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Sabeth schreibt

Poesie Melancholie Philosophie Feminismus Anarchismus - non serviam.

Wann heißt Ja eigentlich tatsächlich Nein? - Sexuelle Kontakte, vermeintliche Freiwilligkeit, Einvernehmlichkeit, sexuelle Gewalt

 
Wann heißt Ja eigentlich Nein und weshalb "sagen" Frauen trotzdem Ja?
 
Zunächst ist zu fragen:

Hat die Frau zur und in der jeweiligen Situation überhaupt unmissverständlich und ohne Zwang oder Druck Ja gesagt?

Und wozu hat sie Ja gesagt – zum sexuellen Kontakt grundsätzlich, dass und mit wem dieser im jeweiligen Moment stattfindet?

Sagte sie aber auch Ja zur Art dieses sexuellen Kontaktes, zum genauen Geschehen, zu all dem also, das währenddessen passierte – an ihr, mit ihr, durch sie, an wem, durch wen, mit wem?
War sie mit all den Praktiken, Stellungen, "Techniken", mit allen Beteiligten, allen Geschehnissen wirklich "einverstanden", d.h. wollte sie all das tatsächlich genau auf diese Weise, für diese Dauer, mit allen Beteiligten genau so wirklich selbst, d.h.: ohne Druck, Zwang, Nötigung, grooming, gaslighting, Ängste?
 
Falls Männer an dieser Stelle einwenden, das müsse die Frau unmissverständlich verbal und/oder nonverbal äußern, signalisieren, so ist die weitere Frage:
 
Tat sie dies wirklich nicht, wenn sie das Geschehene nicht  - ausnahmlos alles - genau so wollte, wie es stattfand?
 
Vielleicht hat sie nämlich nur dazu zugestimmt, dass Sex mit einer bestimmten Person, einem bestimmten Mann im jeweiligen Moment am jeweiligen Ort stattfindet, nicht aber zu dem, das sich dann währenddessen abspielte: wie also mit ihr umgegangen, was von ihr erwartet oder auch gefordert wurde, wozu sie - mitunter subtil - gedrängt, überredet, manipuliert worden war.

Vielleicht kamen Praktiken im Rahmen dieses sexuellen Kontaktes vor, die sie nicht selbst genau so wollte, zu denen sie sich jedoch im jeweiligen Moment genötigt, gedrängt sah.

Vielleicht kamen auch weitere Männer hinzu, was zuvor nicht abgesprochen war.

Vielleicht war der jeweilige Mann zunächst durchaus respektvoll, rücksichtsvoll, einfühlsam, zugewandt mit ihr umgegangen, änderte sein Verhalten jedoch während/im Verlauf des sexuellen Kontaktes – für die Frau somit unerwartet, unvorhersehbar.

Vielleicht ließ sie die Geschehnisse dann dennoch zu, weil sie Angst hatte, dass der Mann ihr anderenfalls (noch mehr, noch andere) Gewalt antun, ihr (noch weiteren) Schmerz zufügen … würde.

 
Möglicherweise ließ sie das Geschehene aber auch deshalb zu, weil es – unter Umständen auch wiederholt oder sogar regelmäßig über einen längeren Zeitraum - im Rahmen einer guten Bekanntschaft, Freundschaft oder auch Partnerschaft, im Rahmen also einer Beziehung, auf Basis eines bestehenden Vertrauensverhältnisses stattfand und die Frau sich dazu in gewisser Weise verpflichtet fühlte, es als "Freundschaftsdienst" oder "Liebesbeweis" interpretierte, weil ihr genau das auf mehr oder weniger subtile Weise suggeriert wurde.

Sie verstand ihr Zulassen und auch möglicherweise aktives Mittun als erforderlich, als Zugeständnis, das von ihr (nonverbal) erwartet wurde, als "Pflicht", die sie zu erbringen hatte oder eben als "Geschenk" an den jeweiligen Mann, der sie zu diesem Verhalten durch "gutes Zureden", durch Komplimente, durch grooming und gaslighting brachte, indem er ihr vorspielte, wie großartig, unvergleichlich, einmalig der Sex mit ihr sei, wie "glücklich" und "dankbar" ihn das mache, dass er so etwas bisher nur mit ihr erlebt hätte und so weiter.
 
Denn keineswegs ist es nur dann Gewalt, wenn geschlagen, getreten, geboxt wird oder Waffen zum Einsatz kommen – die psychisch-emotionale Gewalt in Form des groomings und gaslightings, der intensiven Manipulation also, stellt unstrittig ebenfalls Gewalt dar und genau diese Gewalt, diese Manipulation geht häufig bzw. grundsätzlich mit Nötigung einher, ermöglicht diese, ebnet den Weg dafür, dass Männer Frauen dann auch sexuell, physisch erniedrigen, demütigen, benutzen, misshandeln können – weil Frauen dies dann aufgrund der vorausgegangenen und einhergehenden Manipulation (durch grooming und gaslighting) zulassen, da sie die Schuld, die Fehler, die Ursache für Konflikte bei sich suchen, sich dann zur "Wiedergutmachung", zum Ausgleich verpflichtet fühlen – genau darauf wirken solche Männer aktiv hin.
 
Wie gesagt: Es geht um Macht, Kontrolle, Unterwerfung.  
 
Im Wechsel mit dem grooming wird von solchen Männern nämlich immer wieder auch Druck, Verweigerung (bspw. der Kommunikation, der respektvollen, um Lösung, Klärung bemühten Auseinandersetzung), Isolation, verbale Demütigung u.a.m. eingesetzt, um Macht und Kontrolle über die Frau erlangen und erhalten zu können – siehe gaslighting, siehe das typische Vorgehen autoritärer, egomaner, selbstsüchtiger, d.h. ausgeprägt ich-bezogener, häufig narzisstisch und psychopathisch persönlichkeitsgestörter Männer.
 
Es gibt jedoch auch andere Situationen, in denen Frauen von Männern überrumpelt werden, in denen mit k.o.-Tropfen, Alkohol oder anderen Substanzen darauf hingewirkt wird, die Frau in eine Situation zu bringen, in der sie nicht mehr vollumfänglich bewusst, entscheidungs- und handlungsfähig ist.
 
Oder auch Situationen, in denen die Frau im Rahmen eines Machtverhältnisses (Vorgesetzter – Angestellte, Lehrer/Mentor/Trainer – Schülerin etc.) genötigt, unter Druck gesetzt, gemobbt wird, Dinge, u.a. also auch sexuelle Handlungen, zu tun oder an sich vornehmen zu lassen, die sie keineswegs selbst wirklich will, die ihr tatsächlich nicht gefallen, die sie nicht gerne tut oder erfährt, die sie nicht selbst, nicht wirklich freiwillig gewünscht oder erbeten hat und die sie schon gar nicht genießt.
 
Wenn Männer nun sagen, das sei alles so undurchschaubar, mann könne folglich nie wissen, woran man bei einer Frau sei, so ist auch das nur eine billige Ausflucht, denn immer dann, wenn es sich um solche schlagseitigen Machtverhältnisse handelt, der Mann im Grunde genau weiß, dass die Frau nur aufgrund dessen Bestimmtes tut oder zulässt, dass sie sich dazu genötigt sieht, dass er sie dazu nötigt, dürfte es kaum größerer Anstrengung bedürfen, zu erkennen, zu bemerken, dass die Frau das Geschehen(d)e also nur in Folge dieser Nötigung, dieses Drucks zulässt bzw. mitvollzieht.
 
Und gleichermaßen verhält es sich im Rahmen oben genannter Vertrauensverhältnisse – auch hier besteht durch die getätigte Manipulation ein Machtgefälle, das zuvor, wie so auch das Vertrauensverhältnis selbst häufig bereits, vom Mann aktiv erzeugt wurde, um die Frau u.a. sexuell benutzen, ausbeuten, erniedrigen, misshandeln zu können, um sexuelle Gewalt gegen sie tätigen zu können – ohne zuvor physische Gewalt einsetzen zu müssen, stattdessen im Nachhinein noch behaupten zu können, die Frau sei ja nicht gezwungen worden, sie hätte alles einvernehmlich, freiwillig getan und es genau so selbst gewollt.
 
Das ist das Perfide, das Infame daran.
 
Denn selbstredend wissen diese Männer sehr genau, dass dies nicht der Fall ist, dass sie die Frau tatsächlich genötigt, manipuliert haben, dass sie psychisch-emotionale Gewalt gezielt einsetzten, um keine physische Gewalt anwenden zu müssenzu der es dann während des sexuellen Kontaktes jedoch häufig kommt.
 
Was unter sexueller Gewalt zu verstehen, wie sie definiert und wie, woran sie erkennbar ist, habe ich an anderer Stelle im blog erläutert – siehe bspw. unter "Pamphlet oder: über Prostitution" sowie auch in "Über den Unterschied zwischen Sex und Ficken …".
 
Und in allen anderen Situationen, in denen Männer tatsächlich keine "bösen Absichten" haben, die Frau nicht nur egoman benutzen oder aufgrund von bestehender Misogynie misshandeln und bestrafen, erniedrigen, entwerten wollen, hilft ganz einfach eines grundsätzlich:
 
Empathie, Feinfühligkeit und Mitgefühl.
 
Hinhören, hinsehen, wahrnehmen, wie eine Frau reagiert, nicht nur was sie wie sagt, sondern wie sie sich verhält – letztlich einfach: ob sie das, das geschieht tatsächlich genießt, ob es sie tatsächlich – gerade auch ganz physisch - erregt, ob es sie sexuell erfüllt, "befriedigt" oder nicht.

Es gibt sicher nicht wenige Frauen, die Orgasmen oder auch sexuelle Erregung, Lust "täuschend echt" vorspielen – sie tun das zumeist "ihm zuliebe", um ihm, dem Mann, "einen Gefallen zu tun", ihn in seiner "Männlichkeit" und als "guten Liebhaber" zu bestätigen, um ihm zu geben, sexuellen Genuss zu schenken – die Frauen sind in dieser Weise also fürsorglich, zugewandt, gebend, selbstlos.
 
Manchmal tun sie es jedoch auch, damit er möglichst schnell "fertig wird", damit es für sie, die Frauen, möglichst schnell vorübergeht – das spricht nicht für empathische, mitfühlende, zugewandte Männer, die wissen, wie sie der jeweiligen Frau Lusterzeugung und Lusterfüllung geben können.

Warum es "so wenige gute Liebhaber gibt", habe ich ebenfalls an anderer Stelle im blog dargelegt.
 
Fest steht: In Pornos lernt kein Mann etwas über echte, wirkliche sexuelle Lust, Wünsche, Lusterzeugung, Lusterfüllung von Frauen.
 
Es scheint Männer mehrheitlich aber auch gar nicht wirklich zu interessieren, was eine Frau wie gerne möchte, was ihr wirklich gefällt, was sie tatsächlich genießt, erfüllt … .
Viele Männer scheinen vorrangig sehr ignorant und egoman an vor allem ihrer eigenen Befriedigung interessiert, darauf ausgerichtet zu sein und genau darauf hinzuwirken. Dabei übergehen sie die Bedürfnisse und Wünsche der Frau(en) nicht nur, sie benutzen, objektifizieren, erniedrigen, manipulieren Frauen zu diesem Zwecke sogar – bis hin zum bewussten Schmerzzufügen, Erniedrigen, Demütigen, Entwerten. Genau das findet in Pornographie statt und auch in Prostitution.
 
"Ja" heißt folglich immer dann eigentlich tatsächlich Nein, wenn Frauen den sexuellen Kontakt, das, das währenddessen geschieht, nicht selbst wirklich genießen, es nicht gerne tun, erleben, dabei nicht wirklich, echt sexuell erregt sind und erfüllt werden, sondern nicht selten sogar Schmerzen dabei, davon oder danach haben: physische und/oder psychische.
 
Und ob es sich so verhält, erkennt jeder einfühlsame, zugewandte Mann, der Frauen als Menschen, als individuelle Persönlichkeiten mit eigenen Bedürfnissen, Wünschen, Gefühlen, Befindlichkeiten … betrachtet und respektiert – nicht als Lustobjekte, sexuelle Gebrauchsgegenstände, als "Mutter/Heilige" bzw. "Hure/Magd".
 
Wenn eine Frau mit bspw. ihrem Partner keinen Sex (mehr) will, liegt das zumeist nicht daran, dass diese Frau so "verklemmt, prüde, frigide, sexuell desinteressiert", gar asexuell oder lesbisch ist, auch nicht unbedingt daran, dass sie so überarbeitet/überlastet, müde ist (unter anderem auch das können Gründe sein, sind es aber nicht zwangsläufig), sondern gar nicht so selten hat die vermeintliche Lustlosigkeit der Frau ihre Ursache darin, dass ihr (Sexual-) Partner sich ihr gegenüber sexuell nicht zugewandt, einfühlsam, nicht gebend verhält, sondern ignorant, egoman, empathielos, rücksichtslos, gleichgültig bzw. vorwiegend nehmend.
 
Und viele Männer scheinen einfach noch immer deutlich zu wenig über weibliche Lusterzeugung und –erfüllung zu wissen, zu wenige Kenntnisse, auch "Fertigkeiten", zu wenig echte Erfahrung damit zu haben – zu wenig Lust darauf, die Frau zu verführen, ihre echte (nicht gespielte!) Lust zu entfachen, mit ihrer Lust zu spielen, sie zu steigern und schließlich zu "befriedigen".
 
Denn das erfordert, dass der Mann sich und seine Bedürfnisse und Wünsche auch zurücknehmen kann bzw. will, dass er zugewandt und einfühlsam, offen, interessiert, auch experimentierfreudig, rücksichtsvoll ist – dass er die Lust und Lusterfüllung der Frau selbst wirklich genießt und sie nicht als notwendige/lästige Pflichtübung betrachtet.
 
Wie ich an anderer Stelle schon schrieb:

Wirkliche Leidenschaft, "Ekstase", Intensität und Intimität kann nur dann erlebt werden, wenn der sexuelle Tanz ein tatsächlich echter, gemeinsamer ist.
Das passiert zumeist nicht "von selbst", nicht auf Anhieb und auch nicht immer – beide können aber etwas dafür tun.
 
Natürlich nur dann, wenn Männer Frauen nicht als sexuell verfügbare, verfügbar machen zu dürfende Objekte, Gegenstände sehen und behandeln (wollen).

Manchmal passt es jedoch trotz längerfristigen, engagierten Bemühens einfach überhaupt nicht (sexuell, physisch, anatomisch, emotional, geistig, charakterlich, sozial, persönlich), dann lässt man es besser. Idealerweise freiwillig und einvernehmlich – gewaltlos, rücksichtsvoll, respektvoll, empathisch.
 
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19. Februar 2018
 
Was ist Vergewaltigung – Schluss mit Vergewaltigungsmythen, mit unrealistischen Vorstellungen von sexueller Gewalt
 
Es gibt offenbar noch immer (zu) viele Menschen, die eine unrealistische, verzerrte, einfach falsche Vorstellung dessen haben, was Vergewaltigung, was sexuelle Gewalt tatsächlich und eigentlich (im Kern) ist, ausmacht, was sie spezifisch kennzeichnet und was (welche Taten, welches Verhalten, Vorgehen) aus welchen Gründen sexuelle Gewalt, Vergewaltigung ist.

Obgleich ich es bereits mehrmals (an verschiedenen Stellen im blog) zu erläutern versucht habe, waren diese Erklärungen möglicherweise noch nicht verständlich genug, weshalb ich es nun deutlicher darzulegen und dabei leichter erkennbar zu machen versuche, siehe wie folgt.

Es bestehen leider noch immer in auch unserer Gesellschaft die gängig verbreiteten Vergewaltigungsmythen fort, wonach Frauen mehrheitlich bis ausnahmslos von fremden Männern (und nach der Vorstellung/Behauptung von insbesondere rechts"konservativen" Zeitgenossen: solchen Männern mit Migrationshintergrund) irgendwo im öffentlichen Raum (Straße, Park, Wald, leerstehendes Gebäude …) überfallen, bedroht, physisch misshandelt, beschädigt, verletzt und sexuell missbraucht werden.
Meist geht mit dieser Vorstellung einher, dass die Frau durch den Mann/Täter vor allem physisch gewaltvoll überwältigt und schließlich penetriert wird – es erscheinen entsprechende Bilder vor dem inneren Auge – von blutenden Frauen, Frauen mit Hämatomen oder anderen deutlich sichtbaren, mehr oder weniger schweren körperlichen Verletzungen, ggf. auch von Frauen, die bewusstlos oder jedenfalls regungslos, eventuell weinend oder schreiend am Boden liegen, mit zerrissener Kleidung usw..

Das sind die Bilder von sexueller Gewalt, die uns üblicherweise auch in Filmen und Serien geliefert werden.
Das ist also das Bild, das offenbar nur gelten und aufrechterhalten werden soll.

Dass die Realität völlig anders aussieht, hat sich augenscheinlich leider noch immer nicht in auch nur annhähernd ausreichendem Maße herumgesprochen, wenngleich die fragile Hoffnung besteht, #MeToo könne daran nun möglicherweise doch endlich etwas geändert haben.
 
Zu unterscheiden ist zwar (oberflächlich) zwischen mehr oder weniger offensichtlicher sexueller Belästigung, weniger invasiven sexuellen (körperlichen) Übergriffen/Tätlichkeiten - die sich über ein weites (verbales wie tätliches) Variationsbreitespektrum hinziehen – und sexueller Gewalt, Vergewaltigung.

Gemein ist all dem jedoch eines unstrittig:
Es geht um Macht und Kontrolle über die Frau und um die Unterwerfung, Demütigung, Erniedrigung, Beschämung, um das Benutzen, Objektifizieren, Missbrauchen der Frau durch den Mann – bis hin zur Entwertung, zum Hass (Misogynie) und zur psychischen und auch physischen Verletzung und im (gar nicht seltenen) Extremfall sogar bis zu ihrer Vernichtung (Tötung bzw. Mord – siehe sogenannte häusliche Beziehungsgewalt, "Beziehungstaten" oder auch Vergewaltigung als Foltermethode und Demütigungsmittel in Kriegen – wiederum geht es, gerade hier ganz deutlich, um Macht und Unterwerfung).
 
Studien und Statistiken sowie insbesondere die Empirie, die Erfahrungen ungezählter Frauen belegen jedoch, wie es sich real tatsächlich verhält:
 
Die meiste sexuelle Gewalt, Vergewaltigung, wird von mehrheitlich bis fast ausnahmslos Männern getätigt, die den Frauen bekannt sind, sehr häufig von Freunden, (Ehe-) Partnern, Bekannten, Verwandten, Arbeitskollegen, Vorgesetzten, Trainern/Mentoren … .
Und die sexuelle Gewalt findet mehrheitlich zumeist in vertrauten Privaträumen (Wohung des Opfers oder Wohnung des Täters oder von Freunden, Bekannten) statt oder auch am Arbeitsplatz.
 
Es ist nicht erst oder nur dann Vergewaltigung, wenn die Frau bewegungsunfähig niedergeschlagen, blutend am Boden liegt, unter Schock steht oder schreit.

An dieser Stelle sei kurz an "Nein heißt Nein." erinnert, wobei Gesetzesänderungen alleine kaum Abhilfe zu schaffen vermögen, so lange das Problem in der Exekutive (ermittelnde Polizei und Staatsanwaltschaften) und vor allem in der Gesellschaft liegt – in den noch immer gängig verbreiteten Geschlechterrollenklischees, in dem noch immer katastrophalen Frauenbild nicht weniger (gerade auch deutscher) Männer (und ihrem Selbstbild als Mann) – das gerade durch Pornographie, Freiertum/Frauenkauf (Prostitution) und Sexismus in Film, Fernsehen, Werbung, Romanen etc. massiv, aggressiv befördert, "gepflegt", zementiert wird.
 
Mir geht es nicht etwa darum, jene physische, sexuelle Gewalt, die gelegentlich tatsächlich durch fremde Männer getätigt wird und sehr brutal sein kann, gegen die "häusliche" Vergewaltigung aufzuwiegen oder irgendeine Form der Vergewaltigung zu relativieren, zu verharmlosen – sicher nicht.

Aufmerksam, verständlich, bewusst machen möchte ich hingegen (darauf), dass die "häusliche, private" Vergewaltigung – von einem der Frau bekannten, häufig vertrauten Mann getätigt -  im Grunde die perfidere, infamere, letztlich psychisch wahrscheinlich langwieriger, intensiver schädigende ist – gerade aufgrund des bestanden habenden Vertrauensverhältnisses.
 
Denn wenn du von ausgerechnet dem Menschen massiv missbraucht, verletzt, beschädigt wirst – und das durch insbesondere mit der physischen, sexuellen Gewalt einher- und ihr auch vorausgehenden psychisch-emotionalen Gewalt (zumeist liegt ja narzisstischer Missbrauch zugrunde , siehe vor allem victim blaming, die Täter-Opfer-Umkehr, grooming und das besonders perfide gaslighting – die intensive Manipulation des Opfers bis hin zu dessen völliger Verunsicherung, bis es an seiner eigenen Urteilsfähigkeit zweifelt, sich selbst für schuldig hält – genau das ist Zweck und Ziel des Täters) – dem du vertraust, von dem du folglich eigentlich nichts Böses, Schlechtes, keine absichtsvolle, vorsätzliche Beschädigung erwartest (sondern das Gegenteil), dann zieht dir das bei Erkennen dessen, das geschieht (an dir, mit dir), das von ausgerechnet der dir nahestehenden, vertrauten (möglicherweise sogar von dir geliebten) Person an dir getätigt wird, vollständig den Boden weg.
 
Zunächst kannst, willst du es nicht glauben, nicht wahrhaben, die meisten betroffenen Frauen suchen die "Schuld", Fehler, Fehlverhalten, Schwächen bei sich und entschuldigen den Täter, rechtfertigen sein Verhalten – vor sich (den Frauen) selbst vor allem (weil die Wahrheit unerträglich wäre bzw. ist), aber natürlich auch vor anderen Menschen.
 
Irgendwann lassen sich die Tatsachen aber einfach nicht mehr verdrängen, vor allem der Missbrauch nicht mehr ertragen, auch nicht die Folgen der Manipulation.
 
Dann musst du dir eingestehen, dass du den Missbrauch zunächst als solchen nicht erkannt hast (siehe aufgrund der Manipulation des Täters, seines Sich-Verstellens, aber auch, weil über psychisch-emotionale Gewalt noch immer viel weniger bekannt ist, gesprochen, informiert, aufgeklärt wird und auch hinsichtlich sexueller Gewalt die nach wie vor verbreiteten Vergewaltigungsmythen bestehen), ihn schließlich zugelassen und zu rechtfertigen, zu entschuldigen versucht hast - weil du ein Mensch mit eigenen menschlichen Bedürfnissen  (nach Anerkennung, Angenommensein, Zuwendung/Zuneigung, Respektiertwerden, Wertschätzung, Liebe, Zugehörigkeit, Nähe, geistigem Austausch, Zärtlichkeit, emotionaler Verbundenheit, Solidarität u.a.m.) bist und weil du noch an der Beziehung festhalten, sie, den Partner, euch nicht aufgeben, sondern Herausforderungen, Widerständen, Schwierigkeiten standhalten, sie bewältigen, loyal sein wolltest, weil du ihn liebtest und nicht nur den Täter, sondern auch den Mensch (mit eigenen Schmerzen, Beschädigungen) in ihm sahst (auf Basis von eben Mitgefühl, Liebe).
 
In manchen Fällen lassen Frauen den Missbrauch auch deshalb (dann gezwungenermaßen) zu, weil ein Abhängigkeitsverhältnis zum Täter besteht, etwa ein wirtschaftliches/finanzielles oder weil sie vorhandene Kinder schützen, schonen wollen, weil sie bei Trennung noch schlimmere Gewaltanwendung des Täters fürchten, weil sie nicht wissen, wohin sie gehen sollen, wo sie sich aufhalten, wohnen können, wenn sie mit dem Täter zusammenwohnen.
 
Meist hoffen und warten die Frauen darauf, dass die Situation sich doch (wieder) bessert, dass der Täter sein Verhalten ändert – deshalb gehen sie nicht, trennen sie sich nicht ("einfach", zeitnah).
Dies, diese erhoffte Veränderung im Verhalten des Täters, passiert jedoch grundsätzlich nicht. Und irgendwann erkennt die betroffene Frau bzw. gesteht sie sich ein, dass das Warten und Hoffen absolut vergeblich ist und es auch immer bleiben wird – dass sie sich damit letztlich selbst betrügt (aus oben genannten Gründen).

Sie kommt nicht mehr umhin, sehen, ertragen zu müssen, dass der Mensch, dem sie vertraute, den sie liebte, ihr wissentlich, absichtsvoll, vorsätzlich, wiederholt, häufig regelmäßig und meist über einen längeren Zeitraum (oft Jahre) Schaden zufügt – dass er also gerade kein vertrauenswürdiger, "liebenswerter" Mensch, kein Partner, kein Freund, kein Gefährte, kein Vertrauter ist, dass sie sich stattdessen sogar vor ihm schützen muss, sich ihm entziehen, dass sie gehen muss, wenn sie diese Beschädigung, die Verletzungen, den Missbrauch, die psychische und physische - auch gerade also die sexuelle - Gewalt, die Vergewaltigung beendet sehen möchte.
 
Sie muss die Beziehung, ihre Liebe zum Menschen im Täter aufgeben.
Sie muss erfassen, begreifen, dass er nicht in der Lage, d.h. nicht fähig ist, zu lieben, dass sie von ihm nichts Gutes, kein Wohltun, sondern nur Beschädigung zu erwarten hat und stets haben wird.
 
Und das ist bitter. Das ist kaum auszuhalten:
Dass der Mensch, der einem nahesteht, dem man eigentlich vertrauen können sollte, möchte, einen wissentlich, absichtsvoll beschädigt – intensiv und umfassend (auf verschiedene Weise, auf verschiedenen Ebenen) und das eben nicht "nur" ein einziges Mal oder für nur eine kurze Zeit, sondern zumeist über Jahre: regelmäßig.
Eben weil er die Bedürftigkeit, die Loyalität, das Mitgefühl des Opfers skrupellos benutzt, ausgenutzt, instrumentalisiert hat – um das Opfer so lange und intensiv als möglich benutzen, beschädigen, missbrauchen zu können.
 
Dieser Betrug, diese Hässlichkeit, dieser Sadismus des Täters ist unerträglich – weil man es ihm, der vermeintlich vertrauten, verbundenen, wohlgesonnenen Person, ja gerade nicht zugetraut, von ihm nie erwartet hätte. Es ist ein Hinterhalt. Es ist infam.
Du weißt nicht, fragst dich, wie es möglich sein kann, dass jemand sich so "gut" verstellen, dich so intensiv täuschen, manipulieren und dich absichtsvoll so beschädigen k a n n – jemand, dem du nichts Böses getan hast, dem du stattdessen von Herzen zugetan warst und gegeben hast.

Wie kann der Mensch, den du liebtest, ein solches Monster sein – wie kann er zu all seinen Taten, seinem Verhalten, dem Missbrauch, dem Sadismus, der psychisch-emotionalen und physischen/sexuellen Gewalt überhaupt fähig sein?
 
Was ist dann überhaupt noch wahr?  – Was kannst, was darfst du noch glauben? Wie kannst du vor diesem Hintergrund deiner eigenen Wahrnehmung, deiner Urteilsfähigkeit dann überhaupt je noch trauen?
 
Die physische sexuelle Gewalt, die ein bekannter, nahestehender, vertrauter Mensch gegen dich tätigt (und der immer psychisch-emotionale Gewalt voraus- und mit der physisch-sexuellen Gewalt einhergeht), beschädigt dich nicht nur physisch, sondern insbesondere psychisch zumeist dauerhaft, langfristig, langwierig – und das umso globaler je enger, intimer, vertrauter das Verhältnis, die Beziehung war.  
 
Und diese psychische Beschädigung lässt sich so leicht nicht verarbeiten – die physischen Wunden heilen, die physischen Schmerzen vergehen zumeist relativ bald (wenn der Täter die Frau nicht gerade so massiv verletzt hat, dass bleibende Schäden bestehen bleiben, was leider auch "passiert" – siehe "häusliche/Beziehungsgewalt"), nicht aber die Folgen des Betrugs, des Hinterhalts, des tiefgehenden, "nachhaltigen" Vertrauensbruches.
 
Den "Feind im Bett", im gemeinsamen Leben, im Alltag, in der Beziehung gehabt zu haben – dort, wo man ihn am wenigsten vermutet, das "verarbeitet" ein Mensch nicht so leicht … .

Und die perfide Taktik eines solchen bekannten, nahestehenden Täters ist dabei eben jene, im Vorhinein gerade keine physische, rohe Gewalt anwenden zu müssen, sondern sich das Vertrauen des Opfers zu erschleichen, es dahingehend zu manipulieren, dass es die dann folgende sexuelle Gewalt, Vergewaltigung selbst zulässt. – Wodurch der Täter schließlich und auch im Nachhinein behaupten kann, das Opfer habe alles "freiwillig und einvernehmlich" getan, es sei vom Täter zu nichts gezwungen, nicht von ihm bedroht, nicht gewaltsam überwältigt worden.


Vergewaltigung ist es – die Tat, das Geschehende, das Getätigte – übrigens schlicht grundsätzlich und immer dann, wenn:
 
die vergewaltigte Person das, das physisch-sexuell an oder mit ihr geschieht, das an ihr vorgenommen oder von ihr zu tun erwartet bzw. (indirekt oder direkt) verlangt wird, selbst nicht wirklich will, d.h. wenn sie es nicht gerne (mit der/den Beteiligten im jeweiligen Augenblick auf die jeweilig stattfindende Art) tut, wenn sie es nicht selbst genießt, es nicht angenehm, wohltuend findet, erlebt, sondern es aufgrund von Druck, Nötigung, Angst, Abhängigkeit, auf Basis also eines wie auch immer gearteten Machtgefälles tut bzw. mitvollzieht oder auch "nur" zulässt, über sich ergehen lässt und: wenn die tatsächlichen eigenen Bedürfnisse, Wünsche, Befindlichkeiten, (verbalen und/oder nonverbalen) Signale und Grenzen der vergewaltigten Person vom Täter wissentlich/absichtsvoll ignoriert, übergangen, überschritten werden.
 
Das ist Vergewaltigung, Gewalt - häufig auch Sadismus.
 
Und gerade pathologisch narzisstische (antisozial persönlichkeitsgestörte) Täter weisen als typisches, zentrales Merkmal genau dies auf: den Wunsch und das Streben nach Macht und Kontrolle über sowie Unterwerfung von anderen Menschen.
 
Und entsprechend verhalten sich solche Täter – siehe das bereits erwähnte grooming, victim blaming, gaslighting, das Sich-Verstellen, Lügen, Vorgaukeln, inklusive Charme, Eloquenz, inklusive vorgespielter Trauer, Verzweiflung etc., inklusive Kommunikations-, Dialogverweigerung (als ebenfalls Macht-, Kontrollmittel, zum Mürbemachen, Schwächen, Verunsichern und Unterwerfen des Opfers, das "Buße tun" soll und vom Täter "bestraft werden muss"/das er bestrafen will …,  eingesetzt).
 
Ein solcher Täter lässt keine Möglichkeit zur Aussprache, zur fairen, respektvollen, zugewandten Klärung, Konfliktlösung auf Augenhöhe, er wendet sich nicht zu, sondern ab, er bestimmt die Regeln alleine, setzt unter Druck, erpresst das Opfer – setzt ihm systematisch, kontinuierlich und zunehmend psychisch zu, zermürbt es – unterwirft es auf diese Weise, dominiert, beherrscht es. – Macht. Kontrolle. Unterwerfung.

Nein, mit Liebe hat all das wahrlich nicht das Mindeste zu tun. Es ist Gewalt. Vergewaltigung: auf allen - intimen persönlichen - Ebenen: psychisch-emotional, geistig und physisch (sexuell).
Nicht nur ein Mal. Wiederholt, regelmäßig, dauerhaft.


Das schüttelst du nicht mal eben ab. Das brennt sich ein und wirst du so bald nicht wieder los. Denn es entzieht dir einen Teil deines Selbst – deiner "Selbstgewissheit", deines "Ur-, Weltvertrauens".

Ja, das ist, ohne jegliche Übertreibung, häufig traumatisierend.
 
-
 
Es gibt Theorien, die besagen, dass sie den Glauben an eine heile Welt aufrechterhalten. Auch sexistische Einstellungen und eine traditionelle Vorstellung über die Geschlechterrollen haben einen großen Einfluss. Eine weitere These besagt, dass Frauen an die Mythen glauben, weil es für sie eine Art Schutz ist. Sie können sich damit selbst beruhigen, dass das Opfer sich falsch verhalten hat und wenn sie sich selbst korrekt verhalten, dann passiert ihnen auch nichts.
 
Obwohl in Deutschland im Schnitt jede siebte Frau Opfer strafrechtlich relevanter, sexualisierter Gewalt wird, zeigen nur die wenigsten die Tat an. Meist haben sie Angst, man könne ihnen nicht glauben, sie schämen sich, fühlen sich schuldig oder sie haben nicht genug Vertrauen in Polizei und Justiz. Zum Teil wohl auch zu Recht, es gibt Studien, die besagen, dass die Mythen auch in den Köpfen von Menschen existieren, die professionell mit Vergewaltigungsopfern zu tun haben: Polizei, Justiz, Ärztinnen und Ärzten.
 
Eine Auswahl der gängigsten Mythen
  • Frauen wollen eigentlich vergewaltigt werden: Eine Frau, die "Nein" sagt, meint dies nicht ernst.
  • Wenn Frauen einen Mann beschuldigen, dass er sich sexuell an ihnen vergriffen habe, dann ist das oft eine Lüge, weil sie sich an ihm rächen wollen.
  • Sexuelle Übergriffe passieren fast immer überfallartig, und zwar draußen in dunklen und einsamen Gegenden.
  • Männer, die eine Vergewaltigung begehen, sind krank oder sexuell ausgehungert oder aus anderen Gründen besonders triebstark.
  • Sexuelle Übergriffe auf Frauen sind selten.
  • Sexualisierte Gewalt trifft vor allem Frauen, die jung sind, gut aussehen, sich aufreizend kleiden und verhalten. Einer anständigen Frau passiert so etwas nicht.
  • Die Täter kommen meist aus sozialen Kreisen, von denen "so etwas" zu erwarten ist. Die Täter sind meistens Fremde.
  • Eine Frau kann, rein anatomisch, nicht gegen ihren Willen vergewaltigt werden; also können nur Frauen vergewaltigt werden, die "mitspielen".
  • Vergewaltigung ist eine aggressive Form des Geschlechtsverkehrs, die manche Frauen sogar als "luststeigernd" oder als besonders "männlich" empfinden.
  • Einer Frau, die "wirklich" vergewaltigt wurde, sieht man das Erlebte an. Sie ist völlig aufgelöst und erzählt sofort von der Tat.
Die Realität sieht anders aus
Diese Mythen haben mit der Realität bei Weitem nichts zu tun, im Gegenteil: Die verharmlosen das Ausmaß sexueller Gewalt und ihrer Folgen. Sie erschweren zusätzlich noch die Prävention gegen sexuelle Gewalt. In 80 Prozent der Fälle kennen die Opfer den Täter. Die meisten Vergewaltigungen finden in der eigenen Wohnung oder in der des Täters statt und nicht nachts in einer verlassenen Gegend. 50 Prozent sind die Taten von Beziehungs-, Ehe- oder Expartnern. Die Täter kommen aus jeder Gesellschaftsschicht. Und brutale Vergewaltigungen mithilfe von Waffengewalt gehören zu den Ausnahmen."
 
Quelle: 3sat.de - "Vergewaltigungsmythen sind weit verbreitet", farbliche Hervorhebungen (dunkelblau) habe ich vorgenommen.

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