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Sabeth schreibt

Poesie Melancholie Philosophie Feminismus Anarchismus - non serviam.

Über den Geiz und die Gier

 
update 27. Oktober 2020
 
Es kann viele Gründe dafür geben, warum ein Mensch unglücklich ist. Ein Mensch aber, der nicht lieben kann, wird niemals glücklich (lebenszufrieden), friedvoll, erfüllt sein können.
 
Das "Glück", das Erfülltsein liegt im zugewandten, herzlichen, fürsorglichen Geben und Teilen. Wer nur nimmt, wird niemals "satt" - zufrieden, erfüllt sein, denn Gier ist unstillbar. Und sie geht stets mit Geiz und Selbstsucht einher.
 
Wer nicht lieben kann, dem ist ein ganzes Universum unzugänglich, verschlossen. Unerreichbar. Er kann nur "unglücklich" sein und dies stets bleiben.
 
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Erich Fromm: "Der passive Mensch ist der ewige Säugling. Ob er nun konsumiert: Zigaretten, Bier, Wein, Alkohol, Frauen oder Männer, Bücher, Zeitungen, Television - alles, es kommt gar nicht darauf an (...).
 
Die Haltung des offenen Mundes, des Säuglings, der auf die Flasche wartet und dann wird er langsam befriedigt. Er hat nichts zu tun. Keine seiner seelischen Kräfte wird davon berührt, er wird in keiner Weise aktiviert. Aber er wird zum Schluss schläfrig. (...)
 
Die grundsätzliche Frage: Was ist unser Ziel? Ist unser Ziel die größere Produktivität oder ist unser Ziel das Wachstum und die Entfaltung des Menschen? (...)
Viele Dinge sind gut für die Industrie und schlecht für den Menschen."
 
Was Erich Fromm über den passiven Menschen sagt, der alles, auch Menschen, passiv nur konsumiert, danach giert, maßlos in sich hineinschlingt, ohne dabei je satt zu werden, erfüllt sein zu können, trifft besonders auf Narzissten zu.
 
Narzissmus, Gier, Liebesunfähigkeit.
Aus Honoré de Balzac - "Eugénie Grandet":
 
"Das Leben des Geizhalses ist eine ständige Machtausübung im Interesse der eigenen Person.
Er verlässt sich nur auf zwei Gefühle: Eigenliebe und Eigennutz.
 
Grandet hatte, wie alle Geizhälse, unentwegt das Bedürfnis, mit den anderen Menschen ein Spiel zu spielen."
Honoré de Balzac, Hörspiele

Honoré de Balzac, Hörspiele

Was ist Geiz?
 
Geiz zeigt sich im Verhalten eines Menschen, im seinem Umgang mit Gütern, Besitz und anderen Menschen.
 
Geiz zeigt sich bspw. deutlich darin, dass Menschen, die keinem existenzerhaltenden Sparzwang oder Verzicht unterlegen sind, die z.B. nicht von/mit einem Niedriglohn oder auch: gar keinem Einkommen zu überleben versuchen müssen, dennoch ihre Bedarfsgegenstände fast ausschließlich, jedenfalls überwiegend so preisgünstig wie möglich (heute zumeist beim Discounter) kaufen.
 
Dabei achten geizige Menschen üblicherweise wenig bis gar nicht auf Herkunft, Entstehungsprozesse, Anbau, Verarbeitung, Inhaltsstoffe, Nährwert, Handelswege und Herstellungsbedingungen der Lebensmittel, auf also deren Qualität, sondern einzig darauf, ob es ihrem Geschmack entspricht (ob´s ihnen "schmeckt"), es sie ausreichend sättigt (Hauptsache satt!) und dabei unbedingt so preisgünstig als möglich ist.
 
Sparsamkeit und Völlerei können daher problemlos miteinander einhergehen, denn ein Asket ist der Geizige keinesfalls.
 
Geiz zeigt sich auch darin unübersehbar, dass diese Menschen mitunter fast zwanghaft nach "Schnäppchen" jagen, für Luxus- bzw. Genussgüter und Prestige-Objekte (wie Unterhaltungselektronik und/oder Kleidung und/oder Möbel,Einrichtungsgegenstände oder auch bestimmte Freizeitgestaltung,-aktivitäten), nicht selten auch aus Distinktions- und Statusgründen, bevorzugt ihr Geld ausgeben – für all das also, das vorrangig oder auch ausschließlich ihrem eigenen Vergnügen dient, das sie zu eben diesem Zweck käuflich erwerben, konsumieren.
 
Solche Menschen legen mehrheitlich auch keinen Wert auf nachhaltigen, achtsamen, fairen Konsum oder auf Natur- und Umweltschutz - man denke hier etwa an Ökostrom, Plastikvermeidung, Mülltrennung etc., obwohl sie selbst durchaus gerne eine unbeschädigte Natur genießen möchten. Sie achten auch nicht darauf, ob ihre Konsumgüter unter menschenwürdigen Arbeits- und Lebensbedingungen hergestellt, gehandelt und angemessen entlohnt werden; ihnen ist einzig wichtig, ob/dass die Dinge ihren eigenen Bedürfnissen und Wünschen entsprechen, diesen gerecht werden, auch, ob sie damit renommieren, "sich aufwerten" und/oder von anderen abheben, abgrenzen können etc..
Schein statt Sein. Haben statt Sein. Mit Verweis auf Erich Fromm.
 
Anders formuliert:
Geiz zeigt sich in einer ausgeprägten Ich-Bezogenheit, in betontem, übermäßigen Eigennutz, in z.T. übertriebener Sparsamkeit bzw. Knauserigkeit, aber im weiteren Sinne auch in Ignoranz, Engherzigkeit, Pedanterie, übersteigerter Ordnungsliebe, Vorsicht, Ängstlichkeit bzw. Argwohn anderen Menschen gegenüber und darin, der Quantität den Vorrang vor Qualität zu geben.
 
Somit hat Geiz augenfällig mit Gier zu tun, mit Unersättlichkeit, Maß- und Disziplinlosigkeit, Völlerei, mit unbedachtem, unreflektierten Konsumieren und in diesem Zusammenhang auch mit Hedonismus in seiner negativen Erscheinungsform.
Es will der größtmögliche "Spaß", Lustgefühl, Stimulation, vermeintliche, oberflächliche Befriedigung bei geringstmöglichem Aufwand, Einsatz, Investition erreicht, erlebt, sich einverleibt werden – im Sinne von: "Nach mir die Sintflut" und "Was geht mich das Elend der Anderen an!?"
 
Geiz ist demzufolge immer auch Ausdruck von Selbstsucht, Egozentrismus, von Kleinlichkeit und dem Gefühl, benachteiligt oder übervorteilt zu werden, bis hin zu Eifersucht, besitzergreifendem Verhalten.
 
Sigmund Freud schreibt den Geiz einer analen Fixierung zu, gekennzeichnet durch die "anale Dreiheit" von Ordentlichkeit, Sparsamkeit und Eigensinn (auch Trotz).
 
Geiz und Gier sind also zwei Seiten derselben Medaille.
 
Diesen Text habe ich ursprünglich verfasst am 07.07.2014
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20. Dezember 2023
 
Teilen, Geben, Schenken

Verhält es sich tatsächlich so, dass Menschen mehrheitlich aufgrund von Konvention oder Taktik, Berechnung schenken und dies so auch anderen Schenkenden unterstellen? Also nicht, um anderen, insbesondere Nahestehenden, eine Freude machen, wohltun zu wollen?
 
Verhält es sich tatsächlich so, dass die meisten? Menschen - gerade auch größere, teure - Geschenke machen, um damit etwas zu erreichen, bspw. ihr Gewissen zu entlasten, sich von Schuld, Verantwortung "freizukaufen" oder andere zu bestimmtem Verhalten zu bringen, zu manipulieren?
 
Ist es wirklich so, dass zahlreiche Menschen dieses eigene Verhalten - Taktik, Berechnung beim Schenken - dann auch von sich auf andere projizieren, es anderen unterstellen, dass sie nicht aus Mitgefühl, Freundschaft, Liebe gerne, wahrhaftig von Herzen teilen, geben, schenken?
 
Und ist das angeboren oder anerzogen - siehe Persönlichkeit, Charakter, Genetik, Verhaltensgenetik, Erziehung, Sozialisation, Individuation, Verhaltensforschung, Psychologie ... ?
Was, wenn Selbstsucht, Geiz, Gier nicht von Eltern, Hauptbezugspersonen "vorgelebt" wurden, dennoch bei Erwachsenen ausgeprägt sind?
 
Wenn Mitgefühl, Fairness, prosoziales Verhalten? angeboren, d.h. bei Menschen und anderen Primaten genetisch angelegt sind (siehe Verhaltensforschung, Primatologie, Frans de Waal ...), warum ist dieses Mitgefühl dann bei offenbar so zahlreichen Menschen weltweit so verkümmert, nicht (mehr?) intakt, nicht aktiv?
 
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04. Dezember 2023
 
Man befrage sich einfach selbst ehrlich, ob die einem langjährig nahestehenden Menschen, so vorhanden - also bspw. Partner, Eltern, erwachsene Kinder, enge Freunde - in der Not tatsächlich ihr letztes "Stück Brot" mit einem teilen würden: ohne einen zu hintergehen, zu belügen ... .
Denn bekanntlich erkennt man in der Not, auch: in der Krise ..., den wahren Freund, Gefährten - so er denn ein solcher ist.

Stichwort Liebe, aktives Lieben, gemäß Erich Fromm:
Achtung, Erkenntnis, Freiheit, Verantwortung, Fürsorge - Verbundensein.
 
Sind diese nahestehenden Menschen, siehe oben genannt, wirklich solche, die dich tatsächlich wertschätzen - nicht, weil du Titel, "Macht", Vermögen hast, sondern aufgrund deiner Persönlichkeit (Charakter, Wesen)?
Respektieren sie deine Selbstbestimmung?
Sind sie aktiv mitfühlend?
 
Sind diese Menschen in ihren Entscheidungen, Taten, Zielen, politischen Einstellungen, gerade auch ihrem Wählerverhalten verantwortungsvoll: in dem Sinne, dass sie dir damit nicht wissentlich erheblichen, existenziellen Schaden zufügen?
Sind sie solidarisch, loyal, verlässlich?
 
Sind diese Menschen, gerade auch im Alltag, bedürfnisorientiert - also: n i c h t paternalistisch - fürsorglich dir gegenüber, gehen sie entsprechend mit dir um? Das setzt natürlich Empathie und intaktes Mitgefühl voraus, siehe oben.
Macht es ihnen Freude, dir wohlzutun?

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Aktualisierung am 29. Februar 2020
 
Im Radio, bspw. auf Sendern wie dem Deutschlandfunk und anderen öffentlich rechtlichen (swr2, hr2, wdr3, dlf kultur) sowie auch immer wieder mal im TV ist zu hören, man solle wegen des Klimawandels (zur besseren Ökobilanz ...), für die Agrarwende, für das Tierwohl, für fairen Handel, soziale (Verteilungs-) Gerechtigkeit, zur Nachhaltigkeit, gegen Ausbeutung und Zerstörung (von Menschen, Tieren, Ökosystem, Biodiversität durch bspw. auch Rohstoffraub, landgrabbing, outsourcing, Kriege ...) anders, bewusster konsumieren.
 
Es heißt da immer wieder, man solle bspw.
 
- weniger fliegen, weniger Flugreisen, Fernreisen und Kurzstreckenflüge tätigen
 
- weniger Fleisch essen (und Milchprodukte und Fisch)
 
- weniger Auto fahren, stattdessen mehr Rad fahren und den ÖPNV sowie die Bahn nutzen
 
- keine unnötigen, überflüssigen Käufe tätigen, insbesondere keine "Billigtextilien", nicht kompensatorisch konsumieren
 
- Kunststoff, Plastik einsparen, meiden, auf alternative Materialien zurückgreifen - Glas, Stoff, Holz, Metall bspw.
 
- Kapselkaffee(automaten) und Einweg-, Wegwerfmaterial nicht nutzen, siehe die gesamte unsägliche to-go-Unkultur
 
- Ökostrom nutzen
 
- weniger Ski fahren und Kreuzfahrten machen
 
- qualitativ hochwertige, regionale, saisonale, fair gehandelte, somit idealerweise Bio-Lebensmittel - aus echtem ökologisch-dynamischen Anbau, siehe Bio der Anbauverbände, nicht EU-"Bio" - kaufen, idealerweise auch andere nachhaltig hergestellte Produkte wie Kleidung, Möbel, Kinderspielzeug, Hausrat und/oder statt dies zu kaufen, es teilen, tauschen, leihen, secondhand erwerben oder auch schenken, spenden
 
und so weiter.
 
Ich frage mich dann jedes Mal:
 
Haben Menschen, die Zivilbevölkerung - in Deutschland?, in Europa?, in den Industrienationen? - mehrheitlich? tatsächlich Jahrzehnte lang überwiegend so ignorant, egoman, horizontverengt gelebt, konsumiert, sich verhalten?
 
Ist es - weltweit? - wirklich nur eine Minderheit von Menschen, Individuen, Persönlichkeiten, Gemeinschaften, die Solidarität, Kooperation, Mitgefühl und Verantwortung überzeugt leben, internalisiert haben, sich aus intrinsisch motivierter, nicht: ideologisch, religiös oktroyierter Moral heraus entsprechend prosozial, integer, gewissenhaft, verantwortungsvoll, solidarisch, mitfühlend, fair, bedürfnisorientiert fürsorglich verhalten: w o l l e n und dies auch tatsächlich tun?
 
Heute spricht man im Zusammenhang mit all dem Genannten von freiwilligem Verzicht, der mehr Genuss, Zeit, Muße, Zufriedenheit bringt, von Suffizienz, Postwachstum, Konvivialismus, Gemeinwohlökonomie.
 
Ich frage mich dann jedes Mal, ob in solchen Sendungen all diese Menschen, die sich längst so prosozial und solidarisch, altruistisch, so verantwortungsvoll, integer, reflektiert, reif verhalten, offenbar nie gemeint sind - eben w e i l sie eine Minderheit darstellen?
 
Dann gälte es ein Mal mehr, die Ursachen, die zu Ignoranz, Bequemlichkeit, Gier, Geiz, Neid, Verantwortungslosigkeit, Selbstsucht, Egozentrismus, antisozialem, gewaltvollen Verhalten, Selbstbetrug, fehlendem Mitgefühl und all dem daraus resultierenden, typischen, bekannten (selbst-) destruktiven Kompensationsverhalten führen, endlich angemessen zu beheben.
Stichwort Prävention. Hat immer mit Kindheit, Prägung, Sozialisation zu tun, somit auch mit Schule, vermittelten Werten, Idealen, Menschenbild etc..
 
Nein, "der Mensch" ist nicht des Menschen Wolf.
Nein, der Mench ist kein homo oeconomicus.
Nein, "die Moral" ist nicht tot, wenn "Gott" tot ist.

Nein, Macht, Gewalt, Rache, Strafe, Sozialdarwinismus, Biologismus, Hass, Religion(en), Selbstbetrug und "innere Emigration" sind weder zuträglich, wohltuend noch konstruktiv oder geboten.
 
Haben so viele Menschen tatsächlich nie reflektiert, erkannt, dass Sinnfindung, ein erfülltes Leben, Lebenszufriedenheit sich nicht aus Konsumismus, aus Haben, Besitzen, Besitzmehren speisen, sondern aus Teilen, G e b e n, nicht-paternalistisch Fürsorglichsein, Verantwortung tragen - also: Lieben?
 
Haben sie diese wohltuende, heilsame Erfahrung des aktiven Liebens - nicht nur des Geliebtwerden(wollens), also wiederum des vorwiegenden Nehmens, statt des Gebens - nie gemacht?
Sind sie emotional so taub, verpanzert, versehrt, dass sie diese Erfahrung nicht machen, nicht kennen k ö n n e n?
 
Die Urbasis jeder Ethik (auf rationaler, auf der Metaebene, Verstand, Vernunft) ist das jedem Menschen, wie auch anderen Primaten angeborene M i t g e f ü h l.
Dieses gilt es daher zu stärken, zu kultivieren, zu reaktivieren. Global.
 
Statt "Pinzip Hoffung" (Ernst Bloch), "Prinzip Verantwortung" (Hans Jonas), müsste es um das "Prinzip Liebe" gehen:
 
- Erich Fromm ("Die Kunst des Liebens")
- Arno Gruen (Mitgefühl)
- Emmanuel Lévinas (Liebe für den Anderen, Verantwortung gegenüber dem Anderen)
- Martha Nussbaum ("Gerechtigkeit braucht Liebe").
 
Was, wie Liebe, d.h. aktives Lieben, siehe gemäß Erich Fromm, ist:
Erkenntnis, Verantwortung, Fürsorge, Achtung, Freiheit - Verbundensein.
 
Fragt - psychoanalytisch, dabei nicht mit S. Freud oder C.G. Jung, sondern mit Erich Fromm, Arno Gruen, Alfred Adler, Sandor Ferenczi - warum augenfällig nur so vergleichsweise wenige Menschen liebesfähig sind und wie dem wodurch angemessen abzuhelfen und vorzubeugen ist.
 
Fakt ist: Es gibt diese liebesfähigen, prosozialen, verantwortungsvollen, mitfühlenden, solidarischen, hilfsbereiten, reflektierten ... Menschen. Nachweislich und glücklicherweise.
Nein, sie sind weder "Engel" noch "Götter", sondern einfach nur reflektierte, vernünftige, reife, mitfühlende, liebesfähige, sozial und emotional intakte Persönlichkeiten.
 
Übrigens: Ja, all das oben Aufgezählte (Verhalten) mache, lebe ich seit Jahrzehnten bereits. Nicht nur aufgrund von materieller Armut, sondern aufgrund der genannten intrinsischen Moral - weil es dir eben niemand erst erklären muss, sondern es für dich persönlich völlig selbstverständlich ist und du dich immer wieder fragst, wie es all das für andere nicht sein kann, warum sie so völlig anders "gepolt", geprägt, sozialisiert, indoktriniert, verblendet, unreif, beschädigt sind.
 
Die Frage - nicht erst am Ende - deines Lebens sollte sein
nicht: Hatte ich genug "Spaß"?
"Erkenne dich selbst" und "Tu, was du willst" bedeutet gerade nicht maximaler, egomaner Hedonismus und Eskapismus, sondern das Gegenteil dessen.

Die Frage, die du dir zeitlebens stellen solltest, u m dein Leben als sinnvoll, erfüllt erleben, erfahren, bewerten zu können, ist:
Habe ich mit meinem Wollen, Streben, Verhalten dazu beigetragen, "die Welt ein bisschen besser zu machen", d.h. habe ich nach meinen persönlichen Möglichkeiten, Umständen, Fähigkeiten und Kräften zum je "privaten", regionalen wie globalen Gemeinwohl beigetragen?

Deutlicher:
War mein Leben, meine Existenz, mein Wirken, mein Tun und Unterlassen nach bestem Wissen und Gewissen für auch andere Lebewesen, somit auch andere Menschen gut, zuträglich, wohltuend, konstruktiv, förderlich, hilfreich, stärkend?
 
Wann hast du wie lange für wen, für welche Menschen wie oft welche Verzichte geleistet, Entbehrungen durchlitten, Opfer gebracht, Verantwortung getragen, Fürsorge geleistet?
Welchen Menschen hast du wie, wann, wie oft, wodurch, womit wie lange tatsächlich Gutes, Wohl getan - was wem genau?

Ich denke, nur dann, wenn man seine kleine Existenz "in den Dienst einer dem Ego übergeordneten Sache stellt", also nicht in den engen Grenzen des je eigenen Egos (nicht zu verwechseln mit dem Selbst) verhaftet, gefangen bleibt, erfährt man Sinn und Erfüllung.
Und eben dies erfährt, (er-) lebt man vor allem durch das aktive Lieben.

Nein, dafür bedarf es keines "Gottes", keiner Metaphysik, keiner Mystik, keiner Religion, Ideologie, Esoterik, sondern "nur" der je persönlichen Erkenntnis-, Reflexionsfähigkeit, des Mitgefühls, der Vernunft, der Persönlichkeitsreife - der Liebesfähigkeit.

Ok, ein bisschen Philosophie (philosophisches Basiswissen und Ergründenwollen ...) kann nicht schaden. ;) 
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update 13. August 2020
 
Und wenn ihr, gerade bei der gegenwärtigen Hitze, ausreichend sauberes Wasser zu trinken, zum Händewaschen (Corona), zum Duschen, Wäschewaschen und sogar für die Toilettenspülung (Trinkwasser!) habt - denkt ihr dann auch manchmal oder vielleicht auch regelmäßig an all jene Menschen, die das nicht haben und wie sie darunter leiden: täglich - lebenslang?
 
Und wenn ihr schöne Erlebnisse, Momente habt, es euch gut geht, ihr euch wohlfühlt, Ausflüge, Urlaube macht, diverse kulturelle Veranstaltungen besucht u.a.m., müsst ihr dann auch häufig an all die vielen Menschen weltweit denken, die das nie je hatten, niemals haben, erleben (können) werden - die intensiv unter Armut und ihren bekannten Folgen leiden und das zumeist bis zu ihrem (auch frühen) Tod (als Kinder bereits), die um ihr ganzes, e i n z i g e s Leben betrogen werden, denen es genommen wird: gewaltsam, die unverschuldet (!) lebenslang massiv leiden müssen und das selbst mehrheitlich auch nicht abwenden können?
 
Und habt ihr dann auch ein schlechtes Gewissen, wenn ihr nur ein gutes Brot oder Salat, Gemüse, Kuchen ... esst, darum wissend, wieviele Menschen, auch Kinder auf dieser Welt täglich unter Hunger leiden und daran sowie an zahlreichen Krankheiten und schmutzigem, fehlendem Wasser und ärztlicher Versorgung elendig krepieren?
 
Und all das auch bezogen auf die vielen Menschen, die vor uns gelebt und unverschuldet (!) gelitten haben - all diese vielen Menschen, die durch Krankheiten, katastrophale Kriege, Gewalt, Armut, Ungerechtigkeit ... Qualen litten und qualvoll starben.
 
Ist es auch so unerträglich, dass ihr deswegen heulen müsst, weil ihr euch verantwortlich fühlt - einfach weil es euch besser geht, weil ihr G l ü c k hattet, anderswo geboren, aufgewachsen zu sein, leben zu können, weil das Z u f a l l ist und nicht euer Verdienst, aber ihr doch nicht wirklich, effektiv, zeitnah helfen könnt und ihr mit dieser Ungerechtigkeit nicht zurandekommt, weil sie nicht "vom Himmel gefallen", kein Naturgesetz ist, sondern menschengemacht?
 
Ja, vielleicht verliere ich allmählich jeglichen Resthalt.
Vielleicht bin ich einfach nur "überlastet" - emotional, sozial, physisch, existenziell.
Vielleicht ist mein Gemüt noch immer ein kindliches, einfaches, einfältiges, das mit all der menschlichen Schwäche, dem Selbstbetrug, den Selbstlügen, der Selbstsucht nicht zurandekommt.
 
Und ja: Es hilft keinem einzigen aneren Menschen, dass ich seines Leidens wegen Schmerzen habe - aber ich habe sie und ich denke, wenigstens das bin ich ihnen schuldig. Das schlechte Gewissen, das Mitgefühl, das Verantwortungsgefühl, den Willen, die Dinge ändern zu wollen. Auch wenn ich keinen Weg sehe, es aktiv, effektiv zu tun.
 
Und ihr so?
 
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Geiz ist gar nicht geil

rosalux.de

"[...] Abgesehen davon, dass es ein wenig naiv war zu glauben, der Produktivitätszuwachs würde vor allem den Produzenten und Arbeitern zugutekommen, hat Keynes nicht vorausgesehen, dass die wachsende Produktivität neue Waren wie elektrische Haushaltsgeräte, Kommunikations- und Unterhaltungselektronik hervorbringen würde, die heute so selbstverständlich wie unentbehrlich erscheinen. Zudem habe er unterschätzt, in welchem Ausmaß der Kapitalismus nicht nur Bedürfnisse durch Begierden ersetzen, sondern auch ständig neue Begierden entfachen würde:

"Er verstand nicht, dass der Kapitalismus eine neue Dynamik der Begierdeerzeugung in Gang setzte, die die traditionellen, durch Brauchtum und gesunden Menschenverstand definierten Beschränkungen hinwegfegen würde."

Motor solcher Begierden ist nicht nur die Werbung, sondern auch der bloße Vergleich. Wenn es dem Nachbarn sichtbar besser geht, ist einem das eigene Haus oder Auto nicht mehr gut genug. Das erklärt auch, warum selbst die Reichsten einander noch zu übertrumpfen suchen und deshalb nie genug bekommen können. Und angesichts dessen kommt in der ansonsten um Differenzierung und Analyse bemühten Darstellung der Skidelskys bisweilen geradezu klassenkämpferischer Furor auf. Die Finanzindustrie sei ein "Motor der Unersättlichkeit" und Kapitalismus sei organisierter Raub:

"Die angloamerikanische Version des individualistischen Kapitalismus wird vor allem zum Nutzen einer habgierigen Plutokratie am Leben erhalten, deren Mitglieder im ganz großen Stil abkassieren und die ihre Raubzüge in der Sprache der Freiheit und Globalisierung verbrämen."

Statt aber die Räuber dingfest zu machen,
konzentrieren sich die Autoren auf die Frage, "was zu einem guten Leben gehört". Dazu greifen sie weit in die Philosophiegeschichte zurück. Der Kapitalismus und seine Ideologie des grenzenlosen Wachstums habe uns zwar Wohlstand beschert ...

"…doch zugleich den größten Vorzug dieses Wohlstandes weggenommen: das Bewusstsein, genug zu haben."

Gerade um dieses Bewusstsein aber sei es den Denkern der Antike und Vormoderne gegangen, denen die Vorstellung eines unbegrenzten Wachstums fremd gewesen sei. Aristoteles, Epikur und Solon, Konfuzianismus und Taoismus stehen dann auch Pate, wenn die Skidelskys ihre Antwort auf die Frage nach dem guten Leben geben und dazu eine Reihe von unentbehrlichen Basisgütern definieren.

 
Plädoyer für ein sicheres Grundeinkommen - und weniger Werbung
Dazu zählen sie Gesundheit, Sicherheit, Respekt, Persönlichkeit, Harmonie mit der Natur, Freundschaft und Muße. Das sind Güter, die man sich nach allgemeinem Verständnis nicht nach Belieben und für Geld kaufen kann. Doch um sie entwickeln zu können, bedürfen wir einer funktionierenden Ökonomie. Die Mittel daraus sind aber sehr ungleichmäßig verteilt, und so plädieren die Skidelskys nicht nur für die Besteuerung von Konsum, Luxusgütern und Finanzindustrie, sondern auch für ein sicheres Grundeinkommen. Und um die gesunde, sichere, respektierte Persönlichkeit, die in Harmonie mit der Natur Freundschaft und Muße pflegt, vom Konsumdruck zu entlasten, plädieren die Autoren auch für eine Einschränkung der Werbung. [...]"

Quelle: deutschlandfunkkultur.de - "Ökonomie der Unersättlichkeit"; farbliche Hervorhebungen habe ich vorgenommen.

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