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Sabeth schreibt

Poesie Melancholie Philosophie Feminismus Anarchismus - non serviam.

Deutschland auf dem Weg in ein totalitäres Regime? PAG (Polizeiaufgabengesetz), "Anti-Terror-Gesetz", Polizeigewalt, Überwachung, massive Einschränkung von Freiheits- und Grundrechten

20.Juli 2018
 
Es sollte inzwischen allgemeinhin bekannt sein, dass es
 
1. Polizeigewalt in einem nicht hinnehmbaren, durch nichts zu rechtfertigen Ausmaß gibt, dass es
 
2. in Deutschland keine unabhängige Kontrolle (entsprechende Instanz, Institution) der Polizei gibt und dass
 
3. die Polizei immer martialischer, stärker militarisiert und gerade aktuell nochmals mit inakzeptablen Befugnissen (siehe geänderte PAG Bayern, NRW, Baden-Württemberg, Sachsen ...) ausgestattet wurde sowie dass
 
4. Gewalt und Beschädigungen, die von Polizisten unrechtmäßig getätigt wurden, zumeist bis fast ausnahmslos ohne Konsequenzen für diese Täter, Polizisten bleiben, außerdem
 
5. es offenbar nicht wenige rechtsextremistisch und rassistisch "eingestellte" Polizisten, aber auch Staatsanwälte und Richter gibt (bspw. als AfD-Anhänger), siehe auch institutionellen Rassismus, das häufig pauschale, jedenfalls verbreitete und öffentlichkeitswirksam getätigte Diffamieren von politisch links Eingestellten als "Linksextremisten" und "Linksterroristen" etc..
 
Wir wissen, dass der BND, das BKA, das Bundesjustizministerium eine braune "Vergangenheit" haben und dass etliche (Alt-) Nazis bis weit in die Gegenwart politisch aktiv waren (auch im Bundestag, Stichwort Entnazifizierung, die es bekanntlich nicht gab), wir wissen, dass es institutionellen Rassismus gibt, wir wissen, dass es Polizeigewalt gibt, wir wissen, dass es keine unabhängige Kontrolle der Polizei gibt, wir wissen jedoch nicht, wie häufig, intensiv und weitreichend Polizei Menschen unter welchen Umständen wie beschädigt - mit welchen langfristigen oder auch sogar tödlichen Folgen für diese Beschädigten, weil: das nicht untersucht, überprüft, kontrolliert wird - weder gibt es unabhängige Evaluation noch Kontrolle der Polizeitätigkeit.
 
Man darf sich fragen, warum das so ist und so bleibt und die Polizei nur noch immer weiter aufgerüstet und mit grundgesetzwidrigen Befugnissen ausgestattet wird, siehe auch das Aushöhlen des Datenschutzes, die ausgeweiteten digitalen Befugnisse, die permanente Videoüberwachung allerorten.
 
Man darf sich fragen, wie es um einen Rechtsstaat bestellt ist, in welchem all das möglich ist, ermöglicht und es von einigen Bürgern sogar gefordert wird.

Man darf sich fragen, was unter einem solchen Rechtsstaat zu verstehen ist, der Strafvereitelung im Amt leugnet, der die Aufklärung dessen aktiv, vorsätzlich behindert, unterdrückt, der nachweislich auf dem rechten Auge blind ist - siehe nicht nur, aber gerade auch den NSU-Komplex und dessen vermeintliche, tatsächlich katastrophale "Aufklärung", siehe, wie die Polizei häufig gerade AfD-Veranstaltungen schützt, siehe, wie rechtsextremistischen Straf- und insbesondere Gewalttaten häufig nicht nachgegangen wird, sie umgedeutet oder auch geleugnet werden.
 
Und ja, unter solchen Verhältnissen darf man tatsächlich Angst haben und wütend sein, denn all das untergräbt letztlich die sogenannte "freiheitlich-demokratische Grundordnung". Und das immer wieder - in Deutschland.
 
-
"[...] Für Uwe Volkmann, Professor für Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie an der Universität Frankfurt am Main, zeigt sich dabei aber eines der vielen Probleme des Gesetzes:
 
"Bei Überschreitung eines Schwellenwertes von über 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen sind umfassende Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Bei Überschreitung eines Schwellenwertes von über 35 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen sind breit angelegte Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Und was jetzt umfassende und was breit angelegte sein sollen, das wird ihnen niemand sagen können."
 
Uwe Volkmann ist mit seiner Kritik nicht alleine. Auch Josef Franz Lindner findet das Infektionsschutzgesetz problematisch. Er ist Professor an der Universität Augsburg, unter anderem für Öffentliches und Medizinrecht. Er bemängelt, dass auch sinkende Infektionszahlen dem Gesetz nach nicht zwingend das Ende der bisherigen Maßnahmen bedeuten würden. Diese könnten aufrechterhalten werden, wenn das aus infektiologischen Gründen erforderlich sei. Genauer definiert sind die Gründe aber nicht. [...]
 
Tatsächlich begründen Bund und Länder die angestrebte Inzidenz von 35 mit den neuen Mutationen. Denn einige seien ansteckender als das ursprüngliche Coronavirus. Diese Argumentation ist auch möglich, weil das Infektionsschutzgesetz nur sehr schwammige Ziele vorgibt. So erklärt Rechtsprofessor Uwe Volkmann:
 
"Insofern werden als Ziele genannt: Der Schutz von Leben und Gesundheit ganz allgemein. Und die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems im Besonderen. Ohne in irgendeiner Weise dazwischen zu gewichten. Aber es macht natürlich ersichtlich einen Unterschied, woran man sich orientiert. Der Schutz von Leben und Gesundheit ist so breit gefasst, dass man darunter praktisch alles subsumieren kann. Und dass man auch sehr weitgehende Maßnahmen rechtfertigen kann."
 
Die Schwächen des Infektionsschutzgesetzes scheinen mit der Debatte um Inzidenzwerte und Lockerungen deutlicher zutage zu treten. Dass aber auch eine Inzidenz von 35 keine Garantie für breite Lockerungen ist – auch das hat die Kanzlerin angedeutet. 35 sei nicht das Ende der Fahnenstange. [...]"
 
Farbliche Hervorhebungen habe ich vorgenommen.

Deutscher Bundestag Drucksache 19/26545 19. Wahlperiode 09.02.2021 Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD Entwurf eines Gesetzes zur Fortgeltung der die epidemische Lage von nationaler Tragweite betreffenden Regelungen

bundestag.de

Wie lange wird der Ausnahmezustand auf welcher - verfassungsrechtlichen?, demokratischen? - Legitimationsgrundlage noch/immer wieder ausgeweitet? Und aus welchen eigentlichen, tatsächlichen Gründen?
Demokratie Grundrechte IfSG Bundesregierung
 
"Mit dem Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 27. März 2020 (BGBl. I S. 587) hat der Gesetzgeber erste Maßnahmen getroffen, um zum einen das Funktionieren des Gesundheitswesens in einer die gesamte Bundesrepublik Deutschland betreffenden epidemischen Lage sicherzustellen und zum anderen die mit dieser besonderen Situation verbundenen negativen finanziellen Folgewirkungen abzumildern. Hierzu wurde insbesondere das Infektionsschutzgesetz (IfSG) erweitert und präzisiert. Der Deutsche Bundestag hat am 25. März 2020 mit Wirkung zum 28. März 2020 nach § 5 Absatz 1 Satz 1 IfSG eine epidemische Lage von nationaler Tragweite (Plenarprotokoll 19/154, S. 19169 C) und am 18. November 2020 deren Fortbestehen festgestellt (Plenarprotokoll 19/191, S. 24109 C), wodurch die Bundesregierung und das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) ermächtigt wurden, durch Anordnung oder Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates verschiedene Maßnahmen zu treffen. Davon wurde bislang umfassend Gebrauch gemacht. Die an die Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite anknüpfenden Regelungen, insbesondere die hierzu getroffenen Bestimmungen sowohl im IfSG als auch in weiteren Gesetzen (z. B. im Fünften Buch Sozialge-setzbuch – SGB V), sowie verschiedene Rechtsverordnungen sind jedoch bis zum 31. März 2021 befristet. [...]
 
Angesichts der nach wie vor dynamischen Lage im Hinblick auf die Verbreitung, vor allem der neuen Mutationen des Coronavirus SARS-CoV-2 und der hierdurch verursachten Krankheit COVID-19, ist es notwendig, die Geltung der gegenwärtigen Regelungen und Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit und zur Bewältigung der Auswirkungen auf das Gesundheitswesen und die langzeit-pflegerische Versorgung über den 31. März 2021 zu verlängern und zugleich für künftige pandemische Lagen die geschaffenen rechtlichen Grundlagen zu erhalten. [...]
 
Pandemierelevante Verordnungsermächtigungen und Rechtsverordnungen knüpfen nur noch an die Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite an und treten nicht mehr spätestens mit Ablauf des 31. März 2021 oder, im Fall einer Verordnung auf Grund des § 5 Absatz 2 Satz 1 Num-mer 10 IfSG, spätestens mit Ablauf des 31. März 2022 außer Kraft. [...]
 
Der vorliegende Gesetzentwurf verlängert die Geltungsdauer der auf der Grund-lage von § 36 Absatz 8 IfSG erlassenen Verordnung über den 31. März 2021 hinaus, sofern die Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite nicht vorher aufgehoben wird. Da für die Zwecke dieser Verordnungen ein durch das Robert Koch-Institut nach § 36 Absatz 9 IfSG eingerichtetes Melde- und Infor-mationssystem betrieben wird, fallen bei Verlängerung der Geltungsdauer der Verordnung weitere Kosten für den Betrieb und die Weiterentwicklung dieses Systems in Höhe von bis zu 1,7 Millionen Euro netto im Monat an. Für die Länder können sich durch die Verlängerung der Geltung des § 56 Ab-satz 1a IfSG über den 31. März 2021 hinaus Mehrausgaben in nicht quantifizier-barer Höhe ergeben. Durch die Beteiligung an den Kosten der Verlängerung der Regelungen zum Pfle-geschutzschirm nach § 150 SGB XI und an den Kosten zur Erstattung für Aufwendungen für Testungen könnten sich für den Bund im Jahr 2021 einmalige Mehrausgaben in nicht quantifizierbarer Höhe ergeben. [...]"
 
Quelle: Deutscher Bundestag, Drucksache 19/26545, vom 09.02.2021, zum Gesetzentwurf "eines Gesetzes zur Fortgeltung der die epidemische Lage von nationaler Tragweite betreffenden Regelungen", siehe oben verlinkt.
Farbliche Hervorhebungen habe ich vorgenommen.
"[...] Mit dem neuen PAG schafft die CSU eine Polizeibehörde, deren Vollmachten einzigartig in Deutschland sind. Nie hat es in Deutschland seit 1945 eine Polizei mit so weitreichenden Rechten gegeben,  in die Grundrechte der Menschen einzugreifen. Und alles, ohne dass eine Straftat geschehen wäre, auf bloßen Verdacht hin.
 
Die Polizei kann:
  • Aufenthaltsgebote und Aufenthaltsverbote aussprechen, das heißt die Bürger zwingen, ihren Wohnort nicht zu verlassen oder, ihren Wohnort zu wechseln und ohne Rücksicht auf Familie und Arbeit an einen vorgegebenen Ort zu ziehen. Hier ist nicht einmal ein Richtervorbehalt gegeben. Der Betroffene muss erst klagen.
  • sogenannte Gefährder zunächst auf drei Monate, mit weiterer richterlicher Genehmigung unbegrenzt in Vorbeugegewahrsam nehmen. Der Betroffene wird zwar vom Richter angehört, es gibt aber keinen Pflichtverteidiger. Er muss ggf. aus der Haft heraus „beweisen“, dass er keine Gefahr (mehr) ist. Grundlegende rechtsstaatliche Prinzipien wie rechtliches Gehör, das Recht auf einen Rechtsbeistand, Akteneinsicht, wie sie in der Bayerischen Verfassung, dem Grundgesetz und der EU-Grundrechtecharta garantiert sind, bleiben ungeregelt.
  • auf öffentlichen Versammlungen unbegrenzt „Übersichtsaufnahmen“ des Versammlungsgeschehens anfertigen, ebenso darf offen gefilmt und das gesprochene Wort mitgeschnitten werden, ein computergestützter Abgleich mit vorliegendem Bildmaterial ist möglich.
  • die Polizei darf die Post beschlagnahmen und öffnen.
  • sie darf verdeckte Ermittler unter falschem Namen und mit einer Legende auch in Wohnungen einsetzen, ebenso im Internet, ob als Partner bei Whatsapp oder einem anderen sozialen Medium. Ein Richter wird nur eingeschaltet, wenn sich der Einsatz gegen eine bestimmte Person richtet.
  • sie darf private Personen als Spitzel (V-Mann) einsetzen. Der Richter muss nur zustimmen, wenn sich der Einsatz gegen bestimmte Personen richtet oder in Wohnungen stattfindet. Zwar darf der Spitzel keine Straftat provozieren, aber – wie mir Juristen sagen – sind im Bereich der Drogenkriminalität in großer Zahl entsprechende Fälle durch die Rechtsprechung dokumentiert ist. Dieser Vorbehalt ist also das Papier nicht wert, auf dem er steht.
  • sie kann in der Wohnung lauschen und verdeckt filmen.
    Auch Gespräche mit Familienangehörigen und Anwälten sind nicht wirklich geschützt, trotz der Zeugnisverweigerungsrechte. Um abzuhören und heimlich zu filmen darf die Polizei auch in Wohnungen einbrechen.
  • sie darf Telefone abhören und in Informationssysteme eindringen, darf Kommunikationsverbindungen unterbrechen oder den User abschalten. Sie darf auf Speichermedien zugreifen und dazu in Wohnungen einbrechen, auch Daten löschen oder verändern. Diese Zugriffsmöglichkeit wird dazu führen, dass auch im Netz nicht mehr zwischen fake und Wahrheit, Kunstprodukt der Polizei und Originaläußerung einer Person unterschieden werden kann. Die Zuverlässigkeit der Protokollierung der Vorgänge ist im Nachhinein nicht mehr überprüfbar.
  • Google, Apple und Co. können verpflichtet werden, ihre Daten zum Zweck der Rasterfahndung zur Verfügung zu stellen, riesige Datenmengen aus dem höchst privaten Bereich gelangen damit in die unmittelbare Verfügungsmacht der Polizei.
  • die Polizei kann Drohnen einsetzen, die offen oder verdeckt filmen und lauschen, auch in Wohnungen auf Telekommunikation und IT-Systeme zugreifen. [...]"
Quelle: claudia-stamm.de - "Bayerns neues Polizeigesetz - unheimlich sicher"
"[...] Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Ein wesentlicher Punkt ist die unbegrenzt mögliche Gewahrsamnahme für angebliche Gefährder, daneben gibt es aber auch etwa Aufenthaltsverbote und eine Ausweitung der Überwachungsmaßnahmen. Es ist jedoch das Gesamtbild, das beunruhigt. Die Polizei hat nun so viele Eingriffsmöglichkeiten in die Rechte der Bürger, dass diese gar nicht mehr wissen können, wann, wo und warum sie überwacht werden. [...]
 
Die drohende Gefahr ist ein Begriff, der aus der Terrorbekämpfung stammt und den das Bundesverfassungsgericht in diesem Zusammenhang gesetzt hat. Bisher war in der alltäglichen Polizeiarbeit die konkrete Gefahr der Maßstab der Dinge. Durch die drohende Gefahr wird nun faktisch die Handlungskompetenz der Polizei immer weiter ins Vorfeld verlagert und die Behörde damit einem Geheimdienst angenähert. Mit diesem Begriff will die Staatsregierung diese Grenze gezielt verwischen. Dies öffnet Willkür Tür und Tor. Je weiter die Polizei im Vorfeld ermittelt, desto weniger konkret kann sie sagen, ob jemand wirklich gefährlich ist, oder sie sich aufgrund von Indizien etwas zusammenreimt.
 
Sie gehen davon aus, dass das Gesetz auch Unschuldige treffen wird?
Da bin ich mir sehr sicher. Es ist bereits jetzt so, dass die bayerische Polizei erwiesenermaßen gegen Leute vorgeht, die friedliche und ungefährliche Absichten haben. Durch die Gesetzesänderung und die unklare Begriffsdefinition wird das noch ausgeweitet. Die Maßnahmen werden nicht mal im Hauptteil Terroristen betreffen, sondern ganz normale Bürger.
 
Kann man so ohne Weiteres die Trennung zwischen Geheimdienst und Polizei aufheben?
Die Erfahrungen aus der Vergangenheit sind leider etwas Vergängliches. Durch die gemeinsamen Verbunddateien von Polizei und Geheimdiensten gibt es bereits eine wachsende Zusammenarbeit jener Behörden, wie man beispielsweise beim G20-Gipfel sehen konnte. Es ist ein allgemeiner Trend, bei dem sich die CSU nur an die Spitze setzen will. [...]
 
Die Große Koalition hatte erst im vergangenen Jahr die Überwachung von Handys und Computern im Rahmen der Strafverfolgung erlaubt. Und jetzt sollen diese Instrumente schon präventiv eingesetzt werden.
Seehofer hat angekündigt, das bayerische Polizeiaufgabengesetz als Mustergesetz nutzen zu wollen. Welche Gefahr geht hiervon aus?
Auch wenn es nur ein Vorschlag ist und die Länder noch anpassen können: Ein Mustergesetz setzt Maßstäbe. Selbst wenn Länder einzelne Regelungen liberaler auslegen, bedeutet es immer noch massive Einschränkungen für Bürgerrechte. [...]
 
Den Zugriff, den die Polizei bereits jetzt schon auf Daten hat, verschafft ihr auch ohne dieses Gesetz den größten Kontrollzugriff auf die Bevölkerung seit 1945. Ich gehe davon aus, dass es bei dem neuen Polizeigesetz nicht so sehr darauf ankommt, aktuelle Gefahren zu bekämpfen, sondern präventiv für kommende, politische Krisen gerüstet zu sein. Seien es Terrorismus oder politische Proteste, die Machtstrukturen in Frage stellen. Alle möglichen Gefahren werden dabei mit einer polizeilichen Brille betrachtet: mit genügend Überwachung könne man das lösen.
 
Besteht dadurch nicht die Gefahr einer autoritären Entwicklung?
Natürlich. Aber wenn man das freundschaftliche Verhältnis der CSU zu der ungarischen Orban-Regierung sieht, scheint ein autoritärer Staatsumbau gerade ihr Ziel und kein Ausrutscher zu sein.
 
Auch die AfD könnte bei einer zukünftigen Regierungsbeteiligung auf diese Instrumente zugreifen.
Ich finde es schon angsteinflößend genug, wenn die jetzige Staatsregierung, die eine Bekämpfung von Geflüchteten zu ihrer Aufgabe erklärt hat, über diese Daten verfügt. Was passiert, wenn eine Partei, die mehr oder weniger offen mit Neonazis zusammenarbeitet, oder auch Polizisten, die sich dieser Partei nahe fühlen, Zugriff auf diese Informationen haben, will ich mir nicht ausmalen.
 
Es wird wohl Klagen vor Karlsruhe gegen das Gesetz geben. Wie schätzen Sie die Erfolgschancen ein?
Da ich auf der anderen Seite stehe, kann ich nur garantieren, dass es diese Klagen geben wird. Sicherlich werden einzelne Vorschriften vom Verfassungsgericht beanstandet werden. Ich warne jedoch davor, immer darauf zu hoffen, dass die letzte Instanz Verfassungsgericht das schon alles regeln wird. Man muss vorher auf politischer Ebene eine Veränderung herbeiführen, anstatt in Karlsruhe auf ein paar letzte Korrekturen zu hoffen. [...]"
 
Quelle: neues-deutschland.de - "Autoritärer Staatsumbau"
Aktualisierung am 22. Juni 2019
 
"Dieser Mord motiviert mich, alle Register zu ziehen." Horst Seehofer
 
Dieser Satz von Seehofer versetzt mich in höchste Alarmbereitschaft. "Innere Sicherheit", PAG, Bundeswehr im Inneren einsetzen wollen, Staatstrojaner ... . Wir haben das längst verstanden.

Und nochmal: Grundrechtsverwirkung gemäß Art. 18 GG geht gar nicht - das ist seinserseits, gleichermaßen der direkte Weg in den Autoritarismus. Dann Totalitarismus?
Eindruck verhärtet sich, dass Rechtsextremismus, Rechtsterrorismus, AfD instrumentalisiert wird - zur Installation.

Wer einem Menschen dessen gesetzlich verbriefte und auf ethischem Fundament basierende Grundrechte entziehen will, entzieht ihm somit universelle Menschenrechte, die Menschenwürde.
Wir hatten das in Deutschland bereits. 
 
-
"Wer kontrolliert die Kontrolleure?" - Niemand. Mit entsprechenden Folgen ...
 
"[...] Das organisatorische Gefüge der bundesdeutschen Sicherheitsbehörden - die "Sicherheitsarchitektur - verschiebt sich. Ein Merkmal dieses Gefüges war das sogenannte Trennungsgebot. Nach ihrem Sieg über die Nazis wollten die Alliierten dafür sorgen, dass in Deutschland nie wieder ein Polizeistaat entsteht. Deshalb verfügten sie 1949, die Bundesrepublik dürfe zwar eine Behörde gegen umstürzlerische Bestrebungen einrichten, aber diese Stelle - der Verfassungsschutz - solle lediglich Informationen sammeln. Polizeiliche Eingriffsrechte wie Verhaftungen oder Hausdurchsuchungen wurden dem Inlandsgeheimdienst nicht zugebilligt. Außerdem legten die Siegermächte fest, dass Behörden des Bundes den Polizeistellen der Länder keine Weisungen geben dürfen.
 
Das Trennungsgebot ist eine Lehre aus der Geschichte: Um Staatsterror und Willkür zu verhindern, wurden Nachrichtendienst und Polizei getrennt. Das sollte verhindern, dass dem Staat eine übermächtige "politische Polizei" zur Verfügung steht. Außerdem wurden Staatsschutz und Inlandsgeheimdienst bewusst dezentralisiert, um eine zu starke Machtkonzentration zu verhindern. Praktisch flossen natürlich immer Informationen zwischen den Bundesländern und dem Bund hin und her (meistens allerdings eher her).
 
Am Trennungsgebot - beziehungsweise der angeblichen "föderalen Zersplitterung" - wird seit langem gesägt. Vor den Koalitionsverhandlungen 2009 kursierte ein Papier aus dem Bundesinnenministerium, in dem gefordert wurde, dem Verfassungsschutz polizeiliche Eingriffsrechte zu geben. Innenminister Wolfgang Schäuble hatte zuvor innerhalb seines Ministeriums die Abteilung P (Polizei) und die Abteilung V (Verfassungsschutz) in der neuen Abteilung ÖS (Öffentliche Sicherheit) vereinigt und die Fachaufsicht über das Bundeskriminalamt und das Bundesamt für Verfassungsschutz zusammengefasst.
 
Das Bundeskriminalamt spielt eine immer wichtigere Rolle, wird in der Sicherheitsarchitektur immer zentraler. Ähnliche Bestrebungen gibt es beim Verfassungsschutz. Ende 2017 forderte Hans-Georg Maaßen, der Präsident des Bundesamtes, ein "länderübergreifendes Direktionsrecht … in besonderen Lagen". Außerdem schlug er vor, das Bundesamt könne das Internetmonitoring "zentral und phänomenbereichsübergreifend" übernehmen. Die Verfassungsschutzämter der Länder teilen sich bisher ihre Überwachungs- und Analysearbeit auf. Wie diese Arbeitsteilung aussieht, ist nicht bekannt.

Transparenz hier, Geheimhaltung dort
Wer kontrolliert die Kontrolleure? Die Antwort auf diese alte Frage lautet: in Deutschland jedenfalls niemand. Die Datenschutzbehörden sind schon personell nicht in der Lage, die Ermittlungspraxis der Polizei wirksam zu überwachen. Die parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste ist zahnlos, selbst manche Abgeordneten in den Untersuchungsausschüssen klagen darüber, dass sie sich von den Nachrichtendiensten an der Nase herumführen lassen müssen, weil sie Informationen nicht oder nur sorgfältig ausgewählt erhalten. Das Innen- und Eigenleben der Apparate lässt sich von außen nicht nachvollziehen, zum Teil nicht einmal von den Innenpolitikern, denen sie formal untergeordnet sind.
 
So verschiebt sich das Kräfteverhältnis zwischen Exekutive und Bürger. Während das Verhalten der Bevölkerung zum Zweck der Gefahrenabwehr immer besser durchleuchtet werden darf, bleiben die Sicherheitsbehörden intransparent wie eh und je. Eigentlich erstaunlich, wie wenig wir erfahren! Die jährliche "Sonderstatistik" des BKA über Staatsschutzdelikte wird als Verschlusssache behandelt. Ebenso geheim ist der Haushalt des Verfassungsschutzes; lediglich die Gesamtsumme wird veröffentlicht. Die Zuschüsse für das Bundesamt haben sich in den vergangenen fünf Jahren fast verdoppelt. Im Jahr 2013 betrug er 206 Millionen Euro, im Jahr 2017 lag er bei 391 Millionen Euro. Was um Himmels Willen macht das Amt mit den zusätzlichen Millionen? [...]
 
Gegen die präventive Wende helfen keine "Nachbesserungen", sondern nur politische Forderungen, die die Sicherheitsbehörden einer öffentlichen Kontrolle unterwerfen. Die Debatte über die innere Sicherheit muss grundsätzlicher werden."
 
Quelle: heise.de - "Eine neue Sicherheitsarchitektur: `Vor die Lage kommen´", farbliche Hervorhebungen habe ich vorgenommen.
Polizei, Gewalt und Kapital - eine innige Verbindung, gerade auch mit der AfD:
 
"[...] Ziel der Regierung ist die Verteidigung einer ungerechten Ordnung, in der der Reichtum der Gesellschaft immer ungerechter von unten nach oben verteilt wird. Um dieses Ziel zu erreichen, will die Exekutive nun auch juristisch aufrüsten. Dazu erfindet sie den Rechtsbegriff der „Drohenden Gefahr“ im Polizeiaufgabengesetz (PAG). [...]
 
Dr. Martin Heidebach von der Ludwig-Maximilians-Universität München bemerkt dazu:
 
„Besonders gravierend ist die Neuregelung der Präventivhaft. Deshalb soll deren Unvereinbarkeit mit höherrangigem Recht noch einmal besonders hervorgehoben werden. Künftig würde schon eine ‚drohende Gefahr‘ genügen, um aus präventiven Gründen in Haft genommen zu werden. In Kombination mit der Streichung der zeitlichen Beschränkung der Haft würde in Bayern damit das Guantanamo-Szenario eintreten: unbeschränktes Einsperren potenziell gefährlicher Personen.“
 
Dr. Heidebach führt weiter aus:
 
„Es ist evident, dass eine Präventivhaft auf Grund nur ‚drohender Gefahr‘ darüber hinaus gegen Art. 5 Abs. 1 EMRK verstieße.“
 
In der Europäischen Menschenrechtskonvention heißt es konkret: „Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit.“ Alle Freiheitsrechte wurden historisch von den Menschen gegen die Gewalt des Staates erkämpft. Sie sollen die Menschen vor dem Zugriff durch die Gewalt des Staates schützen. Das ist die große historische Errungenschaft des Rechtsstaates, der Gewaltenteilung und der Republik. Aber, so schreibt Dr. Heidebach:
 
„Mit diesem Gesetzesentwurf trägt die Bayerische Staatsregierung zur Erosion des Rechtsstaats bei. Allein die Tatsache, dass ein solcher Vorschlag gemacht wird, ist deshalb ein verheerendes Signal. Dass die Aufregung darüber bislang verhalten ausgefallen ist, ist ebenfalls ein beunruhigendes Zeichen der Zeit.“ [...]
 
Der Münchner Rechtsanwalt Hartmut Wächtler warnt anlässlich einer Expertenanhörung von Innen- und Verfassungsausschuss des bayerischen Landtags: „Das betrifft nicht nur potenzielle Terroristen, sondern auch Normalbürger“. Wächtler kritisiert, dass bei der präventiven Festnahme, die per richterlicher Verfügung unbegrenzt dauern könne, den Betroffenen nicht einmal ein Pflichtverteidiger gewährt werde und dass ein Beschuldigter in Präventivhaft, der noch nichts getan habe, damit schlechter gestellt sei, als ein Verdächtiger im Strafverfahren mit konkretem Tatverdacht. [...]
 
Nach der pseudowissenschaftlichen Extremismustheorie gibt es eine bürgerliche Mitte und rechts und links davon abweichende Tendenzen, die als extrem bezeichnet werden, wenn sie nicht den Maßstäben der freiheitlich demokratischen Grundordnung entsprechen. Ziemlich schnell werden dann links und rechts als gleichermaßen gefährlich für die Demokratie zusammengewürfelt. Im bayerischen Verfassungsschutzbericht des Jahres 2017 heißt es dazu:
 
„Linksextremistische Gewalt bedroht die Grundlagen unseres Rechtsstaats ebenso wie jede andere Form des Extremismus.“
 
Aus dem massiven Einsatz von Polizeigewalt gegen Bürgerinnen und Bürger bei der legitimen Demonstration anlässlich der G20-Veranstaltung in Hamburg gewinnt der bayerische Innenminister Joachim Herrmann in seiner Analyse des aktuellen Verfassungsschutzberichts die Erkenntnis, dass die Gefahren des Linksextremismus brandaktuell seien.
 
Protestaktionen gegen die zum Teil demokratie- und menschenfeindliche Partei AfD gehören für Herrmann auch nicht zur Meinungsfreiheit. Immerhin handelt es sich hier, ganz im Gegensatz zur Partei „Die Linke“, um einen potentiellen Koalitionspartner. „Die Demokratiefeindlichkeit der Linksextremisten zeigt sich insbesondere bei ihren zahlreichen Übergriffe (sic) auf Veranstaltungen der AfD“, empört sich der Staatsdiener.
 
Das kapitalistische Gesellschaftssystem und seine Eigentumsordnung werden von der herrschenden Meinung selbstverständlich als Bestandteil der freiheitlich demokratischen Grundordnung betrachtet, ohne zu berücksichtigen, dass die gesellschaftlichen Verhältnisse geprägt sind vom Klassenkampf zwischen Kapital und Arbeit. Widerstand gegen die ungerechten Verhältnisse im Kapitalismus kann so einfach als linksextremistisch de-legitimiert und damit kriminalisiert werden. Jeder Form des Protests ist damit die legale Grundlage entzogen und Polizei und Justiz werden ermächtigt, gegen kritische Menschen vorzugehen. [...]"
 
Quelle: rubikon.news - "Der Polizeistaat", farbliche Hervorhebungen habe ich vorgenommen.
20. Mai 2018
 
Inzwischen sollte jedem bewusst geworden sein, worauf das abzielt: Selbstverständlich geht es darum, diese verschärften Gesetze flächendeckend/bundesweit einzusetzen, selbstverständlich geht es hierbei nicht um die innere oder äußere "Sicherheit" (der Bevölkerung), sondern um gezielte Repression, denn selbstverständlich hat auch Regierungspolitik mitbekommen, dass es aus bekannten Gründen (gravierende politische Fehlentwicklungen, -entscheidungen in zahlreichen Bereichen, siehe bspw. Wohnungs-, Gesundheits-, Sozial-, Wirtschafts-, Bildungs-, Finanz-, Außenpolitik ...) zu Unruhen in der Bevölkerung kommt, die sich möglicherweise auch gewalttätig äußern, nicht grundlos verlief das G20-Spektakel als eben solches (inszeniertes, das eine abschreckende Wirkung entfalten sollte).
 
Wenn man sich die Zahlen, Daten, Fakten zu Terrorismus (-gefahr) und dem Abwenden derselben durch mehr, intensivere Überwachung und das Beschneiden von Freiheits- und Grundrechten besieht, wird schnell klar, dass es um Sicherheit nicht geht, sondern um den Ausbau staatlicher, struktureller und Exekutivgewalt, letztlich also um den auf diesem Wege erwirkt werden wollenden Erhalt des neoliberalen, global wie je national massiv destruktiven, vernichtenden Kapitalismus, d.h. um Macht- und Privilegienerhalt sowie Besitzstandswahrung einiger Weniger gegenüber den darunter erheblich leidenden Vielen und einer zerstörten ökologischen Existenzgrundlage (nicht nur durch den Klimawandel).
 
Alternative Ideen, Konzepte gibt es bereits (siehe bspw. bedürfnisorientierte Gemeinwohlökonomie, Alternatives Handeslmandat/attac ...), allein es fehlt am politischen Willen und am erforderlichen (vorausgehen müssenden) Bewusstseinswandel der Menschen.
 
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"[...] Ende der 90er Jahre prägte der Begriff des »Raums der Freiheit« die rechts politische Debatte. Nicht erst seit die dahinter stehende europäische Idee durch Nationalisten infrage gestellt wurde, zeichnet sich ab, dass nicht die Freiheit, sondern die Unfreiheit Konjunktur hat. Unerwünschtes soll durch Strafe eingedämmt, die Unerwünschten sollen durch Einschluss (oder Abschiebung) ausgeschlossen werden.

Der letzte Strafverteidigertag befasste sich bereits mit der Eroberung des Gesellschaftlichen durch das Strafrecht. Der kommende Strafverteidigertag soll einen Blick hinter den Zaun werfen, dorthin, wo die Bestraften und Ausgeschlossenen unter Verwahrung oder Führungsaufsicht leben, und befasst sich mit Technologien der Identifizierung möglicher Straftäter. Ist das Resozialisierungsziel mehr als eine leere Formel, die auf dem Papier steht? Funktioniert das Strafrechtssystem noch, das der Idee nach konkrete Normverletzungen sanktionieren soll (und nicht vorrangig den »Täter«), wenn (potentiell) deviante Personen und Gruppen medial, politisch und zunehmend auch justiziell als »Feinde« identifiziert werden? Welche Strafbarkeiten sind aufgrund gesellschaftlichen Wandels historisch (und gehören »entrümpelt«), welche neuen Straftatbestände erwarten uns im Fahrwasser wirtschaftlich-technologischer Entwicklung? Und: Was geschieht mit einer Gesellschaft, wenn das freiheitssichernde Strafrecht zum staatlichen Feindstrafrecht wird - wie in der Türkei?"
 
Quelle: strafverteidigertag.de - "Räume der Unfreiheit", 42. Strafverteidigertag, März 2018, farbliche Hervorhebungen (dunkelblau markiert) habe ich vorgenommen.
"[...] Die Diskussion um den Einsatz von V-Personen ist eng geknüpft an die Rolle Hessens im NSU-Komplex und die Mitwirkung hessischer V-Leute und V-Leute-Führer am Mord an Halit Yozgat im Jahr 2006. Alexander Kienzle, Anwalt der Familie von Halit Yozgat, attestierte dem hessischen Gesetzgeber: Es gebe keine wirksame Beschränkung bekannter Probleme durch den Gesetzesentwurf. Stattdessen normiere er „hochproblematische Dinge“. Die Einflussnahme auf V-Leute sei nicht nur weiterhin zulässig, sie dürften sich auch an Straftaten beteiligen. Anstatt „straffreie Räume“ im Umfeld des Verfassungsschutzes zu beseitigen, schaffe der Gesetzesentwurf genau das Gegenteil, so Kienzle. Der Gutachter Rolf Gössner von der Internationalen Liga für Menschenrechte pflichtete ihm bei und fügte in Bezug auf den NSU hinzu, damit werde „praktisch der Skandal verrechtlicht“. [...]"
 
Quelle: netzpolitik.org - "25 Experten lassen kaum ein gutes Haar an hessischem Geheimdienstgesetz"
"[...] Aber stehen die neuen Polizeibefugnisse überhaupt im Zusammenhang mit den echten Problemstellungen? Den stärksten Anstieg bei den angezeigten Straftaten gibt es bei Drogendelikten. Doch der Exekutive dabei mehr Spielraum einzuräumen, bringt nicht unbedingt mehr Sicherheit. Ein Blick auf die Statistik zeigt: Von rund 330.000 im Vorjahr angezeigten „Rauschgiftdelikten“ sind 200.000 Anzeigen wegen Cannabis-Konsum, Anbau und Handel. Wäre die weiche Droge in ganz Deutschland dekriminalisiert, würde das nicht nur die Statistik an sich senken: Arbeitszeit und Ressourcen der Polizei würden für wichtigere Dinge frei.
 
Deutlich mehr Anzeigen gab es im Vorjahr bei Vergewaltigung, sexueller Nötigung und Übergriffen. 2017 wurden rund 11.000 Delikte angezeigt, im Jahr davor waren es noch knapp 8.000. Die Dunkelziffer liegt aber um ein vielfaches höher: Nach einer Schätzung des Landeskriminalamts Niedersachsen in deren Sicherheitsbericht werden nur sechs Prozent der sexuellen Übergriffe überhaupt der Polizei gemeldet. Bei sexuellem Missbrauch sind es sogar nur zwei Prozent. Rechnet man die 11.000 angezeigten Delikte im Jahr auf Basis der sechs Prozent hoch, kommt man auf mehr 180.000 Sexualdelikte im Jahr. Dagegen helfen weder V-Leute noch Handgranaten. [...]
 
Die hohe Zahl der angezeigten Drogendelikte und die niedrige Zahl der angezeigten Sexualdelikte sollten uns zu denken geben. Einerseits sollten wir an der polizeilichen Kriminalstatistik zweifeln, denn sie kann Gefahren für die öffentliche Sicherheit nur unzureichend abbilden. Andererseits sollten wir uns fragen, wieviel die Ausweitung von polizeilichen Möglichkeiten der Überwachung helfen kann, Probleme zu lösen, die völlig andere Ursachen haben. Dabei geht es nicht nur um Armut und Jugendarbeitslosigkeit, die vermutlich die Zahl kleiner Delikte in die Höhe treiben. Die #metoo-Debatte hat auch gezeigt, dass wir bei Gewalt gegen Frauen immer noch viel zu oft wegsehen. Die Seehofers dieser Welt sollten darauf Antworten finden, statt Polizisten immer neue Befugnisse einzuräumen und ihnen mehr technisches Spielzeug in die Hände zu drücken."
 
Quelle: netzpolitik.org - "Die niedrigste Kriminalitätsrate seit 25 Jahren – und trotzdem überall schärfere Polizeigesetze", farbliche Hervorhebungen (dunkelblau markiert) habe ich vorgenommen.
21. Mai 2018
 
Welche Rechtsgrundlage greift hier eigentlich - für den Einsatz und das Verhalten (welches genau?) solcher "zivilen Tatbeobachter"?
 
Wie steht es diesbezüglich um die Legitimationspflicht von Polizisten?
 
Wann fungieren diese "zivilen Tatbeobachter" als tatsächlich agent provocateurs und wie lässt sich das, wenn überhaupt, nachweisen (Videos zum Zwecke der Identifizierung helfen ja bei vermummten "Tatbeobachtern" nicht). Und welche Folgen hat es, wenn es sich n i c h t nachweisen lässt (aktuell ja auch in Bezug auf G20 Thema).
 
Siehe auch fehlende Kennzeichnungspflicht und fehlende unabhängige Kontrolle der Polizei (entsprechende Instanz, Institution).
 
Leider scheint das (Legitimationspflicht) überdies Ländersache zu sein und ich steige nicht so recht durch.
Siehe im unten verlinkten Dokument (bundestag.de - "Zur Reichweite der Legitimationspflicht von Polizeibeamten in Versammlungen") insbesondere die Seiten 33 bis 38.
 
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zivile "Tatbeobachter", Einsatz ziviler "Polizeibeobachter"

bundestag.de

Siehe die Agenda 2010 mit dem Hartz4-System, das systematische Grundrechtsverstöße legalisiert (!) hat, siehe, dass eine rechsextremistische, mit der "neuen" alten Rechten (NPD, IB, "Konservative Revolution", europaweiter rechter Schulterschluss ...) eng verknüpfte Partei - die AfD - nicht nur zur Bundestagswahl zugelassen, sondern schließlich/folglich auch ins Parlament eingelassen wurde, siehe, dass einige ehemalige CDU-Mitglieder zur AfD übergelaufen sind, siehe, dass es in Deutschland nie eine wirkliche Entnazifizierung gab, siehe nicht zuletzt auch die katastrophale NSU-"Aufklärung", den folglich offensichtlich jahrelang braun unterwanderten bzw. durchsetzten Verfassungsschutz und den institutionellen Rassismus, insbesondere in der Exekutive (Polizei, Staatsanwaltschaften, aber auch bei Richtern vorhanden) ... .
 
Zur Erinnerung und zum Vergleich:
 
"[...] Das Siebzehnte Gesetz zur Ergänzung des Grundgesetzes ist auf den 24. Juni 1968 datiert, wurde am 27. Juni 1968 verkündet und trat am 28. Juni in Kraft.[1] Von den damals 145 Grundgesetzartikeln wurden damit 28 geändert, aufgehoben oder eingefügt.[3]
Die Gesetze enthalten Regelungen für den Verteidigungsfall, den Spannungsfall, den inneren Notstand und den Katastrophenfall. In diesen Fällen werden die Grundrechte eingeschränkt. [...]
 
Innerer Notstand
Jahrelang von Gewerkschaften und SPD bekämpft fand der sogenannte Innere Notstand Eingang in das Grundgesetz. Die Ergänzung des Art. 91 GG ermöglichte es der Bundesregierung nicht nur, die Polizeikräfte der Länder für die Niederschlagung eines Aufstands oder innerer Unruhen anzufordern, sondern sie konnte die Landesbehörden auch ihren Weisungen unterstellen. Darüber hinaus ermöglichte Art. 91 den Einsatz des Bundesgrenzschutzes sowie der Bundeswehr im Innern. Schließlich bedurfte es für den Zustand des inneren Notstands keiner formellen Verkündung.
 
Letztlich bedeutete der ergänzte Art. 91 die ursprünglich von Bundesinnenminister Gerhard Schröder gewollte und von Notstandsgegnern heftig angegriffene "Stunde der Exekutive"[4]. Im Gegensatz zum Spannungs- beziehungsweise Verteidigungsfall unterstand der innere Notstand keinerlei parlamentarischen Kontrolle. Lediglich der Bundesrat konnte auf Art. 91 beruhende Maßnahmen der Bundesregierung jederzeit aufheben lassen.

Naturkatastrophen; besonders schwere Unglücksfälle
Bei Naturkatastrophen und besonders schweren Unglücksfällen können nach Art. 35 GG neben der Polizei auch die Bundespolizei und die Bundeswehr eingesetzt werden. Bei länderübergreifenden Katastrophen kann die Bundesregierung den Ländern Weisungen erteilen.
 
Nach Art. 87a GG darf die Bundeswehr von der Bundesregierung unter bestimmten Bedingungen auch eingesetzt werden „zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes“. Auf Verlangen des Bundestages oder Bundesrates ist der Einsatz einzustellen. Art. 9 Abs. 3 (Koalitionsfreiheit) bestimmt, dass sich eine solche Maßnahme „nicht gegen Arbeitskämpfe richten“ darf.

Widerstandsrecht und Verfassungsbeschwerde
Auch um die Kritiker zu besänftigen, wurde in Art. 20 GG ein vierter Absatz eingefügt, der als Ultima Ratio, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist, jedem Deutschen das Recht gibt, gegen jeden, der es unternimmt, diese (verfassungsmäßige) Ordnung zu beseitigen, Widerstand zu leisten (Widerstandsrecht, siehe Art. 20 GG). Außerdem wurde die Verfassungsbeschwerde, bislang nur einfachrechtlich normiert (§§ 90 ff. BVerfGG), nun auch verfassungsrechtlich garantiert (in Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG). [...]"
 
Quelle: Wikipedia - "Deutsche Notstandsgesetze"
Auch nochmal vorsorglich gegen etwaig reaktiv erfolgenden Geschichtsrevisionismus:

"[...] Die folgenreichste Notverordnung war die sogenannte Reichstagsbrandverordnung vom 28. Februar 1933. Auf der Grundlage des Art. 48 Abs. 2 der Weimarer Verfassung („Maßnahmen bei Störung von Sicherheit und Ordnung“) setzte sie wesentliche Grundrechte außer Kraft und übertrug Befugnisse des Reichspräsidenten auf die neue Reichsregierung unter Hitler.[2] Die Notverordnung wurde damit zur normativen Grundlage der nationalsozialistischen Diktatur, zum „Freibrief des Dritten Reiches“. [...]

Wortlaut des Artikels 48 der Weimarer Reichsverfassung
(1) Wenn ein Land die ihm nach der Reichsverfassung oder den Reichsgesetzen obliegenden Pflichten nicht erfüllt, kann der Reichspräsident es dazu mit Hilfe der bewaffneten Macht anhalten.

(2) Der Reichspräsident kann, wenn im Deutschen Reich die öffentliche Sicherheit und Ordnung erheblich gestört oder gefährdet wird, die zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nötigen Maßnahmen treffen, erforderlichenfalls mit Hilfe der bewaffneten Macht einschreiten. Zu diesem Zwecke darf er vorübergehend die in den Artikeln 114, 115, 117, 118, 123, 124 und 153 festgesetzten Grundrechte ganz oder zum Teil außer Kraft setzen.

(3) Von allen gemäß Abs. 1 oder Abs. 2 dieses Artikels getroffenen Maßnahmen hat der Reichspräsident unverzüglich dem Reichstag Kenntnis zu geben. Die Maßnahmen sind auf Verlangen des Reichstages außer Kraft zu setzen.

(4) Bei Gefahr im Verzuge kann die Landesregierung für ihr Gebiet einstweilige Maßnahmen der in Abs. 2 bezeichneten Art treffen. Die Maßnahmen sind auf Verlangen des Reichspräsidenten oder des Reichstages außer Kraft zu setzen.

(5) Das Nähere bestimmt ein Reichsgesetz.

Anwendung in der Habsburgermonarchie
Als „Notstandsparagraph“ galt in der Dezemberverfassung von 1867 der Paragraph 14, welcher bei Sistierung (‚Stillstellung‘) des Parlaments der Habsburgermonarchie mehrmals in Anspruch genommen wurde.[4]

Mark Twain verfasste im Zuge seines Österreichbesuchs (1897–99) diesbezüglich den Text Government by Article 14 („Regieren mit Paragraph 14“).[5] Auch Karl Kraus äußerte sich häufig und kritisch zu diesem Paragraphen und nannte ihn „das dem Staate angelegte Verfassungsbruchband“. [...]"

 
Quelle: Wikipedia - "Notverordnung"
"[...] Das weitaus bekannteste Ermächtigungsgesetz ist das Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich. Am 23. März 1933 wurde darüber heftig debattiert, bis der am 5. März gewählte Reichstag das von der Hitlerregierung eingebrachte Gesetz in namentlicher Abstimmung mit den Stimmen der Regierungskoalition aus NSDAP und DNVP sowie von Zentrum, Bayerischer Volkspartei (BVP) und Deutscher Staatspartei annahm. Es trat am darauffolgenden Tag, dem 24. März 1933, mit seiner Verkündung in Kraft.[1][2] Das Ermächtigungsgesetz diente nicht dazu, die Republik handlungsfähig zu machen, sondern – ganz im Gegenteil – sie abzuschaffen. Zusammen mit der Reichstagsbrandverordnung gilt es als rechtliche Hauptgrundlage der nationalsozialistischen Diktatur, weil damit das die elementare Grundlage des materiellen Verfassungsstaates bildende Prinzip der Gewaltenteilung durchbrochen wurde. [...]

Wenn man in der deutschen Geschichte von Ermächtigungsgesetzen spricht, dann sind besondere Ermächtigungen gemeint, oder genauer gesagt: die Ermächtigungen zu besonderen Verordnungen. In der Zeit von 1914 bis 1933 bzw. 1945 gab es Ermächtigungsgesetze, die es der Regierung erlaubten, Verordnungen mit Gesetzeskraft zu erlassen. Diese gesetzesvertretenden Verordnungen standen in der Normenhierarchie genauso weit oben wie Gesetze, sie konnten also nur abgeändert oder aufgehoben werden, wenn es im Parlament eine Mehrheit dazu gab. Hinzu kam, dass einige Ermächtigungsgesetze es erlaubten, dass die Verordnungen von der Verfassung abwichen.

Die Bismarcksche Reichsverfassung, die Weimarer Verfassung und das Grundgesetz sehen an sich keine gesetzesvertretenden Verordnungen oder ein Abweichen von der Verfassung vor. Das Grundgesetz unterscheidet sich von seinen Vorgängern dadurch, dass es letzteres ausdrücklich untersagt (Artikel 79 Absatz 1). Außerdem (Absatz 3) darf das ändernde Gesetz nicht die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung des Bundes oder die in den Artikeln 1 und 20 des Grundgesetzes niedergelegten Grundsätze wie Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, föderale Gliederung, Achtung der Menschenwürde u. a. m. berühren (Ewigkeitsklausel).

Das Grundgesetz kennt einen Gesetzgebungsnotstand. Nach dieser Regelung kann ein Gesetz unter Umständen auch ohne Zustimmung des Bundestages zustandekommen, wenn die Bundesregierung die Zustimmung des Bundespräsidenten und des Bundesrates dazu erlangt. Funktional lässt sich diese Regelung entfernt mit einigen Ermächtigungsgesetzen vergleichen, da eine Regierung ohne Parlament eine Rechtsnorm mit Gesetzeskraft einführen kann (z. B. ein Haushaltsgesetz). [...]

Die Gesetze hatten „verfassungsändernden Charakter“, obgleich sie den Text der Verfassung nicht änderten. Die Verfassung selbst hatte es nicht vorgesehen, dass ein Organ seine Rechte an ein anderes Organ delegiert. Somit waren die Ermächtigungsgesetze nicht legal, urteilt Huber, eine verschwiegene Verfassungsumgehung.[20] Daran änderte nichts, dass die Gesetze mit Zweidrittelmehrheit des Reichstags beschlossen wurden, derselben Mehrheit, die für eine Verfassungsänderung nötig gewesen wäre. Sylvia Eilers[21] kommentierte:

„Die Besonderheit eines Ermächtigungsgesetzes lag vor allem darin, dass die Parlamentarier in einem freiwilligen Akt der Selbstausschaltung glaubten, die Exekutive aufgrund ihrer größeren Sachkompetenz, ihrer parteipolitischen Unvoreingenommenheit und ihrer Erfahrung von parlamentarischen ‚Hemmnissen‘ befreien zu müssen.“
Wilhelm Marx, 1925

Die jeweilige Opposition trug diese Gesetze großteils mit, etwa die Deutschnationale Volkspartei 1919 oder die Sozialdemokratische Partei 1920/21. Dies erfolgte durch Zustimmung oder Tolerierung durch Nichtbeteiligung an der Abstimmung. Ein Grund dafür war nicht zuletzt die Drohung der Regierung, bei einer Ablehnung Verordnungen auf anderem Wege zu realisieren. [...]

Alternativ zu einem Ermächtigungsgesetz konnte die Reichsregierung den Reichspräsidenten um Diktaturverordnungen (sogenannte Notverordnungen) nach Art. 48 der Verfassung bitten. Auch von diesen nur für echte Notfälle gedachten Verordnungen wurde viel Gebrauch gemacht, vor allem in den Jahren 1919–1923 und 1930–1933. Für den Reichstag hatte ein Ermächtigungsgesetz den gewissen Vorzug, dass er zeitliche Befristungen und ein Mitspracherecht (etwa über einen gesonderten Ausschuss) aushandeln konnte. Die Reichsregierungen sahen jedoch seit der Radikalisierung der Deutschnationalen ab 1928 und dem Anwachsen der NSDAP ab 1930 keine Mehrheiten mehr für eine entsprechende Zweidrittelmehrheit. [...]

Mit den Gesetzen der 1920er Jahre, vor allem den Stresemannschen und Marxschen Ermächtigungsgesetzen, waren gefährliche Vorbilder für den Verfassungsbruch geschaffen worden. Als Adolf Hitler zu Beginn des Jahres 1933 seine Diktatur zu festigen suchte, strebte er zielgerichtet auf ein Ermächtigungsgesetz zu. Sein Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich vom 24. März 1933 unterschied sich aber in entscheidenden Punkten von dem Marxschen Ermächtigungsgesetz aus dem Jahre 1923:[25]

Hitlers Regierung sollte nach seinem Ermächtigungsgesetz nicht nur Verordnungen, sondern Gesetze und auch Verträge mit dem Ausland beschließen können.
Die so beschlossenen Gesetze konnten von der Verfassung abweichen.
Die Regelung war thematisch nicht beschränkt und sollte vier Jahre dauern.
Weder ein Reichstagsausschuss noch der Reichsrat konnten Kontrolle ausüben bzw. wenigstens nachträglich die Aufhebung fordern.

Ein weiterer Unterschied besteht in der parlamentarischen Situation: Im Gegensatz zum Minderheitskabinett Marx hatte die NSDAP seit den Wahlen vom 5. März 1933 zusammen mit der DNVP eine absolute Mehrheit im Reichstag.[26] Hitlers Absicht war es, den Reichstag auszuschalten und die Verfassung de facto außer Kraft zu setzen. Um dies zu erreichen, wurde zunächst die Geschäftsordnung des Reichstages geändert, um formal den Anwesenheitsanforderungen trotz Inhaftierung und Abwesenheit der kommunistischen Abgeordneten gerecht werden zu können. Sodann wurde – im Beisein illegal im Reichstag anwesender bewaffneter und uniformierter SA- und SS-Angehöriger – unter der neuen Geschäftsordnung das Ermächtigungsgesetz beschlossen.

Alle Parteien außer der SPD stimmten sowohl der Änderung der Geschäftsordnung wie auch dem „Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich“ zu; wegen der Gegenstimmen der SPD waren für das Erreichen der Zweidrittelmehrheit und die endgültige Annahme des Gesetzes die Stimmen der Zentrumspartei ausschlaggebend. [...]

Das bedeutete, dass neue Gesetze nicht mehr verfassungskonform sein mussten, insbesondere die Wahrung der Grundrechte nicht mehr sicherzustellen war, und dass Gesetze neben dem verfassungsmäßigen Verfahren auch allein von der Reichsregierung erlassen werden konnten. Somit erhielt die Exekutive auch legislative Gewalt. Die im ersten Artikel erwähnten Verfassungsartikel 85 Abs. 2 und 87 banden Haushalt und Kreditaufnahme an die Gesetzesform. Durch das Ermächtigungsgesetz konnten also nunmehr der Haushaltsplan und Kreditaufnahmen ohne den Reichstag beschlossen werden.

Die Gültigkeit des Ermächtigungsgesetzes betrug vier Jahre – damit wurde Hitlers Forderung „Gebt mir vier Jahre Zeit und ihr werdet Deutschland nicht wiedererkennen“ verwirklicht. [...]"
 
Quelle: Wikipedia - "Ermächtigungsgesetz"

"[...] In den drei Westzonen wurde über die 2,5 Millionen Deutschen, deren Verfahren bis 31. Dezember 1949 durch die überwiegend mit Laienrichtern besetzten Spruchkammern entschieden war, wie folgt geurteilt:

  • 54 % Mitläufer,
  • bei 34,6 % wurde das Verfahren eingestellt,
  • 0,6 % wurden als NS-Gegner anerkannt,
  • 1,4 % Hauptschuldige und Belastete.

Viele der tief in die NS-Vergangenheit verstrickten Mitläufer konnten in der Bundesrepublik Deutschland unbehelligt nach 1949 Karriere machen. Mit Persilscheinen, die ihnen von (mutmaßlichen) Opfern für die beurteilenden Kommissionen und Spruchkammern ausgestellt wurden, gingen sie in die Politik, Justiz, Verwaltung, Polizei und an die Universitäten zurück; oft auch unter falschem Namen und häufig unter Mithilfe der Netzwerke (Rattenlinien) alter Kameraden oder von „Seilschaften“.[6] So waren zeitweise in den fünfziger Jahren mehr als zwei Drittel der leitenden Mitarbeiter des Bundeskriminalamtes ehemalige Mitglieder der SS. [...]

Die Entlassung von NSDAP-Mitgliedern aus dem öffentlichen Dienst wurde in den Verwaltungsgebieten der SBZ unterschiedlich gehandhabt. In manchen Gebieten wurden nur die höheren Dienstränge entlassen, in anderen hingegen alle nominellen Parteimitglieder. Bei der Neubesetzung der dadurch weitgehend leergefegten Behörden unterschied sich die SBZ von den Westzonen. Während diese bei höheren Positionen zumeist auf altgediente Politiker und Fachleute aus dem demokratischen Parteispektrum der Weimarer Republik zurückgriffen, wurden in der SBZ KPD/SED-Mitglieder bevorzugt. Dennoch sorgte auch in der SBZ der kriegsbedingte Mangel an Arbeitskräften für eine pragmatische Rehabilitierungspolitik. Im August 1947 waren von 828.300 statistisch erfassten NSDAP-Mitgliedern nur mehr 1,6 Prozent arbeitslos. Allerdings blieb den NSDAP-Mitgliedern in der SBZ in aller Regel die Rückkehr in den Schuldienst, den Polizei- und Justizapparat und die innere Verwaltung verwehrt, während sie in den Westzonen auch wieder in diese Bereiche zurückkehren durften, wodurch sich in manchen Fällen eine von vielen als bedenklich empfundene personelle Kontinuität herstellte.[23]

In Westdeutschland führte die Verzahnung staatlicher Funktionen und Institutionen mit Parteistrukturen nach 1945 dazu, dass ehemalige SS-Mitglieder ihre früheren staatlichen Funktionen an anderer Stelle wieder ausüben konnten. Zu nennen sind hier Richter, Staatsanwälte, Polizisten, Ärzte, Lehrer, Offiziere, Beamte, usw. Ihr Fachwissen war für den Aufbau der Bundesrepublik so wichtig, dass ihre Tätigkeit für den Nationalsozialismus nach 1945 bewusst ausgeblendet wurde. Wieder in Funktion, stellten sie sich gegenseitig Persilscheine aus, ließen belastende Dokumente verschwinden und beugten Recht und Gesetz zu ihrem Vorteil. Infiziert und durchdrungen von der zwischen 1933 und 1945 herrschenden Ideologie und Moral, hat diese Elite nachfolgende Generationen wesentlich geprägt. [...]

Als „Entnazifizierungsschlussgesetz“ wird mitunter das am 10. April 1951 vom 1. Deutschen Bundestag bei nur zwei Enthaltungen verabschiedete[25], am 13. Mai 1951 verkündete und rückwirkend zum 1. April in Kraft getretene „Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen“ (das so genannte 131er-Gesetz) verabschiedet (BGBl. I S. 307). Dieses Gesetz sicherte nun mit Ausnahme der Gruppen 1 (Hauptschuldige) und 2 (Belastete) die Rückkehr in den öffentlichen Dienst ab. [...]

Vergleichbare Gesetze wurden auch auf Landesebene beschlossen, so z. B. in Schleswig-Holstein das „Gesetz zur Beendigung der Entnazifizierung“, das am 14. März 1951 mit einer breiten Mehrheit aus allen Parteien angenommen wurde. Die Entnazifizierung fand damit auf Länder- und Bundesebene ihr endgültiges Aus und dies wurde von vielen in der Bevölkerung widerspruchslos akzeptiert. [...]

Im Zusammenhang mit der Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund wies eine Gruppe „Aktion Entnazifizieren“ außerdem auf die unklare Rolle der Verfassungsschutz-Behörden im Zusammenhang mit der rechtsextremen Mordserie hin und projizierte die Forderung „Entnazifizieren“ an das Innenministerium und das Kanzleramt. [...]"
 
Quelle: Wikipedia - "Entnazifizierung", farbliche Hervorhebung haben ich vorgenommen.

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