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Sabeth schreibt

Poesie Melancholie Philosophie Feminismus Anarchismus - non serviam.

Warum der Schulunterricht deutlich später als bisher beginnen müsste - muss - und warum dies wider besseren Wissens - siehe Chronobiologie - nicht umgesetzt wird

 
Nach diesen einleitenden Informationen, siehe die verlinkten Artikel, Quellen, ein Resümee meinerseits.
 
Wir erfahren und erleben also, dass es verschiedene Chronotypen gibt - nicht nur "Eulen" und "Lerchen", sondern auch "Mischtypen".
 
Wir wissen, dass es nicht hilft, sogenannte Eulen früher ins Bett zu bringen, sie werden - dann noch - nicht einschlafen können, sondern erst zu "ihrer" Uhrzeit, der Zeit also, da sie tatsächlich, aufgrund ihrer genetischen Anlage, müde werden.
 
Wir wissen überdies, dass auch verschiedene "Unterstützungsversuche, -maßnahmen" wie diverse Entspannungsmethoden, vorlesen, selbst lesen, Schlaflieder singen, kuscheln, Massage nur einen geringen Einfluss darauf nehmen können - siehe zu den Gründen hierfür oben verlinkte Texte.
 
Keineswegs sind nur Pubertierende "Eulen", wie wir den Forschungsergebnissen (und oben verlinkten Artikeln) entnehmen können, sondern es sind dies durchaus auch sehr viel jüngere Kinder - im Kindergarten- und Grundschulalter, siehe eben die unterschiedlichen Chronotypen.
 
Nun wird jedoch mehrheitlich nur auf den späteren Unterrichtsbeginn für Pubertierende eingegangen bzw. ein solcher gefordert, nicht auch für die jüngeren - und älteren, erwachsenen - Eulen. Das hat Gründe: gesellschaftliche, wirtschaftspolitische. Wie stets, exakt.
 
Zunächst zur Frage, warum der frühe Unterrichtsbeginn um oder sogar bereits vor 8 Uhr auch für die jungen "Eulen" eine (vor allem physisch nicht geringe) Belastung ist:
 
Gerade die Grundschüler gehen nach einiger Eingewöhnungszeit ihren Schulweg üblicher- und idealerweise alleine zu Fuß, d.h. ohne Begleitung ihrer Eltern, allenfalls und wiederum idealerweise jedoch zusammen mit anderen Kindern, Schülern, Freunden.
 
Ich frage mich schon längere Zeit: Muss man diesen doch noch relativ kleinen Kindern wirklich zumuten, gerade im Winter so früh - bei Kälte und Dunkelheit - den Weg zu gehen, der nicht immer ein kurzer ist und der nicht immer in Begleitung anderer Kinder gegangen werden kann, sondern durchaus, aus verschiedenen Gründen, von einigen Schülern tatsächlich doch auch: alleine gegangen werden muss?
 
Könnte, sollte man nicht wenigstens in der dunklen Jahreszeit Kindergarten und Schule für gerade die Kleinen deutlich später beginnen lassen, so dass sie erst bei Tagesanbruch bzw. wirklicher Helligkeit das Haus verlassen?
 
Weiterhin sind negative Folgen des zu frühen Schulbeginns und damit einhergehenden Schlafdefizits auch und gerade bei den jüngeren (Kindergarten- und Schul-) Kindern nicht nur deren Leistungseinbußen, schlechtere Konzentration, schlechtere Klassenarbeiten, schlechtere Zeugnisnoten und überdies auch nicht einmal "nur" längerfristig betrachtet gesundheitliche Schäden, sondern diese Kinder haben nicht selten täglich körperlich mit dem frühen Aufstehen zu kämpfen:
 
Sie sind "appetitlos", können so früh noch nichts essen, gehen also ohne Frühstück in die Schule, müssen dann aber zumeist zwei Stunden mit dann häufig knurrendem oder auch schmerzenden Magen, mit Frieren aufgrund von Müdigkeit durchhalten, bis sie in der Pause etwas essen können - darunter leidet nachvollziehbarerweise zwangsläufig ihre Konzentration und Leistungsfähigkeit.
 
Die Kinder klagen außerdem auch über diverse Befindlichkeitsstörungen wie Bauchschmerzen, Kreislaufprobleme, Schwächegefühl, Schwindel ... - dies folglich nicht immer/nur aus Gründen der Schulangst, des Gemobbtwerdens oder bestehender, chronischer Erkrankungen (all das können durchaus auch Ursachen sein, sind es aber nicht grundsätzlich, nicht bei allen Kindern), sondern weil sie schlicht noch viel zu müde sind, weil der Körper noch auf Schlafen eingestellt ist, somit auch der Stoffwechsel, der Verdauungsapparat, andere Organe, das Gehirn. - Sie sind einfach müde und schlafbedürftig.
 
Dem wird jedoch leider nicht ansatzweise Rechnung getragen, darauf wird keinerlei Rücksicht genommen - im Gegenteil: Die Kinder und früher oder später auch deren Eltern haben mit Sanktionen zu rechnen, wenn die Kinder häufiger oder gar regelmäßig zu spät zum Unterricht kommen - nicht, weil sie so "undiszipliniert", unorganisiert oder "verweichlicht" sind, sondern schlicht, weil sie hundemüde sind - weil sie einfach noch (länger) schlafen müss(t)en.
 
Und dieser Schlaf ihrer gesamten Entwicklung absolut förderlich, ihrem Wohlbefinden zuträglich und ihrer Gesundheit dienlich bzw. für diese erforderlich wäre.
 
Warum nun also konzentriert man sich dennoch lediglich auf die Pubertierenden? - Aus wirtschaftspolitischen Gründen:
 
Die Eltern sollen möglichst beide berufstätig sein, die Arbeitszeiten sind nach wie vor überwiegend gerade nicht flexibel, familienfreundlich ("genug"), einige Kinder müssen daher sogar schon vor Unterrichtsbeginn in die Frühbetreuung - gerade die Grundschüler eben, die sich noch nicht alleine zu Hause versorgen und organisieren können, die nicht alleine zu Hause bleiben und selbständig morgens losgehen sollen/können.
Da man hier nichts bewegen kann bzw. will, blendet man dieses Problem und diese Kinder, ihre Schwierigkeiten, Beeinträchtigungen (durch den permanenten Schlafmangel) schlicht aus bzw. behauptet, für die jüngeren Kinder sei es - Chronotyp hin oder her - schlicht mehrheitlich kein Problem, so früh aufzustehen ... .
 
Bei den Pubertierenden sieht es natürlich ganz anders aus: Diese sind meist so weit entwickelt, dass sie sich durchaus selbständig ihr Frühstück und Pausenbrot bereiten, selbständig rechtzeitig von zu Hause losgehen können, somit für sie keine anwesenden, sich kümmernden Eltern mehr erforderlich sind, d.h. die Berufstätigkeit der Eltern in diesem Falle - bei späterem Unterrichtsbeginn für ältere Schüler - nicht mehr eingeschränkt, nicht mehr "negativ beeinträchtig" ist.
 
So leicht macht man es sich. ... Stets. Was nicht passt, wird passend gemacht - wie es der Wirtschaft am zuträglichsten, genehmsten ist. Nach wie vor werden die Menschen an diese wirtschaftlichen Verhältnisse, Vorgaben, Zwänge angepasst statt umgekehrt.
 
Nun zum Einwand der Schüler, die selbst keinen späteren Unterrichtsbeginn wünschen, weil sie dann am Nachmittag weniger Freizeit haben:
 
Ja, man könnte, müsste grundsätzlich Etliches in den Schulen, in der Art "zu unterrichten" ..., reformieren, verändern. Auch das hat sich zwischenzeitlich herumgesprochen. Auch das ist politisch nicht gewollt, aus den gleichen, bekannten Gründen (siehe oben). Es geht um das neoliberale System, nicht um den Menschen bzw. um die Individuen - die gerade keine homogene Masse/Gruppe sind, die sich einfach instrumentalisieren, ausbeuten lässt, jedenfalls: nicht dauerhaft ohne erhebliche "Kollateralschäden". Auch diese sind aber bereits einkalkuliert.
 
Auch was die Lerchen betrifft, die mit dem frühen Aufstehen und Schulbeginn keine Schwierigkeiten haben: Für sie wie für jene Schüler, die selbst den frühen Unterrichtsbeginn präferieren, wäre tatsächlich eine Schüler-Gleitzeit das Mittel der Wahl.
 
Lasst die Kinder selbst entscheiden, ob sie lieber ausschlafen möchten und dann nachmittags länger Unterricht haben (oder auch wieder alle zwei Wochen an einem Samstag) oder ob sie bereits um 8 Uhr oder auch vor acht den Unterricht beginnen möchten.
Für die Eulen sollte der Unterricht nicht vor neun Uhr beginnen - ganzjährig, im Winter ggf. auch erst um 10 Uhr.
 
Und ja, all das trifft auch auf erwachsene "Eulen" und deren Leistungsfähigkeit und Gesundheit sowie Wohlbefinden ... zu.
 
Der Mensch ist keine Maschine und wer seine "Leistungsfähigkeit" wirklich optimal "nutzen" (dabei jedoch gerade nicht nur verwerten und ausbeuten) will, der muss notwendiger- wie logischerweise auf seine Bedürfnisse eingehen, der muss die Leiblichkeit des Menschen berücksichtigen und die jeweilige Individualität - statt: sie zu übergehen, zu bezwingen, zu manipulieren, zu beschädigen.
 
Ja, das bedeutet konsequenterweise, dass es - gesellschaftlich, politischdie Möglichkeit (!) zu einem bedürfnisorientierten Umgang mit - wenigstens - Kindern geben muss.
 
Das bedeutet, dass sich in unserer Art und Weise zu arbeiten, zu wirtschaften, auch: zu wohnen, zu leben und daher ganz besonders: zu "erziehen", zu lehren, zu lernen vieles deutlich ändern müsste ... und könnte.
Es gibt Ideen, Konzepte, auch kleine Initiativen, die das veranschaulichen, die Beispiel gebend sind.
 
Natürlich müsste sich dafür in den Köpfen vieler, insbesondere konservativer Menschen zuvor noch einiges bewegen. - Was eines der wirkmächtigsten Hemmnisse darstellt: das zumeist negative, destruktive, verengte, verkürzte, von Angst, Abwehr und mangelndem Mitgefühl geprägte Welt- und Menschenbild dieser Menschen sowie die Entstehungshintergründe dessen (die wiederum in deren Kindheit liegen).
 
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