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Sabeth schreibt

Poesie Melancholie Philosophie Feminismus Anarchismus - non serviam.

Europawahl 2019, Niedergang der neoliberalen SPD, Aufstieg der opportunistischen, konservativen Grünen

 
Europawahl 2019 und Folgen
 
Wer hat die Grünen gewählt: Mehr als eine Million ehemalige CDU- und nochmals mehr als eine Million ehemalige SPD-Wähler vor allem.

Und dann sicher noch einige junge Menschen aus bürgerlichen Familien - die relativ behütet, in Wohlstand aufwachsen und sich daher Problemen wie dem Klimawandel zuwenden können, da sie (noch) keine wirklich existenziellen Probleme zu bewältigen haben und noch keine so große Verantwortung für ihr Leben allein zu tragen haben - sind ja Eltern/Familie im Hintergrund und sicher auch ein wenig Vermögen.
 
Nein, das ist kein "Sozialneid", das sind die Fakten:
 
Es bleibt in Deutschland nach wie vor so, dass die (obere) Mittelschicht sich nach wie vor nicht mit der sogen. Unterschicht, den materiell Armen (Niedriglöhnern, Nicht-Vermögenden, Hartz 4-Erhaltenden, Alleinerziehenden, nicht-vermögenden Alten und chronisch Kranken, Inhaftierten, Prostituierten, Obdach- und Wohnungslosen ...) solidarisiert, denn: der deutschen Mittelschicht geht es - trotz Wohnungsnot - je persönlich noch immer augenfällig deutlich zu gut.
 
Die Neider und Spalter wählten AfD und andere "Rechtspopulisten" und Rechtsextremisten.
Es ist mir btw noch immer unverständlich, weshalb eine Partei wie die NPD und insbesondere auch "der III. Weg" nicht verboten (worden) sind. Naja, vielleicht ist es mir doch gar nicht so unverständlich, im deutschen Rechtsstaat ... .
 
Letztlich geht es der privilegierten Mittelschicht, die sich teilweise von Abstiegsängsten belastet fühlt, nicht um die "Soziale Frage", nicht um soziale Gerechtigkeit, d a s s und wie sie durchaus herzustellen, zu erwirken sei, sondern einzig um ihren nur je persönlichen Wohlstand, um den Erhalt der eigenen Privilegien.
 
Und dann gibt es noch ein paar Idioten, die ihre Stimme an Kleinstparteien vergeuden und jene Menschen, die tatsächlich schon so intensiv und so lange belastet und beschädigt sind, dass sie längst nicht mehr wählen gehen, weil sie sich in neoliberal-kapitalistischer Politik und repräsentativer "Demokratie" nicht im Mindesten wahrgenommen, geschweigedenn vertreten sehen.
 
Was mich betrifft:
Ich hätte auch DIE FRAUEN oder die BGE-Partei oder DiEM25 wählen können/wollen, habe mich dann jedoch erneut für DIE LINKE entschieden, die Gründe dürften auf der Hand liegen und sind in auch dieser Stellungnahme nochmals genannt.
 
Sollte sich oder mich jemand ernstlich fragen, warum ich die opportunistischen Grünen für unwählbar halte:
 
Sie sind keine pazifistische und keine soziale Partei. Die Grünen stimmten für mehrere Militäreinsätze, außerdem für Hartz IV/die Agenda 2010 (damals gemeinsam mit der SPD) und sie koalieren mit neoliberal-kapitalistischer CDU in Städten und Landtagen.
 
Hier: Gibt es kein Minimum an Hoffnung mehr - von Zuversicht oder Perspektive ganz zu schweigen.
 
Und dann schau dir mal die Ergebnisse in Spanien und Portugal an ... .
 
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"[...] Während die SPD bis heute bei Wahlen unter den Folgen der von ihr zusammen mit den Grünen verantworteten Agenda-Politik samt Hartz IV leidet, nimmt man den Grünen ihre neoliberale Linie erstaunlicherweise nur sehr selten krumm. Dabei haben 2003 auch 90% der Grünen-Abgeordneten für die Agenda 2010 gestimmt, die nie nur ein „Schrödersches Projekt“ war, sondern stets von den Grünen mitgetragen wurde – und dies sogar mit weniger Widerspruch als innerhalb der SPD selbst.
 
Allein schon von daher ist es grotesk, wenn der YouTuber Rezo einerseits äußerst fachkundig die Folgen der neoliberalen Politik samt der damit verbundenen massiven Spreizung der Einkommen und Vermögen sowie der als „Sparpolitik“ verkauften Kürzungs- und Privatisierungspolitik geißelt, dann aber eins und eins nicht zusammenzählt und ausgerechnet die Grünen für diese Entwicklung nicht in Haftung nimmt. Dafür gibt es keinen rationalen Grund. Die Grünen sind eine erwachsene Partei ohne Welpenschutz, die auch für die Folgen ihrer Politik auf Feldern in Haftung genommen werden muss, die nicht zu ihren Kernkompetenzen gehören. Es ist ja vollkommen klar, dass die Grünen sich nicht sonderlich für sozioökonomische Belange interessieren und auf diesen Politikfeldern eher zur Klientelpolitik für das liberale akademisch-urbane Bürgertum neigen. Man muss sich jedoch immer und immer wieder verdeutlichen, dass eben jene Politik die Ursache für genau diese Miseren sind, die abseits von Klima- und Netzpolitik gerade bei den jüngeren Wählern ganz oben auf der Beschwerdeliste stehen. Mietwahnsinn, Kettenverträge, prekäre Jobs, unterfinanzierte Unis mit straffen auf die Interessen der Wirtschaft kanalisierten Studiengängen sind nicht trotz, sondern wegen der Politik der Grünen entstanden.
 
Die CDU zerstören? Aber nicht doch. Mit wem sollten die Grünen denn dann koalieren?
Der große Erfolg der Grünen bei den Europawahlen war in Teilen auch ein Aufbegehren jüngerer Wählerschichten gegen die – sicher nicht zu Unrecht – als Altmännerpartei empfundene CDU. Doch die Zeichen stehen „gut“, dass diese Jungwähler von ihren Grünen damit auch gleich die Lektion in Sachen „Flexibilität“ erteilt bekommen. Schon im Vorfeld schloss die grüne Spitzenkandidatin Ska Keller schließlich eine Wahl des CSU-Politikers Webers zum Kommissionschef nicht aus, der übrigens aus seiner Sympathie für die Grünen ebenfalls keinen Hehl macht und sie auch auf Bundesebene als „realistische Koalitionsoption“ ansieht. Diese an Selbstverleugnung erinnernde „Flexibilität“ hat bei den Grünen vor allem auf europäischer Ebene selbst bei Fachpolitikern eine unselige Tradition. So hat der zweite Spitzenkandidat der Grünen, der Finanz- und Steuerexperte Sven Giegold, nach den Europawahlen 2014 ebenfalls den Kandidaten der konservativen EVP Jean-Claude Juncker bei dessen Kandidatur für die Kommissionspräsidentschaft unterstützt. Grüne wie Giegold sind wahre politische Kontorsionskünstler und schaffen es auf der einen Seite gegen Steueroasen zu wettern und im gleichen Atemzug den Architekten des Luxemburger Steuerdumping-Modells zum europäischen Regierungschef zu machen. Wer grün wählt, wacht daher auch all zu oft unter einer schwarzen Regierung auf.
 
Im politischen System der Bundesrepublik nahmen die Grünen bis vor kurzem vor allem die Funktion ein, die jahrzehntelang von der FDP wahrgenommen wurde – die des Juniorpartners in Koalitionen, des Mehrheitsbeschaffers, des Züngleins an der Waage. [...]
In jeder zweiten Landesregierung, an der die Grünen beteiligt sind, ist übrigens auch die CDU beteiligt. Zumindest auf Landesebene sind die Grünen also schon heute der geborene Steigbügelhalter für die bei den Jungwählern ach so unbeliebte CDU. [...]
 
In Zukunft dürfte daher das Koalitionsmodell Schwarz-Grün auf Länder- und Bundesebene zum „Normalfall“ werden. Konservativ, liberal mit einem Schuss „Bio“ für das gute Gewissen und die Stimmen der Jungwähler. Wer auf die Grünen setzt, setzt also auf eine Fortführung der heutigen Politik mit leichten kosmetischen Korrekturen. Progressiv oder gar revolutionär ist daran aber gar nichts. Im Gegenteil. Die Stärkung der Grünen verhindert die politische Erneuerung auf den allermeisten Gebieten und wäre für die Außen- und Sicherheits-, sowie für die Sozialpolitik sogar ein herber Rückschlag. Dies werden die Jungwähler natürlich auch noch merken. Schöner wäre es jedoch, man könnte diese Lernphase einfach überspringen. Fehlt nur noch ein progressiver YouTuber, der die Grünen „zerstört“. Der Kollege Tom Wellbrock hat dies bereits in einem Podcast versucht. Nachahmer gesucht!"
 
Quelle: nachdenkseiten.de - "Die Grünen und ihre grandiose Differenz - Zeit für eine Zerstörung althergebrachter Mythen", farbliche Hervorhebungen habe ich vorgenommen.
"[...] Dass dabei das Ökologische noch im Zentrum steht, ist eine Mär. Grünen Wählern geht es längst genauso um andere Dinge, um sichere Jobs, die Bildungschancen ihres Nachwuchses oder um einen zeitgerechten Lebensstil mit gutem Gewissen. So fällt das Grün auch immer blasser aus.

"Wir sind die Partei des neuen Bürgertums", jubelte Renate Künast 2009 nach einer Kommunalwahl in Stuttgart. Mittlerweile ist das "neue Bürgertum" zahlenstark und mächtig geworden. Soziologen haben es als ein neuartiges politisches Umfeld beschrieben, das durch Überzeugungen, aber nicht durch Klasseninteresse geeint sei. [...]

Jedenfalls verbringt die Parteiführung viel Zeit damit, darüber nachzudenken, wie sie richtig redet und zuhört. Der weltanschauliche Kern droht weich zu werden, während das Milieu sich munter differenziert. [...]

Vermutlich ist Dünkel das notwendige Beiwerk des moralischen Drucks. Wenn es ein Grüner wirklich ernst meint, kann er den eigenen Standards nie entsprechen. Immerfort missachtet er etwas. Im Grunde müsste er viel engagierter sein. Die Welt ist ohnehin widrig organisiert, man hat Auslandstermine, die Flugreisen unaufschiebbar machen, in der Garage steht der alte Diesel und die Kinder lieben Hühnchen. Unerträglich wären die Gewissensqualen, wenn man sich nicht trotz allem einer ethischen Elite zurechnen könnte. Im neuen Kursbuch Das Grün schreibt der taz-Redakteur Peter Unfried, ein ökologisch zentrierter Grüner strenger Observanz: "Ich kenne Grünen-Wähler, die von Frankfurt nach Berlin fliegen, um abends um halb acht statt um halb neun zu Hause zu sein und als guter Vater die Kinder ins Bett bringen zu können. Das gilt in der Peergruppe eben nicht als barbarisch, sondern als vorbildlich und auch normal." Wenn früher der Christ sündigte, riskierte er nur das eigene Seelenheil, wer hingegen universalmoralische Normen wie Flugscham missachtet, droht natürlich gleich alles zu korrumpieren.

Aus solchen Beobachtungen folgt nicht, dass grüne Politikziele die falschen sind. Ein Patent darauf hat die Partei ohnehin nicht mehr. An Klima-, Natur- oder Artenschutz ist nichts auszusetzen, so wenig wie an der Verkehrswende oder an der Kritik der Massentierhaltung. Es stellt sich bloß die Frage, ob das "neue Bürgertum" wirklich die richtige Trägerschicht ist, um diese Ziele zu erreichen. Außerdem: Wer die richtigen Ziele formuliert, kennt deswegen noch nicht den Weg dorthin und sollte sich mit Wegweisung eher zurückhalten. Die Modernisierung von Wirtschaft und Gesellschaft ist mit Nachhaltigkeit vereinbar, aber sie ist mit ihr nicht identisch. Darüber schwebt eine schillernde neubürgerliche Blase, in der man auch höchst egoistische Ziele verfolgen kann. Inzwischen kann ja alles irgendwie grün aussehen, es ist eine Frage der individuellen Perspektive. [...]

Früher waren die Anhänger der Grünen eine weltanschauliche Elite, nun ist "das Grün" ein Programm für alle, und die Verbreitung dieser Moral schlägt sich auf einer riesigen Mitmachwiese nieder, auf dem Tempelhofer Feld des guten Gewissens. Feldwebel und Besserwisser treten dort auf, Berufsjugendliche und unbekümmerte Hedonisten. Viele zieht das Schauspiel an, viele schreckt es ab. Weltmoral und Selbstsucht können koexistieren, vielleicht sind es zwei Seiten einer Medaille. In der Milieuwelle kann die Partei nur noch mitschwimmen. [...]"
 
Quelle: zeit.de - "Das Grün sucht seinen Weg", farbliche Hervorhebungen habe ich vorgenommen.

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