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Sabeth schreibt

Poesie Melancholie Philosophie Feminismus Anarchismus - non serviam.

Schwarze Pädagogik - Ingmar Bergman als ein Beispiel unter anderen

 
Ingmar Bergman und die Dämonen aus der Kindheit - Schwarze Pädagogik ...
 
Ingmar Bergmans Filme sind selbstverständlich ein Lehrstück, veranschaulichen sie doch so demonstrativ wie intensiv, was Schwarze Pädagogik, was patriarchalisches Verhalten - also massive psychische wie zumeist auch physische Gewalt - was gerade auch religiöse Indoktrinierung insbesondere bei Kindern für katastrophale, lebenslang wirksame Folgen, Beschädigungen nach sich zieht: welche gravierenden Persönlichkeitsstörungen (siehe bspw. pathologischen Narzissmus, Psychopathie ...), Angststörungen, Depressionen sowie auch wiederum Sadismus, Masochismus (siehe Identifikation mit dem Aggressor, Internalisierung, Introjektion ...) daraus hervorgehen, welches massiv gestörte Verhältnis zu sich selbst, zu eigenen emotionalen, leiblichen, sexuellen Bedürfnissen, Wünschen und ganz besonders bekanntlich auch: welches katastrophale Frauenbild mit wiederum welchen Folgen.
 
All die Leib-, Lust- und Genussfeindlichkeit, all die Empathielosigkeit, all die Härte, Strenge, Kälte, all diese Gewalt, dieser Sadismus drücken nur in aller Deutlichkeit aus, wie falsch diese Art des Umgangs, des Verhaltens ist und nur sein kann. Und ja, auf diese Weise ließen und lassen sich vor allem gehorsame Untertanen heranziehen (nicht nur, aber auch Soldaten ...). Auf diese Weise ließ sich Macht über Menschen ausüben, konnte man sie instrumentalisieren, unterwerfen, ausbeuten - misshandeln, vernichten: psychisch wie zumeist auch physisch.
 
Wieviele in solcher Weise beschädigte Künstler (Maler, Schriftsteller, Musiker, aber auch Philosophen) - und hierbei vor allem Männer - legen durch ihr Werk Zeugnis hiervon ab, so auch Ingmar Bergman, der seinereits als Kind auf die oben genannte Weise beschädigt wurde - wie wir dies auch von Hitler, Stalin, Nietzsche ... wissen.
 
Und nochmal:
Nein, Schwarze Pädagogik ist es nicht nur oder erst dann, wenn Kinder physisch "gezüchtigt", misshandelt werden - es fängt bereits bei Druck, Zwang, Kontrolle, Härte, Strenge, emotionaler Kälte, Verweigerung, Bestrafung, Dressur an - immer dann also, wenn nicht bedürfnisorientiert mit einem Kind, einem Menschen umgegangen wird, wenn er stattdessen dressiert, instrumentalisiert, unterworfen wird (und werden soll) - wenn er gedemütigt, absichtsvoll verletzt, entwertet wird. Wenn der Verletzende dabei einen Lustgewinn hat, physische und/oder psychische Befriedigung verspürt, so handelt es sich darüberhinaus bekanntlich um Sadismus.
 
Und genau das finden wir auch durch strukturelle, staatliche Gewalt (Exekutive) und Freiertum/Frauenkauf getätigt sowie auch in Pornographie.

Und wir finden es auch im Mangel an Mitgefühl mit Fremden, Geflüchteten und es drückt sich auch bspw. in einem Verhalten aus, das Kinder und Eltern absichtsvoll voneinander trennt - eigentlich immer dann, wenn Strafe - sogenannte "Disziplinierung" - getätigt wird.
 
Solches Verhalten ist s t e t s demonstrativer Ausdruck intensiven eigenen Beschädigt(worden)seins. Immer.
 
Ein Mal mehr sei auf Alice Miller, Erich Fromm, Arno Gruen, Sandor Ferenczi verweisen, denn:
Man muss dieses "Phänomen" des patriarchalen, gewaltvollen, sadistischen, narzisstischen, generell kompensatorischen Verhaltens (siehe auch Machtstreben, Gehorsam ...) grundsätzlich psychoanalytisch betrachten, um Ursachen, Folgen, Zusammenhänge verstehen und um im Anschluss vor allem p r ä v e n t i v angemessen vorgehen zu können.
 
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31. August 2023
 
Zu oben verlinkter Sendung br radioWissen, vom 21.08.2023 - "Erziehung früher - Das sagt die Bindungsforschung heute"
 
Ein Säugling und/oder Kleinkind, das nicht mehr weint, schreit, protestiert, um Hilfe ruft, hat resigniert, ist: traumatisiert. Lebenslang beschädigt. Massiv.
 
Johanna Haarer - Schwarze Pädagogik, Sadismus, Folter.
 
Etliche sogenannte "Erziehungsratgeber" sind eine absolute Vollkatastrophe - raten zu Zwang, Druck, Kontrolle, psychischer Gewalt, emotionaler Kälte, Empathielosigkeit, Unterdrücken von Mitgefühl. So beschädigt man Kinder: lebenslang.
Siehe bspw. sogen. Erziehungsratgeber wie "Jedes Kind kann schlafen/essen lernen" und ähnlich grausame, gewaltvolle, beschädigende, destruktive Dressurmethoden.
 
Ich wiederhole es deshalb nochmal: Das Problem ist nach wie vor die Ehe, Kleinfamilie und immer frühere, immer längere Fremdbetreuung.
Alle Menschen brauchen lebenslang mehrere Bezugspersonen, Bindungspersonen, nicht: Betreuungspersonal.
 
Das afrikanische Sprichwort "Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind großzuziehen." meint nicht, Kinder seien so schwierig, weshalb es mehrerer Erwachsener bedarf, aber durchaus, dass Sorge-Arbeit Arbeit ist und dass die Kinder eben mehrere verschiedene Bezugspersonen brauchen.
 
Und nochmal: Wir könnten das durchaus ändern, überwinden: Ehe, Kleinfamilie, Fremdbetreuung. Bspw. durch cohousing.
 
Kein Mensch, gleich welchen Geschlechts und Alters, sollte ein Kind oder gar mehrere Kinder allein, als einzige, alleinige Bezugsperson, umsorgen müssen. Sorge-Arbeit (emotional, sozial, physisch, psychisch, organisatorisch ...), Fürsorge, Verantwortung, Kindeswohl, Elternwohl.
 
Nein, bezahltes Betreuungspersonal in Kita, Krippe, Kindergarten, Schule ... ist n i c h t dasselbe wie, auch nicht annähernd vergleichbar mit (idealerweise langjährig bekannten, vertrauten, zugewandten, wohltuenden) Bezugspersonen.
 
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"[...] Frühzeitig hat Ferenczi ein Gespür dafür, welche sozialen Umstände neurotische Entwicklungen begünstigen können, und sucht im Sinn einer Neurosenprophylaxe auf die Pädagogik einzuwirken. Aus seiner Sicht dient alle bisherige Pädagogik vor allem der Verdrängung und fördert damit die Entstehung von Neurosen. Sinnvolle Psychohygiene im Kindesalter käme Ferenczi zufolge einer der größten Revolutionen in der Menschheitsgeschichte gleich. Das meint neben sexueller Aufklärung vor allem die Bekämpfung von Autoritarismus und Gewalt in der Erziehung. Dabei braucht jede Erziehung als Grundlage eine philosophische Menschenkunde, die nichts am Menschen verharmlost und verdrängt. „Die Überstrenge schützt den Moralisten vor der Einsicht in sich selbst und ermöglicht ihm zugleich das geheime ,Ausleben‘ einer seiner verdrängten unbewussten Wünsche, der Aggressivität“, schreibt Ferenczi in „Bausteine der Psychoanalyse“. „Die unverhüllte Einsicht in die wahre und volle Natur des Menschen“ sieht er als einziges Heilmittel gegen Neurose und Verdrängung. Eine psychoanalytisch fundierte Kindererziehung könnte den Menschen ein ruhiges und heiteres Leben ermöglichen, „das bei Tage nicht durch überflüssige Ängstlichkeit, bei Nacht nicht durch Angstträume gequält ist“. [...]
 
1909 veröffentlicht Ferenczi seine Arbeit über „Introjektion und Übertragung“. Der Patient entwickelt in der Therapie eine „Übertragungsneurose“. Dabei zeigen sich seine Schwierigkeiten durch Nachbildungen und Neuauflagen unbewusster Affekte, frühere Beziehungspersonen werden durch den Analytiker ersetzt. Doch die Neigung zur Übertragung äußert sich laut Ferenczi nicht nur in der Therapie. Der neurotische Mensch leidet vielmehr an einer „Übertragungssucht“, die ihn die Realität nicht oder nur verzerrt wahrnehmen lässt. In diesem Übertragungszwang kommt ein Hunger nach Objekten und Identifikation zum Vorschein. Demgegenüber „projiziert“ der paranoide Patient lästige Gefühlsregungen in die Außenwelt. Während dieser sich „engherzig“ und misstrauisch von allen Seiten verfolgt glaubt, nimmt der neurotische Patient Teile der Außenwelt „weitherzig“ in sich hinein, er „introjiziert“ sie. Aus diesen Beobachtungen schließt Ferenczi, dass der Paranoide an einer Ichschrumpfung, der Neurotiker dagegen an einer Icherweiterung litten. [...]
 
Freud hat allgemein davon gesprochen, dass jeder Mensch eine Entwicklung vom Lustprinzip zum Realitätsprinzip durchmachen müsse. Wie diese Veränderung sich vollzieht, ist jedoch nicht bekannt. Nach Ferenczi ist das Kind im Mutterleib allmächtig, es hat alles, was es will. Nach der Geburt lernt es unter dem Druck der Verhältnisse zunehmend Innen- und Außenwelt zu unterscheiden. Mit dem Ende der Herrschaft des Lustprinzips soll laut Ferenczi die Illusion von Allmacht einer Anerkennung der Wirklichkeit Platz machen. Dagegen versuchen neurotische Menschen, durch Leugnung der Realität, Teile der ursprünglichen Allmacht zu bewahren. Im Unterschied zu Alfred Adler hält Ferenczi Minderwertigkeitsgefühle nicht für etwas Primäres, sondern für eine Folge fortbestehenden Allmachtsstrebens. [...]
 
Ferenczis Arbeit „Das Problem der Unlustbejahung“ (1926) knüpft an seine Beschäftigung mit dem Wirklichkeitssinn an. Dabei regt Freuds Studie über „Die Verneinung“ (1925) ihn zu weiteren Überlegungen an. Verneinung ist der Verdrängung verwandt. Hier wie dort wird abgewiesen, was dem Ich nicht angenehm ist. Wenn Teile der Wirklichkeit sich als „verdrängungsresistent“ erweisen, greift das Ich zum Hilfsmittel der Verneinung, einem Mittel, das dann zum Einsatz kommt, wenn Verdrängung nicht ausreicht: „In dem Negativismus, der Beseitigungstendenz, sehen wir also noch immer die verdrängenden Mächte, die im Primärvorgang zur vollen Ignorierung jeder Unlust führen, am Werke.“ Doch „die Unlust wird nicht mehr ignoriert, sondern als Negation immerhin Teil der Wahrnehmung“. Der neurotische Patient verdrängt und verneint im Übermaß, was letztlich seinen Wirklichkeitssinn schwächt und Entwicklung behindert. Therapie ermöglicht Unlusttoleranz durch „Neuordnung“ von „Gefühlseinstellungen“: An die Stelle von Angst und Aggression tritt das Primat des Eros. Die entwickelte Psyche verneint und bejaht und wird so ihrer Aufgabe als Orientierungsorgan gerecht. [...]
 
Misserfolge in der Therapie lastet Ferenczi nicht dem Widerstand des Patienten an. In „Zur psychoanalytischen Technik“ (1919) unterscheidet er drei Phasen der Gegenübertragung. In den „Honigmonaten der Analyse“ identifiziert der Analytiker sich mit dem Patienten. Nach ersten Enttäuschungen droht die Gefahr, dass der Therapeut eine ablehnende und reservierte Haltung einnimmt, welche die Übertragung des Patienten behindert. Erkennt der Therapeut diesen Zusammenhang, kann er in einer dritten Phase seine Gegenübertragung bewältigen und einen Mittelweg zwischen Anteilnahme und allzu ängstlicher Kontrolle seiner eigenen Gefühle gehen.
 
Von 1919 bis 1926 propagiert Ferenczi die „aktive Technik“ in der Psychotherapie. Dabei verfolgt er das Ziel, die sich oft über Jahre erstreckenden Behandlungen zu verbessern und zu verkürzen. Zwischen den beiden Polen „Gewähren“ und „Versagen“ neigt Ferenczi zunehmend dazu, dem Gewähren den Vorrang einzuräumen. Zwar soll der Analytiker für seine Patienten Vater und Mutter sein, doch die mütterliche Komponente tritt immer mehr in den Vordergrund. [...]"
 
Aus dem Deutschen Ärzteblatt zitiert, farbliche Hervorhebungen habe ich vorgenommen.
"[...] Ferenczis Änderungen der Behandlungstechnik, seine "Kinderanalyse mit Erwachsenen", sein Einsatz "mütterlicher Freundlichkeit", sein Zulassen körperlichen Kontakts weckten Freuds Argwohn, dass Ferenczi "mit seinen Patientinnen Mutter und Kind spielt", dass "das ganze Repertoire (...) der petting-parties" in die "Technik der Analyse" wandern könnte. So wurde der therapeutische Abweichler nach seinem Tod 1933 lange Zeit kaum erwähnt. Heute jedoch berufen sich Traumatherapeuten unterschiedlicher Ausrichtung auf Ferenczis Einblicke in die Seele früh traumatisierter Menschen. Die zweite Stunde handelt deshalb von 'modernen' Symptomen und Problemen, von (inneren) Kindern, Müttern, Vätern und Tätern. Muss - und soll - das Trauma 'aufgedeckt' werden? Wovon muss der Patient, die Patientin verschont werden? Wovon die Behandlung, die Behandler? [...]"
 
Quelle: oben verlinkter Beitrag des Deutschlandfunk - "Von den toten Zonen des Selbst", Sándor Ferenczi
Alice Miller über Sadismus, Autoritarismus, Erziehung und Folgen - nach wie vor: Rache, Strafe, Gewalt, Wut, Hass, Liebesunfähigkeit, Mangel an Mitgefühl, Identifikation mit dem Aggressor, Introjektion, Internalisierung
 
"[...] Die späteren Massenmörder sind mit Sicherheit auf grausame Art und Weise von ihren Eltern terrorisiert worden, niemand war da, der ihnen nur einen Funken Mitgefühl oder Zuwendung entgegengebracht hätte. Brutalität; Grausamkeit und Demütigung waren allgegenwärtig, die Kindheit bestand aus nichts anderem. Die Grausamkeit war einfach Normalität, eine Selbstverständlichkeit. Genau so wie man das erlernt, was wir “Humanität” nennen, erlernt man die Grausamkeit. In einem absolut lückenlosen System, das keinerlei Aussicht auf etwas anderes zulässt, entstehen die sogenannten Monster, die einen unglaublichen Hass und Vergeltungswünsche mit sich herum tragen. Dieser Überdruck wartet nur darauf, um sich entladen zu können. Der Hitlerfaschismus bot hier die beste Gelegenheit, zumal der Antisemitismus Tradition hatte.
 
Wir haben bereits den Bürgerkrieg in den 90iger Jahren in Ruanda erwähnt und ich habe in “Evas Erwachen” (2001) auf die routinemäßigen Klapse im Zusammenhang mit der Reinlichkeitserziehung hingewiesen. Die Klapse bereiten das Erlernen des sehr frühen Gehorsams und der späteren Grausamkeit vor. Einem Kind wird durch Gewalt verboten, auf seine natürlichsten Bedürfnisse angemessen zu reagieren. Dann geht es weiter bis hin zur Rache an Unschuldigen. [...]
 
Die Deutschen geben sich so geläutert. Man möchte meinen, seit dem 8. Mai 1945 gab es keinen Sadismus mehr in Deutschland. Er verschwand über Nacht, man weiß nur nicht wohin. Ist es nicht so, dass dieser Sadismus weiter gärte, sich nach dem Krieg weiterhin in den Kinderzimmern ein Ventil suchte? Gerade Menschen, die zwischen 1940 und 1970 geboren wurden, fangen nun an, über entsetzliche Vorkommnisse in ihren Elternhäusern zu berichten. Es handelt sich hierbei um Kinder von Menschen, die ihrerseits von Eltern aufgezogen wurden, die zumindest durch die eigene Erziehung den Sadismus aufgesogen haben wie ein Schwamm.
 
Gleichzeitig lernten diese Menschen, den Sadismus ihrer Eltern als Wohltat anzusehen. Ihre Frage ist sehr wichtig: Was ist mit dem Sadismus geschehen, dem wir im letzten Krieg so häufig begegnet sind und den Goldhagen so genau beschreibt? Mir scheint Ihre Hypothese richtig, die Menschen, deren Wahrheit sich z.B. in vereinzelten Berichten und Internetforen abzeichnet, haben diesen Sadismus oft bei ihren Eltern zu spüren bekommen, aber so früh, dass sie sich noch kein Urteil darüber zutrauen, meistens zumindest. Und nur ein ganz winziger Teil dieser Opfer getraut sich überhaupt an die Öffentlichkeit. Es bleibt abzuwarten, ob zunehmend mehr Menschen den Mut aufbringen, über ihre Kindheit zu berichten.
 
In diesem Zusammenhang ist es wichtig, noch einmal darauf hinzuweisen, dass bereits dann eine grenzenlose Wut in einem Menschen entstehen kann, wenn seine echten Bedürfnisse von Anfang an nicht beantwortet, sondern ignoriert und unterdrückt werden. Bereits das ist eine Verstümmelung des emotionalen Lebens, die dauerhaft sein kann. Viele Menschen werden bei auf diese Art emotional verarmten Eltern aufgewachsen sein. Solche Eltern können nicht lieben, selbst wenn sie es wollen. [...]
 
Indem er als Kind blind bleiben muss für den Sadismus der Eltern, die diesen Erziehung nennen. Indem das Kind notgedrungen alle Gefühle in sich erdrosseln muss, um überhaupt überleben zu können. Schon die Eltern verbieten ja den Ausdruck der Gefühle, machen Jagd auf die authentischen Reaktionen des Kindes. Aber auch das Kind muss jede Empfindung ins sich abtöten. Es lernt übrigens auch bei den empfindungslosen Eltern, dass dieser Zustand angeblich normal ist. Wenn der Erwachsene später umgeben ist von ebenfalls fühllosen Menschen, wie soll er auf die Idee kommen, dass er einen tiefgreifenden Schaden genommen hat? Im Deutschland Hitlers waren ja auch die Fühllosigkeit, die Härte, das Eiserne, die Rücksichtslosigkeit sich selbst und den nächsten Angehörigen gegenüber das Ideal schlechthin. Wer fühlen konnte, war krank, entartet, verweichlicht und untauglich.
So konnten die meisten Deutschen nicht erkennen, dass die Verfolgung der Juden ebenso wahnsinnig wie sadistisch und pervers war. Sie glaubten, sich vor den Juden retten zu müssen. [...]
 
Sigrid Chamberlain beschreibt in ihrem sehr lesenswerten Buch “Adolf Hitler, die deutsche Mutter und ihr erstes Kind” das Erziehungssystem der nationalsozialistischen Pädagogin Johanna Haarer, deren Pädagogik geradezu darauf ausgerichtet war, die natürlichen Bedürfnisse des Säuglings und Kleinkindes zu bekämpfen. Das Kind soll auf keinen Fall verwöhnt werden, nicht verweichlicht durch mütterliche Zärtlichkeiten. Gehen wir also davon aus, ein Kind wächst in einem Klima heran, in dem sämtliche Bedürfnisse angefangen bei der Verdauung und der Nahrungsaufnahme einer rigiden Kontrolle unterworfen sind.
Vielleicht hat es Glück und wird lediglich mit Klapsen bestraft und nicht grün und blau geschlagen. Es wird auch nicht sexuell belästigt. Aber es verliert durch die elterliche Ignoranz jeden Kontakt zu seinen Bedürfnissen. Vor allem wird sein Bedürfnis nach körperlicher und seelischer Nähe torpediert. Produziert nicht im ungünstigen Fall allein ein solches Erziehungssystem, das auch nach dem Krieg von vielen Müttern und Kinderpflegern mit dem besten Gewissen vertreten wurde, Erwachsene, die völlig versteinert sind, deren emotionales Leben abgestorben ist?
 
Ja, der Mangel an Zärtlichkeit und Kommunikation kann weder in der Kindheit noch später erlebt, benannt, betrauert werden, weil all das unbekannt bleibt. Dennoch hinterlässt er offenbar Minenfelder in der Psyche dieser Opfer, die für die eigenen Kinder (oder unter entsprechenden Voraussetzungen sogar für ganze Völker) zu einer großen Gefahr werden können. Der Mangel, der Hunger, die innere Verelendung werden von Generation zu Generation weiter gegeben, solange sie nicht durchschaut werden können. Jedenfalls sehe ich darin eine Gefahr. [...]"
 
 
Farbliche Hervorhebungen habe ich vorgenommen.
Arno Gruen - "Der Verrat am Selbst - Die Angst vor Autonomie bei Mann und Frau"Arno Gruen - "Der Verrat am Selbst - Die Angst vor Autonomie bei Mann und Frau"

Arno Gruen - "Der Verrat am Selbst - Die Angst vor Autonomie bei Mann und Frau"

11. September 2023
 
Arno Gruen - "Der Verrat am Selbst - Die Angst vor Autonomie bei Mann und Frau"
In Kindheit erlittener und indoktrinierter sowie internalisierter Autoritarismus und Folgen dessen. Siehe auch bei Erich Fromm, Alice Miller, Wilhelm Reich.
 
Es sind übrigens keineswegs nur oder generell die Eltern, die Autoritarismus und toxische Männlichkeit (Macht, Kontrolle, Herrschen, Ausbeuten, Chauvinismus ... - also Kompensationsverhalten) indoktrinieren und Mitgefühl schwächen, sondern vor allem patriarchale Religionen, Ideologien.
 
Wer gehorsame, folg-, fügsame, funktionale Untertanen, Knechte, Sklaven, Arbeiter, Soldaten, abrichtbare Objekte, Menschenmaterial will, muss Menschen selbstredend Empfindsamkeit, Mitgefühl, Autonomiestreben austreiben - zumeist mittels psychischer, oft auch physischer Gewalt.
 
Und so wurde, wird ein Kult installiert:
Der Krieger gilt als Held, als "stark, hart, gestählt", schier, zumindest scheinbar unverwundbar. Gefühle, Sensibilität, Feingefühl, Empfindsamkeit, Mitgefühl, Ambivalenz, Angst, Schmerz, Bedürftigkeit werden da verachtet.
Verpanzerung.
 
"(...) Um diese Spaltung dann aufrechtzuerhalten, muss Hilflosigkeit zum Objekt der Ablehnung und des Hasses werden. (...)
So rächt man sich an allem, was die eigene Hilflosigkeit hervorrufen könnte. Deswegen verachtet man Hilflosigkeit bei anderen. Dieses Verachten verbirgt die dahinter stehende eigene Angst und fördert zugleich die Haltung des Verachtens und die Notwendigkeit einer kompensierenden Ideologie der Macht und des Herrschens. (...)
Und so wird alles, was zu einem eigenen Ansatz zur Autonomie führen könnte, gehasst.
 
Der unablässige Drang nach Erfolg und Leistung tritt an die Stelle der Autonomie. Aber Autonomiebestrebungen werden nicht nur abgelehnt, weil sie solche Menschen an ihre eigene Unterwerfung erinnern könnten. (...)
 
Tschechow verstand, dass Feindseligkeit, Bösartigkeit und Sadismus das Ergebnis von Hilflosigkeit und Selbstverachtung sind; (...)
 
Solange wir das Ausmaß, in dem Konventionen akzeptiert werden, zum Maßstab seelischer Gesundheit machen, übersehen wir, dass Konventionen unter Umständen Forderungen dienen, sich Irrtümern und Lügen zu unterwerfen. (...)
 
In unserer Welt gelten die als die Erfolgreichsten, die sich dieser Pseudo-Realität am besten anpassen. Und die, die sich am besten anpassen, sind wiederum jene, die am meisten von ihren Gefühlen abgeschnitten sind. Auf diese paradoxe Art verbirgt hier Erfolg den Irrsinn einer abgretrennten Gefühlswelt. (...)
 
Die Lektion aus der Kindheit ist, dass die Macht, zuerst durch die Eltern erlebt, den Ausweg aus einer verschmähten Hilflosigkeit verspricht. (...)
Freiheit meint dann Erlösung von, nicht Verbindung mit den eigenen Bedürfnissen. Dadurch wird Freiheit in ein Streben nach Macht pervertiert, das heißt in ein Streben nach Eroberung von Dingen außerhalb des zurückgewiesenen Selbst. Der Besitz von Dingen und Lebewesen wird, so verspricht es uns die Gesinnung unserer Kultur, uns Sicherheit bringen. Tatsächlich aber trennen unsdie daraus entstehenden zahlreichen künstlichen Bedürfnisse nur noch mehr von uns selbst. (...)
 
Dass der Gehorsam gegenüber Macht und Autorität zu einer allgemeinen Verneinung der eigenen menschlichen Gefühle führt, wird auch durch das berühmte Experiment veranschaulicht, das S. Milgram (...) durchgeführt hat. (...)
 
Er möchte die Macht haben, die es ihm ermöglichen würde, der Wirklichkeit der Gefühle und Bedürfnisse anderer wie der seiner eigenen zu entgehen. Das ist seine (und eine unausgesprochene gesellschaftliche) Idee von Freiheit (...).
Dadurch wird unsere Empfindsamkeit verschüttet. Der wahre Sachverhalt ist der, dass man dem eigenen Leiden entkommen möchte. Denn man hat nicht die Kraft, das eigene Leid oder das der anderen wahrzunehmen. (...)"
 
Siehe Glaube, "Gott", Drogen, Sucht: Betäubung, Flucht, Unreife.
 
"Die Schlussfolgerung drängt sich auf, dass in unserer Gesellschaft die wirklich Schwachen nicht diejenigen sind, die leiden, sondern jene, die vor dem Leiden Angst haben. Die Menschen, die am erfolgreichsten angepasst sind, sind die eigentlich Schwachen. Darum propagieren sie seit Jahrtausenden den Mythos, dass Empfindsamkeit Schwäche sei. (...)
Sie sind die eigentlichen Träger einer verzerrten Realität, das heißt der Ideologie der Macht und des Herrschens."
 
Siehe Autoritarismus, Patriarchat. Selbstbetrug, Kompensation, Unreife.
 
"(...) den Versuch, Stärke ausschließlich durch die Identifizierung mit der unterdrückenden Autorität zu finden  (...)"
 
Siehe Identifikation mit dem Aggressor.
 
"Kein Ringen um Selbstverwirklichung kommt zustande."
 
"Nur wenn wir den Hilfesuchenden nicht als ein Objekt des Besitzes gebrauchen (...), nur wenn wir dem anderen als einem anderen Menschen entgegenkommen, nicht um uns mächtig zu fühlen, sondern weil sein Leid unsere Sympathie auslöst (...)"
 
M I T G E F Ü H L !
 
"(...) nur dann, wenn wir riskieren, unsere gemeinsame Menschlichkeit anzuerkennen, werden wir Autonomie (...) freisetzen."
 
Mit "Menschlichkeit" meint Arno Gruen hier Bedürftigkeit, Verletzlichkeit - Mensch sein.
 
"Grundlegend für das Verhalten des Mannes in unserer Kultur ist die Angst vor Hilflosigkeit, Schwäche und Verwundbarkeit."
 
Ich würde sagen: die Angst vor Bedürftig- und Verletzlichsein. Vor also: Leid und Angewiesensein auf andere Menschen, auf Beziehung, Liebe.
 
"Er kann sie sich aber nicht eingestehen, da seine Metaphysik des Seins auf Heldentum zielt. Sogar wenn er Heldentum für sich selbst nicht für möglich hält, bleibt es immer noch sein Wertmaßstab. Seine Selbstachtung ruht deswegen auf dem Image seiner Wichtigkeit, also wirklicher oder auch nur eingebildeter Macht, für deren Bestätigung er Bewunderung benötigt. (...)
 
D.H. Lawrence gibt uns in seinem Roman `Der Regenbogen´ ein Proträt solch einer Frau in der Person der jungen Lehrerin Winnifred Inger. Er lässt sie sagen: `Die Männer ... machen viel Getue und reden, aber in Wirklichkeit sind sie hohl. Sie pressen alles in eine wirkungslose Schablone. Liebe ist für sie eine tote Vorstellung. Sie kommen nicht zu einem und lieben einne, sie kommen zu einer Vorstellung (...), so lieben sie sich selbst. Als ob ich irgendeines Mannes Vorstellung wäre! (...)
Als ob ich von ihm verraten sein will, ihm meinen Körper als ein Instrument für seine Vorstellung leihen will, um nur ein Apparat mehr für seine tote Theorie zu sein ... (...)´
Statt wahre Intimität zu suchen, zielen wir auf Bewunderung. Aber dadurch rührt niemand den anderen an.
(...) dadurch wird Sex zum Mittel (...). Dass dies ein Akt der Destruktivität und nicht der Liebe ist (...). (...)
 
Wenn die Hilflosigkeit eines anderen Menschen unsere eigene anrührt, wir diese aber verneinen, weil wir sie als unsere eigene Schwäche verurteilen, erregt das Opfer in uns Selbsthass. In der Hilflosigkeit verwandelt sich unsere Angst in Wut auf den Unterlegenen.
Das Opfer spiegelt unser eigenes gehasstes Selbst wider. Wir machen das Opfer für unsere `Schwäche´ verantwortlich. Dieser Mechanismus hat eine lange entwicklungsbedingte Vorgeschichte. Es ist die Rache für unsere eigene verdrängte Demütigung. (...)"
 
Zitiert aus: Arno Gruen - "Der Verrat am Selbst - Die Angst vor Autonomie bei Mann und Frau"
 
Und deshalb nochmal zur Erinnerung:
"Das Böse" gründet sich auf Mangel an oder gänzliches Fehlen von Mitgefühl. Siehe malignen Narzissmus, Sadismus, Psychopathie, antisoziale PKST.
 
Mitgefühl, Liebesfähigkeit - nicht "Gott", Glaube, Aberglaube, Esoterik, Mystik, Religion, Ideologie, Selbstbetrug, Flucht, Krücke, Unreife.
 
Nein, nicht: "Wenn Gott tot ist, ist alles erlaubt." (Dostojewski, Karamasow-Gesetz) Sondern: Wenn das jedem Menschen angeborene Mitgefühl betäubt, abgestumpft, nicht mehr intakt ist, wird jede Grausamkeit, Brutalität, Barbarei, Hass möglich und: ausagiert.
 
Wir fühlen beim Mitfühlen e i g e n e n Schmerz. Was bitte auch sonst?!
 
Intrinsisch motivierte, n i c h t religiös, ideologisch oktroyierte, indoktrinierte Moral - ist das jedem Menschen wie auch anderen Primaten angeborene Mitgefühl.
Keine Moral, keine Ethik, keine Liebe, keine Versöhnung, kein Frieden ohne Mitgefühl.
 
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