlage, Disposition mitbekommen hat, auf Basis also all des inputs und besonders des jeweiligen bewussten sowie unbewussten Verbindens, Kombinierens dessen, das sein Individuumsein ausmacht mit dem, das es jeweils selbst - mit eben dieser je individuellen, persönlichen Grundlage, Ausstattung - von außen erfährt und wie es das je persönlich "verarbeitet".
 
Wir gelangen hier unweigerlich u.a. auch wieder ein Mal mehr zum Phänomen der Willensfreiheit - hierzu hat (neben zahlreichen anderen Denkenden) insbesondere Michael Schmidt-Salomon einen herausragenden Text verfasst, er spricht darin u.a. von "strukturellen Kopplungen" - genau diese sind es, auf die ich mich mit soeben gemachten Ausführungen beziehe, die ich dabei im Hinterkopf hatte.
Des besseren Verständnisses wegen empfehle ich daher auch an dieser Stelle nochmals Michael Schmidt-Salomons ausgezeichneten Text über die Willensfreiheit: "Können wir wollen, was wir wollen?", den ich unten verlinke.
 
Was ich auszudrücken versuche:
 
Wenn "meine", d.h. jedermanns Ideen, Gedanken vor dem genannten Hintergrund niemals je ausschließlich meine absolut ureigenen, alleinigen, ausschließlichen sind, dies nicht sein können, so kann ich folglich auch nicht von "geistigem Eigentum" sprechen, da das, das ich geistig (mental) hervorbringe zwar aus mir persönlich und auf diese Weise durchaus individuell, eigen also hervorgeht, aber es zugleich immer schon auf all dem beruht, sich all dessen (mehr oder weniger bewusst, mehr oder weniger absichtsvoll) "bedient", das ich zuvor und bisher bereits aufgenommen, mir "angeeignet", es verinnerlicht, erfahren, durchdacht, gefühlt … habe, das also von außen, von anderen "an mich herankam", das ich als "input" erleben, anwenden, verarbeiten und es individuell modifizieren konnte.
 
Niemand wird demnach als Art leeres Blatt vom Geistesblitz aus dem Nichts geküsst. ;)
 
Wie wer aber welche Gedanken, Eindrücke, Einflüsse, Erfahrungen, Erkenntnisse, Gefühle, Gefühlszustände jeweils individuell dann verarbeitet, umformt und daraus wiederum durchaus Neues, Eigenes, Persönliches hervorbringt (insbesondere auch Kreatives), das ist durchaus und unbestritten die je persönliche (geistige, kreative, auch Fleiß-, Disziplin-) Leistung des jeweiligen Individuums.
 
Ein weiterer Aspekt, den ich für nochmals zu erwähnen wichtig erachte, ist der, dass all dieses Geistige schon deshalb nicht besessen werden kann und auch nicht sollte, da es ja gerade geteilt werden will/soll - als Anregung, Ideengebendes wiederum für andere, als Beitrag zu weiterer möglicher Erkenntnis, zu weiterem Verstehen, Erkennen, Vertiefen, aber auch Hinterfragen, Zweifeln, Widerlegen und weiterem Kreativsein.
 
Wenn ich meine Gedanken, Ideen in die Öffentlichkeit bringe (indem ich sie öffentlich äußere, sie auch kommuniziere -  also nicht schweigend für mich behalte), dann doch deshalb, weil ich etwas anregen, auf etwas aufmerksam machen möchte oder weil ich etwas zu verstehen versuche - durch mein eigenes Denken und Fragen, aber durch auch Antworten bzw. Reaktionen, auch bspw. weitere, neuerliche Fragen, die ich ggf. von anderen erhalte.
 
Mir ist folglich daran gelegen, dass sie weitergetragen, in Umlauf gebracht, verbreitet, kommuniziert werden, dass sie auch modifiziert, hinterfragt, weiter-, neu-, umgedacht, präzisisert ... werden.
 
All das ist gut, richtig, wichtig bis erforderlich für das Zusammenleben von Menschen und ihr Interagieren mit der/ihrer gesamten sie umgebenden und durchdringenden Umwelt.

Was mich nur doch ein wenig ärgert, ist, wenn Leute all das nicht offenlegen, wenn sie stattdessen ihre Ideen, Gedanken, ihre "Geistesleistung" als ausschließlich oder zumindest überwiegend/vorrangig eigene, alleinige darstellen und: daraus ganz bewusst, absichtsvoll – nur je eigenen - Profit schlagen, sich selbst damit Vorteile verschaffen – und das, obwohl all diese ihre "Geistesleistung" gerade keineswegs ihre eigene, ihre alleinige ist.
 
Und ganz besonders ärgerlich finde ich, wenn es sich noch viel offensichtlicher um tatsächlich einfach das bequeme, anstandslose Kopieren dessen handelt, das andere – mitunter mühevoll – hervorgebracht haben und dies dann von solchen Profitjägern so schlicht wie skrupel-, schamlos abgekupfert und zu ihrem alleinigen Vorteil verwendet wird – ohne vorher zu fragen, zu bitten, ohne den, bei dem abgeschrieben, geklaut wurde, einzubeziehen, zu beteiligen.
 
Mein Eindruck ist, dass gerade heute – durch insbesondere all die vielen guten blogs – es für solche Imitatoren, Plagiatoren, Raubkopierende ein Leichtes ist sich die eigene Mühe zu sparen, einfach abzugucken, abzuschreiben, zu übernehmen, was andere hervorgebracht haben und es zum nur eigenen Vorteil zu verwenden – um nicht zu sagen: zu verwursten, es teilweise zu amputieren, zu verstümmeln, zu beschädigen.

Das finde ich frech, anmaßend, unfair, tatsächlich unethisch und daher zu verurteilen.
 
Wie geht ihr – andere Schreibende, Bloggende, Kreative, Ideengebende – damit um?
Wie kann man heutzutage, zu Zeiten des Internet - der einhergehenden, zahlreichen gratis verfügbaren Angebote und des erschwerten bis unmöglichen Nachverfolgenkönnens - mit Solcherlei überhaupt angemessen umgehen?

 
Wie verhält es sich mit dem sogenannten Urheberrecht – auf welche Weise hat dies möglicherweise doch (s)eine Berechtigung und wie kann es unkompliziert, d.h. ohne Hürden und Beschwernisse, von Laien geltend gemacht werden?
 
Was ich erwarte und erwarten zu dürfen meine, ist, dass all jene Ideengebende, Autoren, bei denen jemand sich schamlos bedient hat, von diesem Klauenden, Kopierenden, Imitierenden, Plagiator, Räuber respektvoll wenigstens namentlich genannt und (mindestens auf diese Weise) als unverzichtbare Ideengebende, als unentbehrliche Vorarbeitgeleistethabende gewürdigt werden.
 
So halte ich es selbst – in eigenen ;) (von mir hervorgebrachten und verfassten) Texten, von denen ich im Übrigen nicht profitiere, schon gar nicht in barer Münze.
 
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Aktualisierung am 27. April 2019
 
Im Übrigen kommen einem die eigenen Gedanken üblicherweise unmittelbar, geradezu intuitiv einleuchtend vor (eben weil es die eigenen sind), weshalb man spontan meint, sie seien so auch anderen Menschen gleichermaßen unmittelbar, intuitiv erkenntlich, andere Menschen dächten mehr oder minder zwangsläufig in ähnlicher Weise, eben weil es einem selbst so offensichtlich, so selbstverständlich erscheint.

Doch so verhält es sich bekanntlich nicht tatsächlich. Nicht nur, weil Menschen unterschiedliche Anlagen und Erfahrungsgrundlagen mehr oder weniger zur Verfügung stehen, sie mehr oder weniger reflektiert sind, sondern auch, weil ihre persönlichen Überzeugungen sich aus auch Gefühlen speisen, die nicht einmal faktenbasierter, substantiierter Argumentation zugänglich sind.

Tja. Und nun? Wie damit umgehen?
 
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„Es ist im Allgemeinen üblich, daß der Autor einer wissenschaftlichen Arbeit auf der letzten Seite eine Liste der Bücher gibt, die er gelesen hat. Er tut das, damit man weiß, daß er sich nichts in seinem eigenen Kopf ausgedacht, sondern alles wahrheitsgetreu und gewissenhaft aus schon Vorhandenem abgeschrieben hat.“

Janusz Korczak

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