Ist sogen. "Sex-Arbeit" Care-Tätigkeit (Sorge-Arbeit, bezahlte Fürsorglichkeit) - kann, darf, sollte sie es sein?
Es sollte m.E. zunächst erörtert werden, ob ein bedürftiger Mensch ein Recht auf Befriedigung seiner Bedürfnisse hat und unter welchen Voraussetzungen bzw. zu welchen Bedingungen/Konditionen seine Bedürfnisse von wem auf welche Weise wie lange oder häufig wie vollständig (oder nicht so) zu erfüllen sind, mit welchen Folgen für insbesondere auch den diese Bedürfnisse Erfüllenden.
In diesem Zusammenhang stellt sich folglich die Frage, ob sexuelle Bedürfnisse auf gleiche Stufe mit anderen menschlichen Grundbedürfnissen zu stellen sind bzw. sein können, sein sollten. Es handelt sich hierbei also um eine moralische, ethische Betrachtung, Untersuchung.
Dass sexuelle Bedürfnisse mit anderen, bspw. nach Nähe, Zuwendung, Aufmerksamkeit, Geborgenheit, Verbundenheit, Zärtlichkeit, Angenommensein etc., einhergehen können, aber nicht müssen, ist dabei ebenso zu berücksichtigen und die Folgen, die sich hinsichtlich einer etwaigen sexuellen Care-Arbeit daraus ergeben, zu thematisieren, zu hinterfragen, wie der Umstand, dass es auch rein oder auch überwiegend triebhafte sexuelle Bedürfnisse, d.h. einen Sexualtrieb gibt und wie mit diesem angemessen umzugehen ist.
Ich bin der Auffassung, es kann und sollte kein moralisches oder gar gesetzliches "Recht auf sexuelle Triebbefriedigung oder Lusterfüllung" geben, begründet habe ich diese Haltung in meinem "Pamphlet" und auch in "Warum Prostitution keine Sexarbeit, keine Dienstleistung wie jede andere ist" sowie auch in "18 Mythen über Prostitution", siehe bei Interesse bitte dort.
Es ist all jenen Menschen, die physisch und geistig dazu in der Lage sind, üblicherweise durchaus je selbst möglich, selbsttätig, alleine für zumindest ihre sexuelle Triebbefriedigung zu sorgen - durch Masturbation.
Doch auch, wem dies aus bspw. physischen Gründen nicht (mehr) möglich ist, kann keinen Anspruch auf seine sexuelle (Trieb-) Befriedigung geltend machen. Siehe wiederum auch dies in oben genannten blog-Texten dargelegt, begründet.
Es kann, um einen dem besseren Verständnis dienenden Vergleich zu versuchen, auch niemand dazu veranlasst, dazu angehalten oder bestimmt werden, einen anderen Menschen lieben zu sollen - weder gegen (monetäre) Bezahlung noch unentgeltlich.
Denn es gibt Bereiche, Phänomene, die so eng mit der je eigenen Persönlichkeit, auch und gerade Leiblichkeit, mit körperlicher, geistiger, emotionaler Selbstbestimmung (dem Recht darauf, der Freiheit dazu) und Unversehrtheit verwoben sind, dass man sie nicht irgendwie abspalten kann, noch weniger sollte, um auf diese Weise vermeintliche Fürsorglichkeit mehr oder weniger fremden Menschen gegenüber zum Ausdruck bringen zu können bzw. zu sollen, solchen Menschen gegenüber also, zu denen keine eigene, persönliche emotionale Bindung, Beziehung besteht.
Und selbst erwachsene Menschen, mit denen man emotional "positiv" verbunden ist, haben kein Verfügungsrecht über den eigenen Körper und keinen Erfüllungsanspruch auf ihre Bedürfnisse gegenüber der ihnen nahestehenden Person, ausgenommen Kinder oder hilflose, pflegebedürftige, alte, kranke Menschen, wenn es sich bei deren Bedürfnissen bzw. deren Erfüllung um tatsächlich überlebensnotwendige handelt oder auch, wenn ihnen gegenüber eine Verantwortung, Verantwortlichkeit besteht.
Schon gar nicht kann, d.h. sollte es unter ethischen Aspekten solche "sexuelle Care-Tätigkeit" gegen Bezahlung oder als Zwecktauschgeschäft geben, da dies immer eine Form von Gewalt, Missbrauch, Beherrschen und Unterdrücken, Unterwerfen, jedenfalls von Unfreiheit, intensivem Fremdbestimmtsein, von Nichtfreiwilligkeit, von Handeln gegen den eigenen eigentlichen, tatsächlichen Willen und eigene (!) Bedürfnisse darstellt, diese Gefahr dabei zumindest stets besteht und wahrscheinlich ist, siehe wie so auch generell in Prostitution.
Ein erwachsener Mensch, der liebesbedürftig ist (und was genau das alles umfasst, ist wiederum je nach Individuum, je nach Persönlichkeit und auch Lebenssituation etc. different und sehr komplex), hat auch keinen Anspruch, kein (moralisches) Recht auf Erfüllung dieses Bedürfnisses durch einen oder mehrere andere, überdies ihm fremde, ihm emotional nicht nahestehende, Menschen, Personen - es ist dies schlicht nicht möglich, es würde ein Paradoxon darstellen, und so verhält es sich meiner Ansicht nach auch mit der Sexualität, mit sexuellen Bedürfnissen sowie dem "sexuellen Persönlichkeitsrecht".
Infolgedessen halte ich bezahlte bzw. nicht dem eigenen, tatsächlichen Willen (auch den eigenen Bedürfnissen) entsprechende "sexuelle Fürsorge" für einen Widerspruch in sich, für tatsächlich nicht möglich.
Im Übrigen verhält es sich auch meiner Wahrnehmung, Beobachtung und Erfahrung nach noch immer mehrheitlich so, dass überwiegend Frauen sich Männern gegenüber fürsorglich, umsorgend verhalten, dies umgekehrt jedoch weit weniger verbreitet und ausgeprägt der Fall ist, insbesondere sogar in Beziehungspartnerschaften Frauen auch und gerade sexuell nach wie vor mehr geben und weniger nehmen, weniger ihre eigenen Bedürfnisse und Wünsche in den Vordergrund stellen und um Erfüllung derselben bestrebt sind als Männer dies (mehrheitlich) tun/sind.
Die Ursachen dafür sind altbekannt, siehe u.a. in einem anderen blog-Text: "Sex: Sie will nicht, macht aber trotzdem, was Er will (...)".
Siehe zur Bedürftigkeit gerne auch ein weiteres Mal die Ausführungen von Eva Illouz.
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Danke Huschke Mau, denn: Es ist schon wieder nicht zu fassen. Sie versuchen tatsächlich mit a l l e n erdenklichen und unvorstellbaren Mitteln, Frauenkauf durchzudrücken - mittels jeglicher Form von Gewalt: physischer, psychisch-emotionaler, manipulativer und struktureller, staatlicher, juristischer.
"[...] Wenn ich das richtig gelesen habe, wird hier also das Festschreiben des (männlichen) Rechts auf Prostituierte bzw. auf Sex und verfügbare (Frauen-)Körper in der Verfassung gefordert.
Während also einerseits dem am Pflegenotstand (Einsamkeit, emotionale Verwahrlosung) und an weiteren Systemfehlern (fehlende Privatsphäre in den Einrichtungen, mangelnde Aufklärung geistig Behinderter, keine Inklusion etc.) krankenden alten, dementen, behinderten Männern ein Stündchen Ficken hingeklatscht wird, welches ihre Bedürfnisse verfehlt und allen weismacht, am System müsse nichts geändert werden, und während also alle zufrieden sind, dass diese Männer endlich „Ruhe geben“, obwohl man manchmal gar nicht genau weiß, was sie eigentlich wollen und ob sie das, was an ihnen vollzogen wird, ÜBERHAUPT wollen, konstituiert sich auf der anderen Seite eine Fraktion von behinderten Freiern, die Frauen dafür ausbilden, ihre Bedürfnisse zu befriedigen, die Inklusion als etwas verstehen, das ALLEN Männern die Teilnahme am Fleischmarkt Prostitution, am tabulosen Sex mit jungen Frauen, ermöglicht. Und einige Beratungsstellen wünschen sich, das in der Verfassung zu sehen. Da kommt Freude auf.
Aber solange die Interessen Behinderter, Alter und Dementer vorgeschoben werden können, wird es weiter möglich sein, hier einen neuen Markt zu eröffnen. Weil Sexualassistenz ja irgendwie viel besser ist als Prostitution. Ganzheitlicher. Achtsamer. Karitativer. Quasi Sex mit einer Sozialarbeiterin.
Oder, wie die Berliner Agenturbesitzerin und Sexualbegleiterin Stephanie Klee sagt: „Wenn ich mit einem normalen Gast schlafe, bin ich eine Hure, wenn ich mit einem gehandicapten Gast schlafe, eine Heilige.“ "
Quelle des zitierten Textes: huschkemau.de - "Warum Sexualassistenz auch nur Prostitution ist"
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