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Sabeth schreibt

Poesie Melancholie Philosophie Feminismus Anarchismus - non serviam.

Frühkindliche Bindung, Kleinfamilie, Fremdbetreuung, Prägung, Entwicklung

"[...] Ganz viele dieser Zeitfenster, in denen Erfahrungen besonders stark wirken, liegen in der frühen Kindheit. Eltern, die genügend Zeit und Kraft haben, aber auch das nötige Feingefühl, spüren oft intuitiv, was ihr Kind gerade braucht. Etwa, dass man das Kind beruhigt, wenn es erregt ist, denn das kann es zunächst noch nicht selbst. [...]

"Wir haben eben fest gestellt, dass sicher gebundene Kinder in Stresssituationen eben nicht nur auf der Verhaltensebene ihr Verhalten oder ihre Emotionen besser regulieren können, sondern, dass wir auch auf physiologischer Ebene sozusagen Entlastung feststellen können, beziehungsweise Kinder, die unsicher gebunden sind, bei denen können wir dann auf physiologischer Ebene auch dann Stress in Form von erhöhten Stresshormonen feststellen." [...]

Wenn man mal einen Fehler macht, muss das für das Kind keine schlechten Folgen haben, wenn sonst alles mehr oder minder in Ordnung ist. Wenn Menschen aber ständig unter großem Stress stehen, etwa, weil sie arm sind, oder alleinerziehend, oder krank, oder sich in einer persönlichen Krise befinden, etwa Eltern während der Scheidung, oder gar alles zusammen, dann kann es geschehen, dass die Kinder leiden und die Eltern lernen und üben müssen, wie sie reagieren sollten. Sie brauchen Hilfe. Nicht umsonst sagt man in Afrika, man brauche ein ganzes Dorf, damit ein Kind gesund groß wird.
 
"Der Vorteil der Großfamilie war auch das, dass ein Kind auch mehrere Möglichkeiten hatte. Also ein Kind bildet ja eine Bindung nicht nur zu einer Person, sondern hatte in der Großfamilie die Eltern, vielleicht die Oma, manchmal war noch eine unverheiratete Tante im Haus, sodass es viel mehr Möglichkeiten hatte, sodass es auch nicht sozusagen davon abhing, ob eine Person entsprechend verfügbar war, weil im Notfall hatte man noch eine andere Person."
Heute hat ein Kind, das in einer Kleinfamilie oder bei einem alleinerziehenden Elternteil aufwächst, viel weniger Möglichkeiten. [...]

Die Gesellschaft könnte schädliche Einflüsse von werdenden Müttern fern halten und für Eltern Bedingungen schaffen, unter denen sie liebevoll und feinfühlig mit ihren Kindern umgehen können. [...]"
 
Aus Deutschlandfunk - "Frühe Kindheit", siehe oben verlinkt.
 
Meine Rede: Weg von der Kleinfamilie, weg von der (frühen) Fremdbetreuung, das bedeutet: Hin zu wirklich möglicher, anerkannter, wertgeschätzter Mutterschaft, Sorge-Arbeit, hin zu Existenzsicherung durch ein Mütter-, Familien-, Sorgegehalt, hin zu Hilfen für selbst beschädigt worden seiende Eltern, hin zu niedrigschwelligen, unbürokratischen, bedürfnisorientierten, nicht-paternalistischen Hilfen im Alltag für Eltern, die sich nicht adäquat "kümmern", einfühlen, fürsorglich verhalten können ... . Hin zu stabiler Bindung, zu mehreren Bezugspersonen - statt bloßen, wechselnden Betreuungspersonals.
 
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update 17. Oktober 2020
 
Warum wird global nach wie vor nicht endlich angemessene Prävention vorgenommen?
 
Warum fragt man nicht aus psychoanalytischer Sicht nach den sozial-ökonomischen, politischen, familiären Ursachen: aus welchen Gründen w e l c h e Menschen empfänglich sind/werden für religiösen, ideologischen Fundamentalismus, Fanatismus, Extremismus, für Gewalttaten, Terrorismus - für solches Kompensationsverhalten?
 
Warum geht man hier nicht endlich angemessen präventiv vor, d.h. immer und überall, bei jedem Menschen weltweit: in dessen Kindheit und Jugend ansetzend, d.h. Kinder, insbesondere in früher Kindheit, angemessen, bedürfnisorientiert behandelnd?
Das ist in bestimmten Verhältnissen wie Krieg, materieller Armut nahezu unmöglich, exakt. Aber auch weitere Faktoren spielen eine Rolle: patriarchal-konservativ-autoritäre Einstellungen, Verhaltensweisen, Erziehungsmethoden, insbesondere nicht bedürfnisorientierte, sondern autoritäre, vernachlässigende, emotional gewaltvolle, unempathische Umgangsweise (ohne Fein- und Mitgefühl) mit Säuglingen und (Klein-) Kindern, nach wie vor verbreitete psychische Gewalt, Schwarze Pädagogik (Druck, Zwang, Kontrolle, Strafe, Strenge, Härte, emotionale Kälte, Autoritarismus) und auch ideologische, religiöse Indoktrination in der Kindheit.
 
Menschen, die als Kinder misshandelt, vernachlässigt, nicht liebevoll umsorgt werden, entwickeln kein Urvertrauen, infolgedessen auch kein Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl, keine Bindungs-, Beziehungs- und Liebesfähigkeit, sondern Angst, Misstrauen, Wut, Hass - den sie dann gegen andere oder sich selbst aggressiv richten, bis hin zu Gewalttätigkeit und Sadismus.
 
Das ist alles seit etlichen Jahrzehnten bekannt, siehe Bindungstheorie, Neurobiologie, Traumaforschung ... . John Bowlby, Alice Miller, Joachim Bauer, Boris Cyrulnik, Arno Gruen, Erich Fromm, Wilhelm Reich, Sandor Ferenczi, Gabor Maté ... .
 
Man besehe sich die Kindheit, die Erziehung nicht nur von Diktatoren, Tyrannen wie Hitler, Stalin, sondern auch jene von pathologischen Narzissten, die stets kompensatorisch nach Macht, Kontrolle, Herrschen, Unterwerfen streben, von Menschen mit antisozialer, dissozialer PKST, von all den Hassenden und Gewalttätern. - Kein Mensch wird als Tyrann, Sadist, Gewalttäter geboren.
 
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Der adäquate Weg ist ein autoritativer, nicht: autoritärer Erziehungsstil - eine bedürfnisorientierte "Erziehung", Sorge, Umgang.
 
Ja, wichtig ist das Selbstvertrauen, das aus dem Urvertrauen resultiert, nur daraus hervorgehen kann - siehe Rüdiger Posth "Vom Urvertrauen zum Selbstvertrauen", Entwicklungspsychologie, siehe vor allem die Bindungstheorie, denn die ersten Lebensjahre sind lebenslang prägend, entscheidend - und hier lässt sich auch später, als Erwachsener, leider etliches gerade nicht "nach eigenen Wertvorstellungen korrigieren".
 
Kinder brauchen Eltern, die vor allem eines sind: empathisch, empfindsam, feinfühlig, mitfühlend, verantwortungsvoll und selbst reif, reflektiert, erwachsen.
Es bedarf im Grunde lediglich etwas Basiswissens, Kenntnis über kindliche Bedürfnisse und Entwicklung (was braucht das Kind wann bzw. was kann wann jeweils überhaupt auf Basis seiner je individuellen Entwicklung von ihm erwartet werden, was kann ihm zugetraut werden ...) und dann Einfühlungsvermögen, Sensibilität, Empfindsamkeit, Empathie, Mitgefühl.
 
Dann orientiert man sich am Kind, ohne es zu idealisieren, ohne auf das Kind zu projizieren, ohne sich mittels des Kindes zu profilieren oder gar etwas (auch unbewusst) kompensieren zu wollen.
 
Wichtig ist das Urvertrauen, eine stabile frühkindliche Bindung an zunächst wenige Hauptbezugspersonen.
Keine Helikoptereltern, aber auch keine autoritäre "Erziehung".
 
Letztlich braucht man tatsächlich keinen einzigen sogenannten "Erziehungsratgeber", wenn man oben Genanntes berücksichtigt bzw. bedürfnisorientiert, somit vor allem empathisch, mitfühlend, respektvoll, nicht-paternalistisch fürsorglich, liebevoll mit dem Kind umgeht, sich am Kind, seiner individuellen Entwicklung, seinen individuellen Möglichkeiten, Fähigkeiten orientiert und auch das erforderliche Basiswissen zu kindlichen Bedürfnissen, Entwicklung hat.
 
Weiterhin ist das Umfeld insgesamt wichtig - eine Gesellschaft, die es überhaupt ermöglicht, Kinder auf diese Weise umsorgen zu können, denn dafür bedarf es ausreichend Zeit, Raum, durchaus auch des Geldes (finanzielle, materielle, ökonomische Sicherheit), vor allem aber mehrere Bezugspersonen, Beziehung, nicht bloße Betreuung, verlässlich, beständig, über Jahre.
 
Unsere Kleinfamilie und die meist mütterliche Dreifachbelastung (Job, Haushalt, Kinder) mit immer früherer, immer längerer Fremdbetreuung und zu langen Erwerbsarbeitszeiten lässt so etwas schlicht nicht zu.
 
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