Über die faschistischen Hintergründe von sowie aktuellen Bezüge zu Hartz IV und die Gefährdung von Demokratie sowie über Möglichkeiten, sich mit Betroffenen zu solidarisieren
"[...] Und da wurde es interessant. Kurioserweise hat es in der Weimarer Republik schon einmal einen Hartz gegeben! Butterwegge beleuchtet das näher und überschreibt das Kapitel mit „Hartz in Weimar – Ein historisches Lehrstück“. Es handelt sich bei Peter Hartz' Namensvetter um den Reichstagsabgeordneten Gustav Hartz. Der war in der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP). Die Partei, die mit Hitler verbündet, Hitler in den Sattel geholfen hat. Medial maßgeblich unterstützt von DNVP-Führer, Rüstungsunternehmer und Medienzar Alfred Hugenberg. Christoph Butterwegge: „Wenn man so will, einem Berlusconi seiner Zeit.“ Hugenberg wurde erster Wirtschaftsminister unter Reichskanzler Adolf Hitler.
Dazu: In seinem Werk Irrwege der deutschen Sozialpolitik und der Weg zur sozialen Freiheit präsentierte Gustav Hartz bereits 1928 die Idee, Arbeitslosengeld und Sozialhilfe zusammenzulegen.[1] Erst 77 Jahre später (2005) wurde diese Idee durch die nach seinem Namensvetter Peter Hartz benannten Hartz-IV-Reformen verwirklicht (Quelle: Wikipedia)
Ummodeln eines Hugenberg-Slogans
Und aufgemerkt: Von Hugenberg stammt der Satz von 1932: „Sozial ist wer Arbeit schafft“. Diesen Slogan, erinnert Butterwegge, hat dann die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM, dazu: hier) in „Sozial ist, was Arbeit schafft“ umgemodelt.
Butterwegge nennt das „eine moderne Sklavenhaltergesellschaft“. Denn dahinter stecke die Überlegung: Jede Arbeit ist besser als keine. „Ein Sklavenhalter, der seine Arbeiter mit der Peitsche ins Bergwerk jagt, ist demnach sozial. Weil er Arbeit geschaffen hat.“
Gedankengut, so der Referent, das aus dem Vorfeld der Nazizeit stamme.
Noch einmal zurück zur Produktiven Erwwerbslosenfürsorge: Wolfgang Clement habe unter Schröder damals gedacht, „wenn der Arbeitslose nicht zuhause sitzt mit den Transferleistungen, die er vom Staat bekommt und Däumchen dreht … oder ganz begeistert ist, dass er länger schlafen kann als der Nachbar, der hart malocht und früh aufstehen muss, Chips frisst und Bier trinkt, mit dem Trainingsanzug an“ - die gängigen Vorurteile von Teilen der Bevölkerung eben: Die leben von unseren Steuergeldern. „Die Vorstellung war jetzt: Wenn man die dran kriegt und sie müssen unabhängig von ihrer Qualifikation auch minderwertige Arbeiten annehmen, dann lassen die das bleiben, verzichten auf die Transferleistungen. Und für den Staat wird es billiger.“ Das steckte schon hinter der Einführung der Produktiven Erwerbslosenfürsorge. Und das habe auch u.a. hinter Hartz IV gesteckt, stellt Butterwegge fest.
Alles sollte billiger werden
Clement dachte: jetzt wird alles billiger. „Doch es wurde alles teurer!“ So sei es bereits in der Weimarer Republik gewesen. Jugendliche nämlich, die im Haushalt ihrer Eltern gelebt hatten, gründeten nun selbst Haushalte. Nun steuerte man gegen: Jugendliche unter 25 Jahren wurde quasi ein Verbot erteilt, aus dem Elternhaushalt auszuziehen. Die Bedarfsgemeinschaften kamen dabei heraus. Wer mit einem „Hartzer“ lebt, wird sozusagen in Mithaftung genommen. Schnüffelei wurde Tür und Tor geöffnet. Sozialdetektive suchen nach Spuren eines Partners. In den Betten. Oder halten Ausschau nach einer weiteren Zahnbürste. Damit man bei „Ermittlungserfolgen“ Leistungen streichen kann.
„Kurios, in der Tat“, nennt Christoph Butterwegge die Namensgleichheit Hartz/Hartz. Ebenso die Übereinstimmungen betreffs des Inhalts der „Reformen“. Da schrieb Gustav Hartz 1928 ein Buch „Irrweg der deutschen Sozialpolitik und der Weg zur sozialen Freiheit“. Interessant: „Er bezeichnet die Arbeitslosen bereits als Kunden. Allerdings noch in Gänsefüßchen.“
Butterwegge: „Ich finde es paradox! Wenn jemand in ein Jobcenter oder zur Arbeitsagentur geht, der kommt doch nicht mit Geld, um was zu kaufen. Der kommt doch dahin, weil er kein Geld hat! Und weil der Arbeit braucht. - Ein wahnsinnige Begriffsverwirrung, Verklärung und Übertünchung! Derjenige, der vom Jobcenter drangsaliert wird, wird als Kunde bezeichnet!“ In Wirklichkeit würden sie „wie lästige Bittsteller behandelt“.
Schon Gustav Hartz spreche ständig von „Reformen“. "Offenbar sein Lieblingswort", nimmt Butterwegge an . Auch sei bei ihm von „Selbsthilfe“ die Rede. Die „Reformer“ Peter Hartz, Gerhard Schröder und Wolfgang Clement hätten von „Privatinitiative“, „Eigenverantwortung“ und „Selbstvorsorge“ gesprochen. Butttwegge: „Für mich alles würdige Unworte des Jahres, weil sie kaschieren, dass sich im Grunde der Staat und die Gesellschaft aus ihrer Verantwortung für die Langzeitarbeitslosen und auch für andere, Geringverdiener, zurückgezogen haben.“
Vom Rheinischen zum schweinischen Kapitalismus
Eigentlich müsse man das Arbeitslosengeld II (ALG II) Sozialhilfe II nennen, meint Christoph Butterwegge. Denn das bekommen ja nicht nur Arbeitslose. Etwa 1,3 Millionen Menschen, so (verharmlosend) genannte „Aufstocker“ bezögen ja ALG II, seien aber gar nicht arbeitslos. Sie bekommen einen so geringen Lohn, dass der hinten und vorn nicht reiche.
„Der Staat hat mit 75 Milliarden Euro subventioniert, dass in Deutschland zunehmend im Niedriglohnbereich prekäre Löhne gezahlt werden können.“
Hartz IV sei in seiner Wirkung auch ein „Aktivierungsregime“. Der Hauptzweck von Hartz IV sei aber nach Butterwegges Dafürhalten, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Belegschaften, Betriebsräte und Gewerkschaften stärker unter Druck zu setzen. Zu akzeptieren, dass eben schlechte Arbeitsbedingungen und niedrigere Löhne zur Normalität geworden sind. So spreche man von „Prekarisierung“ und der „Generation Praktikum“. Minijobs wurden auf den Weg gebracht und die Leiharbeit ausgeweitet.
Dieses ganze Gesetzeskonglomerat bestehe aus hunderten von Gesetzesseiten. Hartz IV sei ein Gesetzespaket, ein „Artikelgesetz“. Die einzelnen Artikel seien dann wiederum einzelne Gesetze. All das sei so komplex angelegt, dass die Jobcenter am Anfang gar nicht damit zurechtkamen. Es habe Chaos geherrscht. Wohl zum Teil gewollt. [...]
Man habe als SPD letztlich damals viele Wählerinnen, Wähler und Parteimitglieder – darunter Christoph Butterwegge selbst – und vieles mehr verloren. Weil sie das gesunde Gerechtigkeitsempfinden – ursprüngliches Markenzeichen, neben dem Einsatz für die Arbeiterschaft, der SPD – verletzt hätten. Mit Hartz IV habe man „ein Gesetz der Angst“ gemacht.
Daraus wiederum „ist eine Gesellschaft der Angst entstanden.“ Nicht nur habe sich die Armut bis in die Mittelschicht ausgebreitet, sondern auch ein Niedriglohnsektor mit 24,3 Prozent der Beschäftigten“ sei möglich gemacht worden. Der größte Niedriglohnsektor nach den USA übrigens!
Einfluss der Bertelsmann-Stiftung
Schlimm obendrein, so Butterwegge: „Das Hartz-IV-Gesetz ist nicht etwa im zuständigen Arbeits- und Sozialministerium entwickelt worden, wie man annehmen könnte. Sondern die Bertelsmann-Stiftung hat einen Arbeitskreis gegründet. Eng zusammenwirkend mit bestimmten Ministerialbeamten aus dem Arbeits- und Sozialministerium.“ Auch in der Weimarer Republik habe es solche Kommissionen bereits gegeben. [...]
Dass die Zahl der Arbeitslosen gesunken ist, sei durch „statistische Taschenspielertricks“ gemacht worden.
Fazit: „Hartz IV hat eher die sozialen Probleme verschärft. Und vor allen Dingen hat Hartz IV dazu beigetragen, dass wir uns auf einen Weg in eine andere Republik befinden. Nicht nur, weil die Hartz-IV-Betroffenen immer weniger zu Wahlen gehen."
Auch Schaden für die Demokratie
Hartz IV und Agenda 2010 habe nicht nur zur Demontage des Sozialstaates beigetragen, sondern habe, dass ist Butterwegges Befürchtung, auch ein Schaden an der Demokratie angerichtet.“ Weshalb auch ein nicht von Hartz IV Betroffener Grund genug hätte sich gegen Hartz IV einzusetzen. [...]"
Quelle: der Freitag - "Dr. Butterwegge: Hartz IV und die Folgen", farbliche Hervorhebungen habe ich vorgenommen.
"[...] "Sozial ist, was Arbeit schafft", lautet ein zentraler Slogan im aktuellen Wahlprogramm der CDU. Es gibt derzeit kaum eine CDU- oder CSU-Rede, in der diese Worte nicht fallen.
Moment mal, den Spruch kennt man doch schon, oder? In der Tat: Angela Merkel (CDU) benutzte ihn schon im Wahlkampf 2002. Edmund Stoiber (CSU) fügte 2002 hinzu: "Sozial ist in erster Linie, was Arbeit schafft." Und Guido Westerwelle (FDP) sagte: "Sozial ist das, was in erster Linie Arbeitsplätze schafft." Bei der Europawahl 2009 stand im Wahlprogramm der FDP: "Denn was Arbeit schafft, ist auch sozial."
Woher stammt dieser Spruch eigentlich? Im Jahr 2000 hat die neoliberale, von Wirtschaftsverbänden getragene Denkfabrik Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) massiv mit dem Spruch "Sozial ist, was Arbeit schafft" geworben. CDU und FDP haben ihn daraufhin dankbar in ihrem eigenen Repertoire verwurstet, während die SPD ("Arbeit, Arbeit, Arbeit") und die Linke ("Arbeit soll das Land regieren") ihrerseits hochkreative Phrasen gedroschen haben. (Achtung Ironie.)
Dass die INSM den Spruch populär gemacht hat, ist schon schlimm genug. Noch schlimmer ist, dass er ursprünglich aus tiefbraunen Gewässern stammt: Alfred Hugenberg, Vorsitzender der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) und Unterstützer von Adolf Hitler, sagte am 31. Juli 1932 in einer Rundfunkansprache zur Reichstagswahl: "Gesunde Wirtschaft bedeutet heute vor allem Beseitigung der Arbeitslosigkeit. Derjenige ist wirklich und wahrhaft sozial, der Arbeit schafft."
Der Hugenberg-Konzern kontrollierte damals die Hälfte der deutschen Presse und trug maßgeblich zum Aufstieg der NSDAP bei. Nach der Machtergreifung der Nazis wurde Hugenberg kurzfristig Hitlers Wirtschaftsminister. Noch bei der Reichstagswahl im März 1933 verbreitete Hugenberg die Parole: "Sozial ist, wer Arbeit schafft." Hitler ante portas. [...]"
Quelle: heise.de - "Sozial ist, was sozial ist", farbliche Hervorhebungen habe ich vorgenommen.
... Merkt ihr es immer noch nicht? W o l l t ihr es nicht erkennen, wahrnehmen, wahrhaben? - Beweise gibt es doch inzwischen mehr als genug.
"[...] Prof. Gunnar Heinsohn von der Universität Bremen forderte in der FAZ vom 16.03.2010 , Hartz IV nach 5 Jahren komplett zu streichen. Dies sei seiner Meinung nach vor allem bei arbeitslosen Müttern notwendig, um die „Sozialhilfemütter“, Hartz IV-Kinder und „Niedrigleister“ im wahrsten Sinne des Wortes auszuhungern. Die FAZ findet nichts dabei, solche antisoziale und verfassungswidrige Propaganda zu veröffentlichen.
Prof. Peter Oberender von der AfD und der Universiät Bayreuth forderte als einer der „irren AfD-Professoren“ die „Möglichkeit“ für Arme, ihre Organe zu verkaufen. Wie AfD-Watch und Telepolis richtig bemerkten, hätte diese Möglichkeit die Konsequenz, daß Arbeitslose gemäß Sozialgesetzbuch II erst einmal ihr „Organ-Vermögen“ verkaufen müssten, um die Hilfsbedürftigkeit aufzuschieben, bevor sie in den Genuss von Hartz IV kommen.
Was sagen die etablierten Medien dazu? Nichts. Einzig bei Telepolis verurteilte der wachsame Rudolf Stumberger noch am gleichen Tag in seinem Artikel „Das unwerte Hartz IV-Leben“ die „Vertreter der neuen Klassenhygiene, die ganz in der Nähe der nationalsozialistischen Rassenlehre zwischen einer „Hartz IV-Bevölkerung“ und dem „leistenden Bevölkerungsteil“ unterscheiden und nach einer Dezimierung des „nicht-leistenden“ Teils durch Entzug der Lebensmittel rufen“.
Definition: Was ist ein Sozialnazi?
Das Wort „Neoliberale“ oder „Marktradikale“ ist für eine solche Ideologie bei weitem zu harmlos. Passender wäre der Begriff „Sozialnazi“, also ein „Nazi in Bezug auf soziale Fragen“. Was macht einen Nazi in Bezug auf soziale Fragen aus? Schauen wir uns die inhaltlichen Grundlagen der Naziorganisation schlechthin – der NSDAP – einmal genau an, und zwar ihr krankes 25-Punkte-Programm vom 24.02.1920. Unter Punkt 10 forderten die Nazis: „Erste Pflicht jedes Staatsbürgers muß sein, geistig oder körperlich zu schaffen.“ Unter Punkt 11 forderten sie die „Abschaffung des Arbeits- und mühelosen Einkommens“.
Was ist sonst per Definition typisch für Sozialnazis? Die Bewertung von Menschen nach ihrer Nützlichkeit für die Machthaber. Schwache Minderheiten als Sündenböcke, „Untermenschen“ und „unwertes Leben“ (Hartz IV’ler). Die „Endlösung der Sozialschmarotzerfrage“ (Sozialleistungen streichen). Reichsarbeitsdienst (Hartz IV-Zwangsarbeit mit „Fördern und Fordern“). Die Verkündung der angeblichen Überlegenheit der eigenen Gruppe („Leistungsträger“, „Eliten“). „Säuberungen“ und Ghettobildung (Vertreibung von finanziell Schwachen/Transferempfängern aus Wohnungen, die sie selbst per Gesetz als zu teuer definieren). (Selbst-)Gleichschaltung der Medien in sozialen Fragen (siehe diverse marktradikale Wirtschaftsredaktionen reichweitenstarker Medien). Intellektuelles Vakuum. Psychologische Kriegsführung. Hetztiraden (vor allem in Talkshows) in einer Variation von Joseph Goebbels Sportpalastrede. [...]
Weisungsgebundene Justiz?
Darf man laut denken, daß das ziemlich nach FDP klingt? Guido Westerwelle rechtfertigt seine Volksverhetzung schließlich auch mit den Worten „Das wird man doch wohl noch sagen dürfen“. Darf man das als kritischer Staatsbürger auch anders sehen, wenn die Oberschicht die Mittelschicht gegen die finanzielle Unterschicht aufhetzt? Ist denn nicht der Wortlaut von § 130 Strafgesetzbuch durch solche Hetztiraden erfüllt? „Nein“, meint der Oberstaatsanwalt aus Frankfurt zu über 50 Strafanzeigen von Hartz IVern gegen Prof. Heinsohn, und wollte nicht einmal ein Verfahren eröffnen. Könnte das etwas damit zu tun haben, daß der hessische Justizminister und die Bundesjustizministerin der FDP angehören? Wie weisungsgebunden sind Staatsanwaltschaften durch die Regierungsparteien (siehe auch Fall Zumwinkel)? Sind auch diesen Fragen erlaubt?
Es ist auch im Deutschland der Gegenwart juristisch und politisch sehr riskant, Verbrechen anzuprangern, die von Kreisen begangen werden, die nicht nur die Gesetze machen, sondern auch noch parlamentarische Immunität genießen und obendrein alle hohen Richterpositionen und Staatsanwaltschaften besetzen. Darf man das „politische Justiz“ nennen? Darf man auch hier – wenn auch graduell in schwächerer Form – gewisse Parallelen zum politisch vergewaltigten Justizsystem der Nazis erkennen? [...]
Wie Kritiker mundtot gemacht werden
Jeder Vergleich mit dem 3. Reich ist in Deutschland (und nur hier) ein Gang durch ein Minenfeld – selbst, wenn er in bester und ehrenwertester Absicht geschieht. Das bekam auch Kabarettist Michael Lerchenberg zu spüren, der bei der Satireveranstaltung am Nockherberg Guido Westerwelle mit einem KZ-Aufseher verglich, und das Motto der FDP „Leistung muß sich wieder lohnen“ mit „Arbeit macht frei“ gleichsetzte, propagiert von FDP-Gelbhemden statt NSDAP-Braunhemden. Respekt, Herr Lerchenberg! Natürlich setzte sich die Entrüstungsmaschinerie der Demaskierten in Gang, und auch die üblichen Berufsbetroffenen verboten es auf das Allerschärfste, ein gewisses Maß an Analogie zwischen Vergangenheit und Gegenwart auch nur laut zu denken. Und wieder mal wurde eine Chance vertan, zum Wohle der heutigen Gesellschaft Lehren aus der Vergangenheit zu nutzen.
Sind nun alle Marktradikalen auch Sozialnazis? Nein, aber alle Sozialnazis sind marktradikal.
Die Vision: Knast für Millionen
Ach ja: Was passiert eigentlich, wenn wir den USA als Vorbild der Sozialnazis folgen und alle Sozialleistungen nach 5 Jahren streichen? Die USA beantworten die Frage: 3,2% der Bevölkerung oder 6,9 Millionen US-Bürger sitzen im Gefängnis oder sind auf Bewährung draußen. In zahlreichen No-Go-Areas trauen sich keine Rettungswagen, keine Feuerwehr und nicht einmal mehr die Polizei hinein. Wohlhabende mauern sich in Gated Communities ein. Angst beherrscht die Menschen (siehe Michael Moore: „Bowling for Columbine“). Staat und Gesellschaft zerfallen. Wenn genug Menschen arm genug sind und die Ungleichheit groß genug ist, bricht jeder Staat zusammen. Dann ist jeder sich selbst der Nächste, und die FDP und Teile anderer Parteien haben ihren Albtraum verwirklicht. Seit Jahren befinden wir uns bereits auf diesem Entwicklungspfad, dessen Höhepunkt nicht mehr in weiter Ferne zu suchen ist. Wer kann das verhindern? Sie! Durch ein neues, menschliches Bewusstsein und aktives Handeln – sei es bei Wahlen oder im alltäglichen Leben!"
Quelle: economy4mankind.org - "Neoliberale Sozialnazis", farbliche Hervorhebungen (dunkelblau markiert) habe ich vorgenommen.
Hartz 4, die Propaganda und die erfolgreiche Spaltung durch Hetze. Es gibt nach wie vor Etliche, die es noch immer nicht begriffen haben, sich spalten lassen, persönliche Kompensationsbedürfnisse haben, außerdem die, die dem Erwerbsarbeitsfetisch gehorsam anhängen, weil sie erfolgreich lebenslang indoktriniert wurden. Und dann noch die Ignoranten.
"[...] Die Kinder von Hartz IV-Empfängern sind minderwertig, sie sind dümmer und fauler als die Kinder von anderen deutschen Müttern und ihre Ausbildungsfähigkeit steht in Frage. Sie werden in Zukunft den hohen Qualifikationsanforderungen der Gesellschaft nicht mehr genügen. Diese Kinder entstammen einer Unterschicht, die sich durch Sozialhilfe immer mehr vergrößert und hemmungslos vermehrt und den Leistungsträgern auf der Tasche liegt. Das ist eine Gefahr für Deutschland. Während sich die Unterschicht so vermehrt, bekommen die deutschen Frauen der Leistungsträger zu wenig Kinder. Der Staat muss also das weitere Kinderkriegen der Unterschicht verhindern, indem man deren Angehörigen die Lebensgrundlage entzieht. Deutschland braucht diese minderwertigen Kinder nicht, sondern es braucht die sozial wertvollen Kinder der Karrierefrauen.
Dies ist, komprimiert zusammengefasst und im Klartext, die Aussage von Gunnar Heinsohn. Dies ist 65 Jahre nach dem Ende des Nationalsozialismus der Inhalt eines Gastkommentars. Dieser stammt nicht von irgendeinem bösartigen Verwirrten, sondern von einem deutschen Professor für Sozialpädagogik an der Universität Bremen. Dieser Zeitungsartikel erschien nicht in einem rechtsextremen Schmutzblatt, sondern in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Dieser Artikel kann als Volksverhetzung gelten. Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt oder zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert oder die Menschenwürde anderer durch angreift, dass er Teile der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
Paragraph 130 des Strafgesetzbuches
Am Anfang des 21. Jahrhunderts sind Arbeiter und Arbeitslose sozial verwundbar wie kaum zuvor. Ihre Organisationen sind geschwächt, ihre Führer korrumpiert, ihr Selbstbewusstsein ist verblasst und die Mächtigen fürchten sie nicht mehr. Die Deiche, so die beiden französischen Soziologen Stéphane Beaud und Michel Pialoux in ihrer Untersuchung über "Die verlorene Zukunft der Arbeiter. Die Peugeot-Werke von Sochaux-Montbéliard", die die Arbeiterbewegung im Laufe der Zeit errichtet hatte, um sich der Ausbeutung zu widersetzen, sind weitgehend unterspült. Die Folge: "der Dünkel, die Arroganz und die verschiedenen Formen der Geringschätzung gegenüber den 'Subalternen', die lange Zeit durch die bloße Existenz einer (institutionalisierten) politischen Arbeiterkultur gezügelt wurden, treten nun offen zu Tage und verbreiten sich in Fällen hemmungslos".
Es ist hemmungslos, was Vertreter einer neuen Rassen- und Klassenhygiene sich trauen, in Deutschland öffentlich von sich zu geben. Hartz IV-Empfänger und ihre Familien spielen inzwischen die Rolle einer Bevölkerungsgruppe, auf die man mittlerweile anscheinend ungestraft verbal einschlagen und ihr die Lebensgrundlage absprechen kann. "Sozialhilfe auf fünf Jahre begrenzen", um so die Unterschicht zu dezimieren, das ist der grandiose Vorschlag des Sozialpädagogik-Professors. Was danach kommt, wovon dann Kinder und Eltern leben sollen, diese Frage bleibt er freilich schuldig. Die Sprache des Professors ist dabei eine neue Sprache der Verurteilung unwerten Lebens, fehlt uns doch "nicht das vierte bildungsferne Kind der Sozialhilfemutter, sondern das erste oder zweite der hoch besteuerten und kinderlosen Karrierefrau", wie es in einem weiteren Artikel von Heinsohn auf „Welt Online“ heißt.
Was passiert, wenn wie in den USA die Sozialhilfe auf fünf Jahre beschränkt wird, schildert der Soziologe Loic Wacquant in seinem Buch "Die Bestrafung der Armen". Während die Zahl der Sozialhilfeempfänger drastisch zurückgegangen ist, weil sie nicht mehr registriert werden, explodierte die Zahl der Gefängnisinsassen (USA: Gefängnisland Nr. 1). Zählte man 1975 rund 380.000 Häftlinge in den USA, waren es 2000 1,9 Millionen und 2008 2,3 Millionen. Das Elend der amerikanischen Wohlfahrt und der Ausbau des Gefängnissystems sind die beiden Seiten derselben politischen Medaille, so Wacquant, Professor an der University of California (Über die Probleme der Massenhaft in den Vereinigten Staaten). Überfüllte Gefängnisse, das ist die Antwort auf die wachsende Zahl der Armen, der sozial Verwundbaren und der Überflüssigen. Wacquant zeigt, wie die Regulierung und Kontrolle der unteren Klassen im Zeitalter der fragmentierten Lohnarbeit und der Verallgemeinerung ungesicherter Arbeitsverhältnisse über ein Strafsystem geleistet wird, das wieder die Zähmung der armen Klasse zur Aufgabe hat. Während deutsche Frauen außerhalb von Hartz IV im Durchschnitt nur ein Kind haben und leistungsstarke Migrantinnen sich diesem Reproduktionsmuster nähern, vermehrt sich die vom Sozialstaat unterstützte Unterschicht stärker - mit allen Folgeproblemen. So sind in der Hartz-IV-Musterkommune Bremerhaven die Jungen in Sozialhilfe mit einem Anteil von rund 40 Prozent an der männlichen Jugend für mehr als 90 Prozent der Gewaltkriminalität verantwortlich. Solange die Regierung das Recht auf Kinder als Recht auf beliebig viel öffentlich zu finanzierenden Nachwuchs auslegt, werden Frauen der Unterschicht ihre Schwangerschaften als Kapital ansehen. Allein eine Reform hin zu einer Sozialnotversicherung mit einer Begrenzung der Auszahlungen auf fünf Jahre statt lebenslanger Alimentierung würde wirken - nicht anders als in Amerika.
Gunnar Heinsohn in der FAZ
Wenn Vertreter der neuen Klassenhygiene, die wie Heinsohn ganz in der Nähe der nationalsozialistischen Rassenlehre zwischen einer "Hartz IV-Bevölkerung" und dem "leistenden Bevölkerungsteil" unterscheiden, nach einer Dezimierung des "nicht-leistenden" Teils durch Entzug der Lebensmittel rufen, kann man sicher sein, dass diesen verfassungsfeindlichen Äußerungen bald der Ruf nach härteren Strafen und einem Ausbau der Gefängnisse folgen wird."
Quelle: Telepolis, heise.de - "Das unwerte Hartz IV-Leben"
Und wenn das Jobcenter mich also (2016) in einen, Zitat: "künstlichen Arbeitsplatz" im Rahmen eines Ein-Euro-Jobs via EGV ("Eingliederungsvereinbarung") zwingen wollte, damit ich Schreib(tisch)arbeiten ausführen sollte, die anschließend im Papierkorb landen (!), weil es sich um eine künstliche, also völlig sinnlose, unnütze Tätigkeit, Beschäftigungsmaßnahme handelt:
worin unterscheidet sich eine solche Praxis und Zwangsmaßnahme, d.h. die dahinterstehende Ideologie und Absicht, das zugrundeliegende Menschenbild dann von der NS-Ideologie und -Praxis, im Rahmen derer KZ-Inhaftierte ebenso völlig sinnlose Arbeit zu verrichten gezwungen wurden, um ihnen die Vergeblichkeit, Sinnlosigkeit dieser Arbeit und ihrer gesamten Existenz auf sadistische Weise demonstrativ vor Augen zu führen, ihnen dies jedenfalls suggerieren zu wollen, um sie zu zerstören, zu vernichten?
Denn: Wie alle Menschen im Hartz-Vollzug wissen:
Wer die EGV nicht unterschreibt oder die darin einseitig oktroyierten Maßnahmen nicht ausführt, wird sanktioniert - dem wird also sogar das vorgebliche Existenzminimum - samt im Haushalt befindlichen und davon zwangsläufig mitbetroffenen/geschädigten Kindern - gekürzt: wiederholt und bis hin zur 100%-Sanktion. Und das, wo die Regelbedarfe ohnehin erheblich zu niedrig sind.
Ja, ich hatte diese Maßnahme damals abwehren können - eben weil Auflage für Ein-Euro-Jobs ist, dass sie gemeinnützig sein müssen, das wäre bei dieser mir aufgezwungenen Maßnahme nicht der Fall gewesen. ABER: Die Jobcenter-MA wussten das selbstredend (und viel besser als ich) und sie haben es trotzdem versucht - rechtswidrigerweise.
Und das passiert bekanntermaßen nicht nur mir und nicht erst seit gestern ... .
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"[...] Im letzten Teil des Sammelbands suchen der Historiker Thomas Etzemüller, der Bildungswissenschaftler Fabian Kessel und der Soziologe Rainer Geißler nach nicht offensichtlichen Beweggründen Sarrazins. Eigentlich spreche hier durch den Autor eine bestimmte gesellschaftliche Klasse, die durch Ab- und Ausgrenzung von missliebigen "Unterschichten" ihren eigenen Status ängstlich zu erhalten suche. Dabei sei der Finanzpolitiker lediglich das letzte Glied in einer langen Kette von Untergangspropheten, die mindestens seit Beginn des 19. Jahrhunderts den "Volkstod" – nicht nur in Deutschland – etwa durch Überfremdung oder Verdummung immer wieder vorhergesagt haben.
Die Vertreter der amerikanischen Variante dieser Position pflegen die Einschränkung oder gar Abschaffung der sozialen Sicherungssysteme zu fordern, damit so die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Nation erhalten bleibe und einer degenerativen Bevölkerungsentwicklung Einhalt geboten werde. Auch dies propagiert Sarrazin. Empirisch lasse sich keines der Antisozialstaat-Argumente belegen. Im Gegenteil, je durchlässiger der Zugang zu Bildung und Wohlstand in einer Gesellschaft sei, desto gesünder, langlebiger und auch weniger gewalttätig werde sie, so Kessel. [...]"
Quelle: spektrum.de - "Deutschland schafft Sarrazin ab", farbliche Hervorhebung habe ich vorgenommen.
Im Zusammenhang mit oben Zitiertem (insbesondere der von mir farblich hervorgehobenen Passage) möchte ich ausdrücklich auch nochmals auf den Extremismus der Mitte verweisen - den wir aus der deutschen Geschichte ja bereits zur Genüge kennen.
Thilo Sarrazin - neben weiteren Rechtspopulisten einer der Wegbereiter der AfD, siehe wiederum Extremismus der Mitte.
update 04. Juli 2021
Nochmal zum (besseren, grundsätzlichen) Verständnis von Rassismus, Rechtsextremismus, Misogynie, Hass, was weshalb Ursachen dafür sind, warum es nach wie vor so viele dem Neoliberalismus und Konservatismus Anhängede gibt, siehe CDU, CSU, AfD, FDP, was all das mit Autoritarismus und auch Faschismus zu tun hat: siehe dazu insbes. Wilhelm Reich, Erich Fromm, Arno Gruen, Sandor Ferenczi, Alice Miller und Gabor Maté.
Kindheit, Prägung, "Erziehung" - Patriarchat
Wer sich zu Autoritarismus, Faschismus, Rassismus, Misogynie, Sadismus, Hass informieren, Zusammenhänge, Ursachen verstehen will, möge sich zumindest Kapitel 2, Abschnitt 2 und 3 sowie die Kapitel 4 und 5 des unten verlinkten Hörbuchs von Andreas Peglau -"Rechtsruck im 21. Jahrhundert" - anhören.
Mit abermaligem, herzlichen Dank an Andreas Peglau für seine unentbehrliche Arbeit und das kostenfreie Zur-Verfügung-Stellen.
Es lässt sich nicht alles auf ausschließlich sexuelle Unterdrückung zurückführen, wohl aber auf Kindheit, "Erziehung", Prägung, siehe Verdrängung, Identifikation mit dem Aggressor, Internalisierung, Kompensationsverhalten. Siehe Erich Fromm, Arno Gruen, Alice Miller, Sandor Ferenczi, Gabor Maté.
Wie bereits erwähnt habe ich mich damit bereits vor längerer Zeit ausführlich auseinandergesetzt - in mehreren blog-Einträgen, die leider nach wie vor nicht mehr verfügbar sind, da overblog sie seit dem "Vorfall" am 07. Juni 2021 bisher leider noch nicht wiederhergestellt hat.
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Das gezielte Kleinrechnen der Regelsätze/Regelbedarfe.
"[...] Armut bedeutet - vor allem für diejenigen, die ihr nicht durch eigenes Verschulden ausgeliefert sind - nicht nur existenzielle Not, sondern ist vor allem eine Ausgrenzungserfahrung. Aus diesem Grunde ist sie auch ein besonders ergiebiger Nährboden der Gewalt. [...]
Eine Situation jedoch, in der die einen Not erleiden, während sich andere reichhaltiger Lebenschancen und guter materieller Ressourcen erfreuen, bedeutet Ausgrenzung und tangiert die Schmerzgrenze. Hier ist über kurz oder lang zwingend mit Gewalt zu rechnen. [...]
Aber auch in Demokratien kann es, z.B. wenn sie ausschließlich repräsentativ funktionerien wie in Deutschland, zu einem Mangel an Partizipation kommen. [...]
Insbesondere Armut im Angesicht von Wohlstand anderer ist eine Ausgrenzungserfahrung ersten Ranges. [...]"
Quelle: Prof. Dr. med. Joachim Bauer (Neurobiologe, Arzt, Psychotherapeut) - "Schmerzgrenze - Vom Ursprung alltäglicher und globaler Gewalt"
Farbliche Hervorhebungen habe ich vorgenommen.
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Die wichtige, unentbehrliche Verfassungsbeschwerde von Ralph Boes - ihr Inhalt, ihre Hintergründe, Ziele und warum es um mehr und anderes als "nur" Hartz 4 darin, dabei geht, siehe Grundrechte, Souveränität, weisungsgebundene deutsche Justiz, Demokratiegefährdung ... - Sabeth schreibt
Allen, die von Hartz 4 noch immer wenig bis keine Kenntnis und vor allem keine eigene Erfahrung damit (gemacht) haben, möchte ich nochmals ausdrücklich Ralph Boes´ Verfassungsbeschwerde (vom Mai...
http://kallisti-dichtet-belichtet.over-blog.com/2017/08/die-wichtige-unentbehrliche-verfasungsbeschwerde-von-ralph-boes-ihr-inhalt-ihre-hintergrunde-ziele-und-warum-es-um-mehr-und-anderes
Die Bertelsmannstiftung und Hartz 4 ... und Korruption.
Über Strafe, das Strafen, Schwarze Pädagogik, Straftäter, das Täter-Opfer-Verhältnis, Reue, Wiedergutmachung ... - Sabeth schreibt
Über Strafe, das Strafen, Schwarze Pädagogik, Straftäter, das Täter-Opfer-Verhältnis, Reue, Wiedergutmachung ... Das Strafen hat wesentlich drei Aspekte, d.h. es soll aus Sicht des Strafenden ...
http://kallisti-dichtet-belichtet.over-blog.com/2017/11/uber-strafe-das-strafen-straftater-das-tater-opfer-verhaltnis-reue-wiedergutmachung.html
Im Zusammenhang mit den hier verlinkten Artikeln und meinen eigenen wiederholten, regelmäßig erfolgenden fb-Beiträgen und blog-Einträgen zum Thema, möchte ich nochmals randläufig anmerken, dass es diesen Kindern aus ökonomisch, nicht: "sozial schwachen" Familien eben deshalb deutlich schlechter geht, weil sie keine soziokulturelle Teilhabe erleben dürfen, ihnen diese verwehrt wird - politisch so gewollt und initiiert wie vollzogen - weil all das stets mit Geldausgeben verbunden ist: Sport, Instrumentalunterricht, Malkurse, Ausflüge, Freizeitunternehmungen, diverse Hobbies, Interessen, Urlaube, also Horizontweitung, neue Eindrücke, unbekannte Orte ..., soziale Kontakte - all das ist nicht möglich in ökonomischer, materieller Armut, denn es kostet letztlich alles - mehr oder weniger - Geld. Schon die zumeist erforderliche Mobilität - ÖPNV (von Auto gar nicht erst zu reden).
Wenn man sich nicht einmal diese Mobilität leisten kann, hat das totale soziale Isolation zur Folge. Gerade auch für die Kinder.
Sie können nichts unternehmen. Und selbst zu Hause mit den Eltern gemeinsam zu basteln, zu backen, Gesellschaftsspiele zu spielen: all das ist mit Geldausgeben verbunden, die Dinge müssen zunächst ja angeschafft werden (ein Grundstock an Bastelmaterial, um kreativ sein zu können, Zutaten zum Backen und Kochen, die Spiele). Das ist häufig auch secondhand noch zu teuer - denn es muss das wenige Geld vor allem für das Nötigste eingesetzt/ausgegeben werden: Nahrung, um einigermaßen satt zu werden (von "gesunder Nahrung" kann hier die Rede nicht sein!), Kleidung (stets nur secondhand für alle), laufende Kosten wie Miete, Strom, Wassergebühren, Telefon. Und dann: ist Ende Gelände. Monat für Monat. Jahr für Jahr.
Keine Kindergeburtstage, keine tollen Geschenke, keine schönen Erlebnisse, keine Leichtigkeit, Unbeschwertheit, kein Gefühl von Sicherheit - somit keine Zuversicht, kein Selbstwertgefühl, kein Selbstvertrauen, keine Resilienz.
Und so: geht eine Kindheit vorüber, irreversibel - wird ein Mensch lebenslang geprägt.
Mit all der Traurigkeit, all der sozialen Isolation, den Ausgrenzungserfahrungen, all den Ängsten - auch diffusen, einfach, aufgrund der belastenden Gesamtsituation, des Erlebens des Belastetseins der Eltern (die dann früher oder später selbst völlig erschöpft sind, auch physisch und/oder psychisch erkranken: Ängste, Depression ...).
Keine Erleichterung, keine Entlastung, keine Regenerationsmöglichkeit, keine: Freude. Nur Druck, Last, Entbehrungen, Isolation.
Anmerken möchte ich außerdem abermals, dass Sorge-Arbeit, sogenannte Reproduktionsarbeit, eine für jede Gesellschaft u n e n t b e h r l i c h e Leistung ist, die nicht deshalb ausgelagert wird (Krippen, Kindergärten etc.), um damit den Frauen "berufliche Selbstverwirklichung" und/oder finanzielle Unabhängigkeit, Selbstbestimmung zu ermöglichen und Kindern "Frühförderung" angedeihen zu lassen - das sind nur die heuchlerischen, manipulativen Vorwände, die Köder, um es den Leuten irgendwie verkaufen zu können, sie zum Folgen zu bringen - sondern einzig, um alles funktional nutzar, kontrollierbar, verwertbar, konsumierbar zu machen, im Klartext: um all dies - Kinder, schon die Kleinsten, ebenso wie ihre Mütter, deren Erwerbstätigkeit - dem Primat der Wirtschaft zu unterwerfen.
Deshalb wird Mutterschaft entwertet, diskreditiert, werden Mütter als antiquierte, klammernde Glucken bezeichnet oder als arbeitsscheu etc..
Daher wird auch Schwangerschaft und Geburt (siehe die Zunahme der Kaiserschnitte) zunehmend als Art zu behandelnde, zu überwachende/zu kontrollierende Krankheit dargestellt, derer sich nicht Frauen, Hebammen, Familie, sondern Ärzte, Apparatemedizin, Kliniken zu "widmen" habe. Alles so kostenintensiv einer- wie lukrativ andererseits. Siehe auch gleichermaßen in der Intensivmedizin ("Beatmungs-WGs" ...) und sogar beim Sterbeprozess.
Es geht um das Spalten, gegeneinander Aufhetzen, Hass, Verachtung, Neid, Gier und Geiz säen. Unzweifelhaft.
Dagegen hilft nur: Empathie, Mitgefühl und Solidarität, Kooperation.
Und dann das Überwinden, Ablegen des Gehorsams durch Zivilcourage.
Streik, Boykott, (digitale) Sabotage, auf der Straße sichtbar werden - als "Menge", als geschlossene Mehrheit.
Davon sind wir hierzulande leider Lichtjahre entfernt.
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Hervorragende Sendung vom 24.10.2019, swr2 - "Was hilft gegen Kinderarmut in Deutschland?"
Stimme allen drei Gästen - Ulrich Schneider, Christoph Butterwegge und Ralph Hartmann - weitestgehend zu.
Mit folgender Ausnahme:
Nein, es hilft n i c h t, Frauen, Mütter, insbesondere Alleinerziehende in Vollzeiterwerbstätigkeit zu pressen und hierzu Kinder in immer frühere, immer längere Fremdbetreuung zu stecken. - Eigenes, umfangreiches Thema.
Das Problem ist unsere Art, im Kapitalismus, zu "arbeiten", zu wohnen, zu wirtschaften - siehe Kleinfamilie, Erwerbstätigkeit (in Vollzeit), zu wenig Zeit, Muße für Beziehungspflege, Persönlichkeitsreifung, soziale Interaktionen, Gemeinschaft, Kooperation, Solidarisieren.
Abhilfe schafft hier cohousing, ein echtes BGE, Suffinzienz, Gemeinwohlökonomie ... - nicht das Auslagern und kapitalistische Verwertbarmachen von Sorge-Arbeit.
Sorge-Arbeit i s t Arbeit: eine für weltweit jede Gesellschaft und Gemeinschaft absolut unentbehrliche. Deshalb muss sie als Arbeit endlich anerkannt und mit existenzsicherndem Einkommen entlohnt, auch monetär wertgeschätzt werden und nicht "ausgelagert" in Kitas, Krippen, Pflegeheime (siehe pflegebedürftige, behinderte und alte Menschen).
Arbeit ist weit mehr und noch anderes als kapitalistisch ausbeutbare Erwerbstätigkeit.
Mensch ist nicht (nur) eine funktionale, funktionalisierbare, ausbeutbare Maschine, kein bloßer Produktionsfaktor.
Menschenwürde - Menschenrechte - Grundrechte
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cohousing - gemeinschaftliches Wohnen, Miteinanderleben in Beziehungen, mit Bezugspersonen, gegen soziale Isolation, generationen- und geschlechterübergreifend - Sabeth schreibt
cohousing: gemeinschaftliches, partizipatives Wohnen, Miteinanderleben in Beziehungen, mit Bezugspersonen, gegen soziale Isolation, generationen- und geschlechterübergreifend, selbstverwaltet ...
http://kallisti-dichtet-belichtet.over-blog.com/2020/05/cohousing-gemeinschaftliches-wohnen-miteinanderleben-in-beziehungen-mit-bezugspersonen-gegen-soziale-isolation-generationen-und-gesc
Warum findet angesichts all dessen in dieser Gesellschaft kein "Aufschrei", kein gemeinsames, solidarisches Demonstrieren von Mittel- und "Unterschicht" gegen Hartz 4, gegen die gesamte Agenda 2010, gegen Niedriglöhne, Leiharbeit, prekäre Beschäftigungsverhältnisse, Armutsrente, massive Sozialbelastungen für Arbeitnehmer (Erwerbstätige in unteren Lohngruppen ...) Steuerschlupflöcher und -vorteile für Superreiche und multinationale Konzerne, Abbau bezahlbaren Wohnraums (auf vielerlei Weise), gegen ökonomische/materielle Armut, die politisch gemacht wurde und die weiterhin zunehmend verschärft, statt behoben wird, statt?
Gegen die systematische Vernichtung ökonomisch armer Menschen (global im Übrigen), die aufgrund dessen "negativ auffällig" werden - aufgrund von Ausgrenzung, Mangel, Entbehrungen, erlebter Verachtung, Not, aufgrund des Überschreitens ihrer Schmerzgrenze - wiederholt, dauerhaft: intensiv.
Warum gibt es hier keinen Aufschrei über die aufgrund von ökonomischer Armut und ihrer Folgen getätigten Suizide, enstehende Obdachlosigkeit, psychisch wie physisch erkrankenden Menschen, gerade auch Kinder?
Könnt ihr diese Folgen, Begleiterscheinungen und Umstände von ökonomischer Armut, von Schmerzgrenze überschreitender Ausgrenzungserfahrung nicht als Mobbing erkennen? Wollt ihr es nicht?
Warum empört sich niemand bzw. nur verhältnismäßig wenige darüber, dass man mit Lebensmittelgutscheinen als Aussätziger, als Schmarotzer Gebrandmarkter in Geschäfte gehen muss und einem die basalsten Dinge gesetzlich legalisiert worden seiend entzogen/verweigert werden (Körperhygieneprodukte, Reinigungsmittel ...), die einem ermöglichen, seine WÜRDE einigermaßen - wenigstens dem Schein nach noch - zu erhalten?
Warum empört sich niemand darüber, dass Haushalten mit Kindern die Leistungen zu 100 Prozent gestrichen werden d ü r f e n! Und diese Kinder dadurch obdachlos bzw. den Eltern entzogen werden - Inobhutnahmen der Jugendämter wegen Kindeswohlgefährdung, obgleich es der Staat ist, der die Kindeswohlschädigung tätigt.
Interessiert es euch nicht?
Glaubt ihr es nicht, haltet ihr es nicht für wahr, was de facto passiert?
Seht ihr es (noch) nicht in ausreichendem Maße - mit eigenen Augen?
Haltet ihr es gar für richtig?
Wartet ihr, bis es "vorbeigeht" - irgendwann geht ja alles vorbei - auch der Faschismus ... ?
Ist es euch noch nicht "schlimm", nicht sensationell, nicht wahrnehmbar brutal genug - braucht ihr erst Leichen in den Straßen oder noch deutlich sichtbareres Elend vor eurer Haustür?
Traut ihr euch nicht, euch als solidarisch zu bekennen, fürchtet ihr eigene Nachteile (beruflich, sozial, gesellschaftlich)?
Ist es also Gleichgültigkeit, Ignoranz, Feigheit, Egomanie und Opportunismus - die euch schweigen und untätig bleiben lassen?
Es tut mir leid: Ich verstehe es tatsächlich nicht. Kann es absolut nicht nachvollziehen.
Es gibt - geringe - Solidaritätsbekundungen und -bezeigungen mit LGBT, mit Geflüchteten, mit Rentnern, mit Flutopfern, gelegentlich noch mit Kindern (der "Dritten Welt") - aber bei Frauen, Obdachlosen, behinderten Menschen, Inhaftierten und Erwerbslosen ist Schluss - mit dem Mitgefühl, dem "Solidarisieren", nicht wahr?
Diese sind doch eigentlich mehrheitlich selbst schuld an ihrer Misere, sie sind eben dumm, faul, asozial, undiszipliniert, arbeitsscheu, Säufer, Schmarotzer usw. - nicht wahr?
Was habt ihr bloß für ein Menschenbild?
Ich möche nochmals darauf hinweisen: Wir sind hier in Deutschland. Eben drum ja ... .
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29. März 2017
Ich habe mal wieder eine entsetzlich naive Frage:
Wenn wir doch jetzt schon eine Weile lang wissen, dass ungefähr die Hälfte aller Klagen, die im Zusammenhang mit Hartz 4 (Bescheiden, Sanktionen ...) erhoben werden, erfolgreich sind, wenn also auch ca. die Hälfte (?) der verhängten und nach wie vor verhängt werdenden Sanktionen sich als rechtswidrig herausstellen, Sozialgerichte entsprechende Urteile verfügen, warum gibt es dann bisher - in 12 Jahren - nur ein einziges Sozialgericht (das Sozialgericht Gotha), das die Verfassungswidrigkeit von Hartz 4-Sanktionen, eigentlich ja auch den zu geringen Regelbedarfen anmahnt und die Sache daher nach oben durchgereicht hat: an die Politik, die dafür zuständig ist, die Regierung (also zunächst an das Bundesverfassungsgericht). ?
Warum taten und tun dies nicht weit mehr Sozialgerichte, die ja eben täglich mit all den rechtswidrigen Vorgängen, die so viele Jobcenter tätigen, befasst sind?
Warum schließen sie sich nicht spätestens jetzt (!) - siehe die bestehende Vorlage beim Bundesverfassungsgericht - dem Sozialgericht Gotha an?
Weil sie so überlastet sind? Nein, gerade deshalb sollten sie sich anschließen und die Ursachen kritisieren, in Frage stellen, also die politische, gesetzliche Grundlage prüfen lassen.
Warum aber findet das nach wie vor nicht statt, sondern nur durch ein einziges Gericht (immerhin erfreulicherweise durch eines also)?
Könnte das ganz eventuell damit zu tun haben, dass die deutsche Justiz weisungsgebunden ist?
Wie sieht das dann aber also aus ... mit der deutschen "Rechtsstaatlichkeit"?
Und vor diesem Hintergrund ist es ja ohnehin schon ein Wunder, dass überhaupt dann doch so viele Klagende bei Sozialgerichten und gegen Jobcenter-Entscheidungen "Recht" zugesprochen bekommen. Aber das ist wahrscheinlich nur zum Zwecke der Beruhigung, des Aufrechterhaltens des Scheins von Rechtsstaatlichkeit.
Man muss sich jedoch darüber im Klaren sein, dass etliche Menschen nicht klagen - können, es sich nicht zutrauen, nicht mal wirklich wissen, ob/dass und wie intensiv sie vom eigenen Staat betrogen werden, weil sie die Abläufe nicht kennen, alleine keine Klagschrift verfassen können, keine angemessene Hilfe für ihre Situation finden usw..
Die Klagen sind also nur die Spitze des Eisbergs.
Wieviele Menschen betrügt und beschädigt der Staat, ohne dass es ans Licht kommt und welche existenziellen Folgen hat das für diese Menschen? ... .
Ich wiederhole mich: Das ist systematische Menschenvernichtung. Weisse Folter. "Sauberes" Töten.
Die Vernichtung der lästigen, verhassten Unterschicht, der "Asozialen", als die man diese Menschen diskreditiert. - Aus Gründen ... .
Und die historischen Hintergründe, Entstehungsgründe dessen kennen wir: "Asoziale, Ballastexistenzen", Schwarzer Winkel, NS-Ideologie.
Faschismus.
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Welche Qualifizierung? Genau diese wird doch seit Jahren von den Jobcentern verweigert, abgewehrt, abgeblockt!
Sie veruntreuen die dafür vorgesehenen Gelder für Verwaltungs- und IT-Kosten und/oder zahlen sie sogar an die Bundesagentur zurück.
Und was genau meint wer hier eigentlich mit "Qualifizierung"?
Gabelstaplerführerschein? Bewerbungs- und "Ernährungstraining"? - Klar, weil man sich von den viel zu niedrigen Regelbedarfen so gesund ernähren und so gut kleiden kann. Und weil das noch umso besser geht, wenn man sanktioniert ist.
"Einen Schubs geben"? - Wohin soll man denn also "geschubst", d.h. wozu mittels üblicher Sanktionsandrohung bzw. Sanktionsvollstreckung gezwungen (siehe Zwangsarbeit!) werden? In Ein-Euro-Jobs? In Niedriglohnjobs, mittels derer man so viel bzw. wenig hat wie im Hartz-Vollzug oder auch weniger oder nur geringfügig mehr? Wobei man dann zumeist - gerade als Alleinerziehende - noch aufstockende Leistungen dennoch weiterhin beziehen muss, also immer unter der staatlichen Fuchtel und Schikane bleibt?
Und wieviele sinnvolle, sinnstiftende, mit Kindern/Familie vereinbare, existenzsichernde Jobs gibt es also? Die man mit welcher Qualifizierung - die das Jobcenter wann ermöglicht - erhalten kann und wird?
Sind das die ganzen Putzjobs, die von massiver physischer wie psychischer Überlastung gekennzeichneten Jobs in der Kranken- und Altenpflege, die unersetzlich sind und dennoch so miserabel entlohnt werden und die durch Schichtarbeit zusätzlich belasten?
Sind das die Jobs an der Discounterkasse, an welcher mehrheitlich Frauen - also auch Mütter - sitzen, die dann bis 22 oder 23 oder sogar 24 Uhr so überaus existenzsichernd und familienkompatibel die Zwangsarbeit leisten, die ihnen mittels fehlender Alternativen oktroyiert wird?
Was genau versteht wer eigentlich unter Fördern, wohin/wohinein wird wer eigentlich "qualifiziert" oder weitergebildet - und: w e r verdient daran überaus lukrativ? Siehe die Weiterbildungsindustrie und ihre korrupten Machenschaften.
Wehren sollen wir uns. Und wie?
Wenn die Widersprüche ohne Rechtsbeistand generell abgewiesen werden, wenn die Sozialgerichte nach eingegangenen Klagen (gegen Jobcenter-Entscheidungen) Klagende - mittels dafür vorgesehenem Formular! - dazu auffordern, die Klage selbst wieder zurückzunehmen (vorgeblich mangels Erfolgsaussicht oder einem "nicht vorhandenen, wichtigen Grund" etc.)?
Wenn die Justiz also weisungsgebunden ist.
Warum haben nicht schon längst mehr Sozialgerichte eine Vorlage ans Bundesverfassungsgericht gesandt - warum bisher nur ein einziges (Gotha)?
Und wenn außerdem auch sämtliche Widersprüche und Klagen keine aufschiebende Wirkung haben, man auf ein Gerichtsurteil aber Monate und J a h r e warten muss - wovon überlebt man in der Zwischenzeit: mit wiederholten Sanktionen, mit Druck, Schikane, STRAFE?
Und wenn man "nebenbei" auch noch eine ausgeglichene, fürsorgliche, fröhliche, vitale (alleinerziehende) Mutter sein soll, eigentlich sein will.
Na klar: noch mehr Druck - nun also durch auch die Jugendämter. Statt dass Jugendämter an die Politik durchreichen, was aus welchen Gründen - materielle Armut und ihre Folgen - in Familien "schiefläuft".
Statt dass Jugendämter, Kindergärten, Schulen und Jobcenter-Mitarbeiter sich mit den Betroffenen solidarisieren und damit das erforderliche Zeichen der Zivilcourage und der Solidarität setzen.
Und statt dass unmissverständlich benannt wird, dass der Staat selbst - durch seine Sanktions- und Exekutivgewalt - genau damit eine aktive, absichtsvolle, vorsätzliche Kindeswohlschädigung tätigt.
Und der Typ (Scheele) ist also SPD-Mitglied. - Warum überrascht mich das nicht? ...
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Hauptgrund für Sanktionen sind Meldeversäumnisse.
Das heißt: Die Menschen gehen nicht zu den Jobcenter-Vorladungen.
Warum nicht? Weil sie sich davor fürchten. Tatsächlich. Weil sie genau wissen, dass ihnen mittels Eingliederungsvereinbarung etwas aufgezwungen wird, das sie nicht wollen, das ihnen nicht wohltut.
Warum wollen sie es nicht? Weil sie nicht blöd sind, obgleich man sie eben dafür hält und erklärt. Sie wissen, dass sie mit Niedriglöhnen nicht überleben können, dass ihnen "Bewerbungstrainings", Gabelstaplerführerschein, Ein-Euro-Jobs und andere Maßnahmen - die einzig dazu dienen, die Arbeitslosenstatistik zu schönen/zu fälschen (denn jeder in einer "Maßnahme" befindliche Erwerbslose, d.h. erwerbslos Gemeldete, darf aus dieser Statistik genommen werden, obgleich er nach wie vor de facto erwerbslos ist und Alg 2/Hartz 4 erhält) - nicht helfen, nicht nützen, sondern sie noch zusätzlich, noch länger schwächen, zermürben.
Was hat all das mit "fördern" zu tun?
Es ist verlogen und Schikane. Und sobald man nicht zustimmt" die EGV nicht unterschreibt, wird man sanktioniert, b e s t r a f t und das häufig mehr oder weniger automatisch wiederholt - immer höher, bis zu eben 100%.
Das i s t Zwangsarbeit. Das ist das "legale" Entziehen von Grundrechten, das ist folglich verfassungs-, grundgesetzwidrig und überdies menschenvernichtend.
Und es ist genau so gewollt: Agenda 2010.
Und es ist unfassbar, dass hier Sozialrecht und Strafrecht ohne Weiteres, vorgeblich "legal", ineinander fließen, dass innerhalb des SGB II tatsächlich Strafrecht vollzogen wird. Denn nichts anderes als Strafe sind diese "Disziplinierungsmaßnahmen" der Jobcenter gegenüber den sogenannten "Kunden".
Und wie lassen sich solche Sanktionen mit dem vorgeblichen Erhalten/Gewährleisten des EXISTENZMINIMUMS vereinbaren?!
Wenn schon der Regelbedarf zu gering ist, als dass er das Existenzminimum sicherte, erfüllte.
Und wie ist es möglich, dass erwachsene Menschen, die aufgrund je inidividueller Beschädigungen (meist schon gravierender, in ihrer Kindheit erlittener) nicht so funktionieren k ö n n e n, wie es von ihnen gesellschaftlich erwartet, gefordert wird, dass sie wie Hunde dressiert werden (siehe Sanktionen), statt ihnen tatsächlich angemessene, bedürfnisorientierte Unterstützung zukommenzulassen:
Meint man allen Ernstes, solche Schikane, solche Misshandlungen (Sanktionen), Beschädigungen, Strafen - absichtsvolles Schmerzzufügen, Gewalt also - würden Menschen dazu bringen, wieder auf die Beine zu kommen, um in den Arbeitsmarkt "integriert" werden zu können?
Nein. Das meint man nicht. Man weiß sogar, dass man lügt, wenn man (Politiker, Jobcenterangestellte) aber eben genau das weiterhin öffentlich verbreitet. Man weiß es. Und tut es trotzdem - weiterhin.
Noch ein Mal: Das i s t Faschismus.
Es geht nicht um die Menschen. Es geht nicht darum, sie zu "fördern", sie zu unterstützen, dass sie ihr Leben wieder oder überhaupt erstmals weitgehend selbständig, selbstbestimmt, selbstwirksam und gemeinwohlförderlich leben können, dürfen.
Darum geht es gerade nicht.
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"[...] Mit Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 26.05.2015 (Aktenzeichen: S 15 AS 5157/14) stellte die 15. Kammer die Unvereinbarkeit von SGB II-Sanktionen mit dem Grundgesetz fest. Dabei sahen die Gothaer Richter in der Regelung des § 31 a i.V.m § 31 und § 31 b SGB II insbesondere eine Verletzung der Menschenwürde und des Grundrechts auf Berufsfreiheit. Das Verfahren wurde dem Bundesverfassungsgericht zur abschließenden Entscheidung vorgelegt. Das Bundesverfassungsgericht hat nun über die Frage der Verfassungswidrigkeit der Hartz IV-Sanktionsregeln und die daraus resultierende Sanktionspraxis der Jobcenter zu entscheiden.
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger bezog Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums nach dem SGB II vom Jobcenter Erfurt. Nach der Ablehnung eines Arbeitsangebots wurden dem Kläger die Leistungen um 30 % des maßgeblichen Regelbedarfs monatlich durch das Jobcenter gekürzt. Nachdem der Kläger weiterhin die Erprobung bei einem Arbeitgeber ablehnte, verhängte das Jobcenter aufgrund der weiteren Pflichtverletzung eine weitere Sanktion und kürzte die monatlichen Leistungen um 60 % des Regelbedarfes. Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers wurde vom Jobcenter Erfurt als unbegründet zurückgewiesen. Daraufhin wurde Klage vor dem Sozialgericht Gotha erhoben.
In dem Beschluss vom 26.05.2015 (Aktenzeichen: S 15 AS 5157/14) führt die 15. Kammer insbesondere aus, dass die gegen den Kläger ausgesprochenen Sanktionen nicht rechtmäßig seien, wenn § 31 a i.V.m § 31 und § 31 b SGB II nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Dabei bezweifelt die 15. Kammer des Sozialgerichts Gotha, dass diese Regelungen mit Art. 1 Abs. 1 GG (Menschenwürde) i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG (Sozialstaatlichkeit) – und den sich hieraus ergebenden Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums vereinbar sei, weil sich das für die Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums maßgebliche Arbeitslosengeld II aufgrund der Pflichtverletzung um 30 % bzw. 60 % des für die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person maßgebenden Regelbedarf mindere bzw. bei weiteren Pflichtverletzungen vollständig entfalle. Die Menschenwürdegarantie verlange aber die Sicherstellung des Existenzminimums in jedem Einzelfall.
Außerdem stünden der Regelung Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG (Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit) und Art. 12 GG (Berufsfreiheit) entgegen. Die 15. Kammer führte hierzu aus, dass Sanktionen zu einer Lebensgefährdung oder Beeinträchtigung der Gesundheit des Sanktionierten führen könnten und daher gegen das Recht auf Leben und körperlicher Unversehrtheit verstießen. Ferner seien in Sanktionen auch Verstöße gegen die Berufsfreiheit zu sehen.
Bedeutung der Entscheidung:
Festzuhalten ist, dass die 15. Kammer des Sozialgerichts Gotha mit dem hier besprochenen Beschluss, die Frage der Verfassungsmäßigkeit der von Hartz IV Sanktionen als bundesweit erstes Gericht dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt hat. Sollte sich das Bundesverfassungsgericht der Rechtsauffassung des Sozialgerichts Gothas anschließen und die Regelung des § 31 a i.V.m § 31 und § 31 b SGB II als verfassungswidrig erachten, wären sämtliche auf § 31 a i.V.m § 31 und § 31 b SGB II gestützte Sanktionsbescheide der Jobcenter rechtswidrig.
Das Bundesverfassungsgericht hat in der Vergangenheit mehrfach die Unverfügbarkeit des subjektiven Rechts auf Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums betont. In seinem Beschluss vom 23.07.2014 (Aktenzeichen: 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13) ging das Bundesverfassungsgericht noch davon aus, dass die Höhe des Hartz IV-Regelsatzes derzeit (noch) verfassungsgemäß sei. Es bleibt daher abzuwarten, wie das Bundesverfassungsgericht die Kürzung des gerade noch verfassungsgemäßen ALG II Regelsatzes um 30 %, 60 % oder gar um 100 % bewertet."
Quelle: anwalt.de - "Sozialgericht Gotha: Hartz-IV-Sanktionen gegen erwerbsfähige Alg II-Empfänger sind verfassungswidrig"
... und so reagierte das Bundesverfassungsgericht auf die Richtervorlage.
"[...] Das Verfassungsgericht wies den Antrag zurück: Entscheidend sei für den Erfolg einer Richtervorlage, dass es für die Entscheidung in der Sache gerade aufkomme, ob die Norm verfassungswidrig ist. Das vorlegende Gericht müsse in der Begründung klar genug deutlich machen, warum es im Falle der Gültigkeit der in Frage gestellten Normen zu einem anderen Ergebnis käme als im Falle ihrer Ungültigkeit.
Um beurteilen zu können, worauf es ankomme, müsse sich das Gericht eingehend mit der Rechtslage anhand der in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassungen auseinandersetzen und zu unterschiedlichen Auslegungsmöglichkeiten Stellung nehmen, soweit sie für die Entscheidung maßgeblich sein können. Außerdem muss das vorlegende Gericht alle tatsächlichen Umstände aufklären, die für die Vorlage von Bedeutung sein können.
Diese Anforderungen habe die Vorlage nicht erfüllt. Zwar werfe der Vorlagebeschluss durchaus gewichtige verfassungsrechtliche Fragen auf. Es sei aber nicht klar, warum es in dem Fall darauf ankam, ob die Sanktionen verfassungswidrig sind. Bei genauerer Prüfung hätte sich auch ergeben können, dass die Kürzungsbescheide aus anderen Gründen unwirksam gewesen sind. Dann wäre es auf die Frage, ob die Sanktionsnorm verfassungswidrig ist, nicht mehr angekommen.
Die Richtervorlage stellt hohe Anforderungen: Das Bundesverfassungsgericht soll sich eben nur dann mit den verfassungsrechtlichen Einwänden eines Gerichts beschäftigen, wenn es tatsächlich darauf ankommt und das Gericht sehenden Auges verfassungswidrig handeln müsste.
Dieser Nachweis ist den Richter*innen des Sozialgerichts Gotha leider nicht gelungen. Sie befinden sich dabei durchaus in guter Gesellschaft, denn etwa 90% aller Richtervorlagen werden abgelehnt.
So bleibt es bei der irrwitzigen Gesetzeslage, dass der Gesetzgeber zwar einerseits ein „Minimum“ einführt, gleichzeitig aber Vorschriften schafft, mit denen dieses Minimum problemlos unterschritten werden darf. Weniger als Minimum – das ist politische Mathematik.
Völlig unverständlich und dem deutschen Rechtssystem wesensfremd ist außerdem, dass die Kürzung bei SGB II-Leistungen offenbar uferlos möglich ist. Eine Reduzierung um 60% wegen zwei Pflichtverstößen sah das Jobcenter Erfurt als verhältnismäßig an. Hier wäre es Aufgabe des Gesetzgebers, wenigstens einen Sanktionsrahmen festzulegen."
Quelle: dgbrechtsschutz.de - "Verfassungsgericht beseitigt Hartz-IV-Sanktionen nicht"
Der demokratische Rechtsstaat Deutschland - wie er Privilegierte, Vermögende hofiert, pampert und die Schwächsten geifernd zur Schlachtbank führt - ohne die geringsten Skrupel.
"[...] Das Papier unter dem Titel »Das Bußgeldverfahren im SGB II«, vorausdatiert auf den 20. Oktober, veröffentlichte der Sozialrechtler Harald Thomé am Montag. Es belegt, wie akribisch und rigide Jobcenter mit dem am Existenzminimum Lebende ab einem Alter von 14 Jahren vorgehen – auch sogar gegen Menschen, die sicher oder vermutet in finanzieller Verbindung zu ersteren stehen. Dafür bedarf es einzig des Vorwurfs, mangelhaft »mitgewirkt« zu haben. Bemerkenswert ist, dass alles in einem Haus passiert: Sowohl die »Feststellung« des Verdachts, »ordnungswidrig« gehandelt zu haben, als auch weitere »Ermittlungen« und die Festsetzung der Geldbuße obliegen dem Jobcenter.
Demnach sollen die für die Betroffenen zuständigen Sachbearbeiter »Verdachtsfälle« erkennen und an die hausinterne Bearbeitungsstelle für Ordnungswidrigkeiten (OWi) weiterleiten. Letztere soll von ersteren mit den Unterlagen des Klienten sowie monatlichen automatischen Datenabgleichen gefüttert werden. Überprüft werden dabei Konto- und Meldedaten sowie Geld- oder Postverkehre mit externen Behörden. Das können das Finanz- oder Grundbuchamt sein, die Kindergeldkasse oder die Rentenversicherung.
Die BA stellt in ihrer Dienstanweisung klar: »Die in einem OWi-Fall ermittelnden Sachbearbeiter besitzen weitgehend dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten.« Sie sollen sich an deren Vorschriften, etwa der Strafprozessordnung, orientieren. Ausgenommen seien »lediglich schwere Eingriffe, wie freiheitsentziehende Maßnahmen«. Selbst wenn am Ende das Bußgeldverfahren eingestellt wird, so geht weiter aus der Weisung hervor, habe der Betroffene, obwohl »rehabilitiert«, seine Auslagen, etwa für einen Rechtsanwalt, selbst zu tragen. Nur auf Antrag könne das Jobcenter nach eigenem Gutdünken entscheiden, ob die Staatskasse doch dafür aufkommen könnte.
Interessant ist die Grundlage im SGB II: Danach wird mit einem Bußgeld bis zu 5.000 Euro bestraft, wer »vorsätzlich oder fahrlässig« eine vom Jobcenter geforderte Auskunft über persönliche Verhältnisse »nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig« erteilt oder in gleicher Weise nicht einer Befragung von Dritten durch die Behörde zustimmt. Letztere Regel wurde mit der am 1. August in Kraft getretenen Hartz-IV-»Reform« hinzugefügt. Die BA beteuerte gegenüber jW, sie richte sich ausschließlich an Leistungsberechtigte und gelte nicht für Dritte.
Selbst wenn das stimmt, regelt der Paragraph in weiteren Punkten, wann gegen welchen Dritten ein »OWi«-Verfahren eingeleitet werden kann. »Arbeitgeber« zum Beispiel müssen mit bis zu 2.000 Euro Geldbuße rechnen, wenn sie von der BA verlangte Auskünfte über aufstockende oder ehemals aufstockende Beschäftigte vollständig oder teilweise verweigern. Sie sind demnach etwa verpflichtet, Einkommensnachweise für das Jobcenters auszufüllen.
In gleicher Höhe kann ein Dritter belangt werden, der »jemandem, der eine Leistung beantragt hat oder bezieht, zu Leistungen verpflichtet ist« oder »für ihn Guthaben führt oder Vermögensgegenstände verwahrt«, wenn dieses den Hartz-IV-Bezug mindern könnte. Ob auch die Mutter eines Beziehers gemeint sein könnte, die für ihn einen Satz Tafelsilber verwahrt, wird nicht näher erläutert. [...]"
Quelle: junge Welt - "Ermitteln auf Verdacht"
"Sanktionsbewehrte Sexfragebögen für Alleinerziehende, Verweigerung von Vorschüssen in Notsituationen, Vermittlung von Terminen nur über kostenpflichtige Hotlines: Die Liste kreativer Ermessensausübung einzelner Jobcenter ist lang und vielseitig. Interne Anweisungen, die derartiges regeln, halten Ämter lieber geheim. Das zeigen Anfragen an Jobcenter, zu denen die Initiative »Frag den Staat« des Vereins »Open Knowledge Foundation Deutschland« aufgerufen hat.
Die Krönung lieferte nun das Jobcenter Nürnberg. Weisungen und Arbeitshilfen seien »geistiges Eigentum« der Behörde. Damit seien sie durch das Urheberrecht geschützt, dürften nicht übermittelt oder veröffentlicht werden, behauptete dieses auf Begehren der Hamburger Linke-Abgeordneten Inge Hannemann. [...]
Gewünscht hatte Hannemann die Übermittlung von internen Arbeitsanweisungen außerhalb von Vorgaben der Bundesagentur für Arbeit (BA). Solche geben die Geschäftsleitungen der Jobcenter intern an Sachbearbeiter aus. Sie betreffen konkret den Umgang dieser mit den Leistungsberechtigten. Trotzdem liest sich die weitere Begründung aus dem bayrischen Nürnberg, als handele es sich um geheime Forschungsprojekte.
So sei die Übersendung derlei Dokumente nicht möglich, da sie von Mitarbeitern »durch Lernen, Forschen, Nachdenken, Lesen oder auch Diskutieren erstellt wurden«, schreibt das Amt. Deshalb hätten sie den Wert von »wissenschaftlichen Arbeiten« und seien als »geistiges Eigentum« der Ersteller anzusehen. Ein solches unterliege dem gesetzlich geregelten »Schutz bestimmter persönlicher Geistesschöpfungen«. Gemäß dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes (IFG) bestehe demnach die Verpflichtung zur Weitergabe von Informationen nicht, erklärte das Amt.
»Ich bin entsetzt über diese Absurdität und Ignoranz«, sagte Hannemann am Donnerstag im Gespräch mit jW. Bei Dienstanweisungen handele es sich keineswegs um wissenschaftliche Arbeiten. »Die werden schließlich praktiziert, und das häufig ganz unabhängig vom geltenden Bundesrecht und zu Lasten der Leistungsberechtigten«, gab sie zu bedenken. Und: Sehr wohl müssten Ämter erklären, auf welche rechtlichen Grundlagen sie derartige Erlasse stützen. Bürger hätten schließlich einen Anspruch auf Einhaltung geltender Gesetze und dürften nicht dazu gezwungen werden, sich »geistigen Schöpfungen« zu unterwerfen. [...]"
Quelle: jungewelt.de - "Amt für Geistesschöpfungen"
"[...] Eine Antwort könnte so aussehen: Wir haben viel erreicht; wir können noch mehr erreichen. Nachdem wir einen totalen Sieg über den Kommunismus, den Sozialismus und die arbeitenden Massen errungen haben, sind wir in der Lage, die Verhältnisse ausschließlich nach unserem Gusto zu gestalten – hier und auch im Ausland. Es wird keine Rücksichten oder Gefälligkeiten mehr geben, nicht für Arbeiter, nicht einmal für die Angestellten oder das mittlere Management. Wir werden eine hohe Arbeitslosigkeit erhalten, um Gewerkschaften und Arbeiter in Schach zu halten. Arbeiter brauchen keinen Lebensstandard, wie ihn die Mittelklasse genießt, mit Hausbesitz, hohem Einkommen und gesicherter Langzeitbeschäftigung. Wir wollen, daß ihr euch mit weniger zufriedengebt. Wir werden die Gewerkschaften, gesetzliche Wirtschaftsregulierungen, Abgaben auf Kapitalgewinne, Gesetze für Mindestlohn, Sicherheit am Arbeitsplatz, Sicherheit der Verbraucher und den Umweltschutz abschaffen. All diese Dinge beschneiden nur den Profit. Wir haben viel; wir können noch mehr haben; wir wollen alles. Wir haben die Schaltstellen des Staates und alle bedeutenden Institutionen fest im Griff; wir wollen nun alle Vorzüge, aber keine Lasten. [...]
Regieren gegen den Willen des Volkes
Darüber wurde schon viel geschrieben, auch von mir, dem Autor von "Tatort Wort". Albrecht Müller von den NachDenkSeiten drückt sich so aus: Es wird immer mehr zum Usus, daß unsere Führungseliten den Willen der Mehrheit mißachten, gegen diesen Willen entscheiden und dann mit massiver Propaganda versuchen, die Menschen zu beeinflussen ... die Selbstverständlichkeit, mit der heute Mehrheitsmeinungen mißachtet werden, ist schon bemerkenswert. Das gilt für die grundsätzliche Frage der Einstellung der Mehrheit der Menschen zu Sozialstaat und zu Solidarität in einer Gesellschaft. Die Mehrheit will das. Die Politik mißachtet das.
Arbeits- und Sozialminister Müntefering ... macht aus der Mißachtung der Wünsche der Mehrheit eine Tugend. "Wenn man von seiner Sache überzeugt ist, muß man dafür werben, andere überzeugen, dafür kämpfen" (gemeint sind Hartz IV, Unternehmensteuer, Rente mit 67). Merkwürdig nur, daß sich der Think Tank Bertelsmann-Stiftung Hartz IV, Unternehmensteuer, Rente mit 67 auf seine Fahnen schreibt. Fest steht jedenfalls, daß Peter Hartz und seine Kommission Hartz I bis IV nicht erfunden hat. Da gab es den Gustav Hartz, ein intellektueller Wortführer der Bewegung zur Zerschlagung des Weimarer Sozialsystems. Den im Unternehmerlager favorisierten Privatisierungsplänen entsprechend, schlug Gustav Hartz in seinem Buch "Irrwege der deutschen Sozialpolitik und der Weg zur sozialen Freiheit" im Jahre 1928 vor, die Sozialversicherung à la Bismarck durch persönliches Zwangssparen zu ersetzen. Gerhard Schröders "Agenda 2010" ist mit der Denkschrift "Aufstieg oder Niedergang", auch herausgegeben im vorigen Jahrhundert vom Reichsverband der Deutschen Industrie (RDI), dem Spitzenverband der industriellen Unternehmerverbände, fast identisch. Erstaunlich viele Elemente aus dem Dritten Reich sind wieder populär oder werden es noch. Erschreckend sind die Parallelen zur Gegenwart. Die Vorschläge, mit denen Unternehmerverbände und Politiker das System der sozialen Sicherung verschlanken wollen, gleichen den schon damals diskutierten und ergriffenen Maßnahmen teilweise bis ins Detail.
Übereinstimmend erklärten die Reichskanzler von damals (Heinrich Brüning und von Papen), den Sozialstaat durch Reformen in der Substanz erhalten zu wollen, demontierten ihn aber Schritt um Schritt. Die Allparteienregierung machte es gestern und die "Große Koalition" macht es heute genauso. Die machtbesessenen SPD-Funktionäre, die nur eine Angst kennen (die Angst um ihre Pöstchen), trauten sich im Vorfeld der Agenda 2010 nicht, Schröder und Eichel zu stürzen, weil sie Angst hatten, sie würden die Macht in Berlin verlieren. Jetzt müssen sie erkennen, daß die SPD mit der Politik von Schröder den Staatskapitalismus installiert hat. [...]"
Quelle: tadema.de - "Wir wollen alles - Regieren gegen den Willen des Volkes"