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Sabeth schreibt - Lebenskunst für Laien

Poesie Melancholie Philosophie Feminismus Anarchismus - non serviam.

Stoizismus", Fatalismus, freiwillige Knechtschaft

 
19. November 2023
 
"Stoizismus", Fatalismus, freiwillige Knechtschaft, vermeintliche "Selbstbeherrschung" und "Selbstgenügsamkeit", Fügung in "sein Los" sind weder Ausdruck von / Zeichen für Freiheit noch und schon gar nicht Weisheit.
 
Netzfund (twitter/X):
"„Bitte nicht darum, dass die Dinge so geschehen, wie du es dir wünschst, sondern wünsche dir, dass sie so geschehen, wie es von Natur aus der Fall ist, dann wird es dir gut gehen.“ – Epiktet #Stoizismus"
 
Meine Replik:
Was ist denn wann, wo, wie "von Natur aus der Fall", insbesondere in Bezug auf menschliche Gemeinschaften, Gesellschaften, Kulturen, menschliches Zusammenleben? Und wer bestimmt, erkennt, definiert das - auf welcher Legitimationsbasis für wen? ;)
 
Oder darf/soll jeder das für - je nur sich selbst: in einer Gemeinschaft? ;) - beliebig, willkürlich, nach nur eigenem Gutdünken entscheiden?
Kein Mensch ist eine Insel.
 
Antwort des oben bereits zitierten Verfassers:
"Ich verstehe "von Natur aus der Fall" hier als eine Analogie zum Schicksal. Nietzsche hat das später unter dem Begriff "Amor Fati" beschrieben. Es gibt Ereignisse im Leben, die uns "einfach passieren" ("von Natur(-gesetzen) aus der Fall") und die sich unserer Kontrolle entziehen."
 
Meine Replik:
Ja, das nenne ich "Widerfahrnisse", dies hat aber nichts mit "Schicksal" und Schicksalsgläubigkeit, Fatalismus, zu tun. Es ist auch nicht "Natur", sondern einfach Zufall oder Verkettung verschiedener Ereignisse, die weder vorhersehbar noch beeinflussbar sind.
 
Wenn man "von Natur aus der Fall" sagt, klingt darin schon etwas an, das auf eine bestimmte Weise nur so kommen konnte, sich zutragen kann, aber Widerfahrnisse sind keine Naturgesetze und man muss sie auch nicht "stoisch" hinnehmen, denn man ist Mensch, nicht Maschine.
 
Viele Widerfahrnisse sind gerade auch durch menschliches Tun und Unterlassen oder Fehlgehen oder Unachtsamkeit ... verursacht, Menschen hätten sie u.U. durchaus vermeiden, ihnen vorbeugen oder sie abmildern können, aber eben nicht der Betroffene, dem sie widerfahren.
Dass die Dinge sich dann aber entwickelt haben, wie sie es taten, war also nicht unabwendbar, nicht in Stein gemeißelt - eben keine Naturgesetze, wie bspw. Schwerkraft oder dass die Erde sich um die Sonne dreht. Es hätte beim Widerfahrnis auch alles ganz anders verlaufen können.
 
Antwort des zitierten Verfassers:
""Kein Mensch ist eine Insel." Ich denke, dass der Stoizismus, wenn von jedem Menschen praktiziert, zu einer besseren Gesellschaft führen wird. Beispiel Emotionen: mit etwas mehr Achtsamkeit, würde auffallen, wie (aktiv) Angst geschürt wird. Anstatt sich ihr hinzugeben, ... würde man hinterfragen."
 
Meine Replik:
Naja, dem:
"Für den Stoiker als Individuum gilt es, seinen Platz in dieser Ordnung zu erkennen und auszufüllen, indem er durch die Einübung emotionaler Selbstbeherrschung sein Los zu akzeptieren lernt (...)"
kann zumindest ich nicht zustimmen: "sein Los akzeptieren lernen".
 
Denn es gründet sich hierauf:
"Die Stoiker sind von der strengen Kausalität allen Geschehens überzeugt. Was immer in der Welt und unter Menschen vorkommt, beruht demnach auf einer lückenlosen Kausalkette. Wo diese nicht nachweisbar ist, versagt unser Erkenntnisvermögen. Auch der Einzelne ist durch das Schicksal (Heimarmene) bestimmt. Falls er sich gegen die Vorsehung (πρόνοια prónoia, „Pronoia“) stellt, ist auch dies selbst durch das Schicksal bestimmt."
 
Eben dies ist Fatalismus.
 
Und überdies ist es ein Macht- und Unterwerfungsinstrument, da Menschen sich mit ihrem "Los" abfinden (lernen) sollen - statt es aus berechtigten Gründen verändern zu wollen, gemeinschaftlich zu können:

"Dazu müsse er unterscheiden lernen zwischen Dingen, die ganz in seiner  Macht stehen, weil sie mit eigener Betätigung oder Unterlassung  verbunden sind, z. B. Vorstellungen, Urteil, Begierden und Abneigungen,  und Dingen, die nicht der eigenen Kontrolle bzw. Verfügung unterliegen  wie Körpergestalt, Gesundheit, Ansehen, Ehre, Besitz und Tod. Der  Königsweg zu Freiheit, Seelenruhe und stoischer Weisheit bestehe darin,  nur die Ersteren als Werte anzuerkennen, die anderen dagegen als  sittlich gleichgültige Dinge (Adiaphora) anzusehen und sich nicht weiter damit zu befassen. (...)
Nur ein lebenslanges Bemühen um Selbstformung, das auch den Herausforderungen von Schicksal und mitmenschlichem Umfeld standhält, schafft Aussicht auf die Seelenruhe des stoischen Weisen. Voraussetzung dafür ist eine ausgeprägte Affektkontrolle, die zur Freiheit von Leidenschaften (Apatheia), zu Selbstgenügsamkeit (Autarkie) und Unerschütterlichkeit (Ataraxie) führen soll."
Quelle oben verlinkt: Wikipedia - Stoa
 
Das ist nicht Weisheit, sondern Streben nach Macht, Kontrolle, die Unfähigkeit, das Menschsein inkl. Bedürftigkeit, Verletzlichkeit, Gefühlen wie eben auch Trauer, Wut, Verzweiflung, Zweifeln, Unsicherheit ... und sein Sozialwesensein, Angewiesensein auf Beziehung, zu akzeptieren.
 
Es ist auch nicht Freiheit, sondern freiwillige Knechtschaft. Statt gegen menschengemachte (!) Ungerechtigkeiten aufzubegehren, sie gemeinschaftlich konstruktiv, wohltuend zu überwinden, sollen vorgeblich "von Natur aus" Benachteiligte, Ausgebeutete sich in ihr "Schicksal" fügen.
 
Ein Mensch, der "unerschütterlich" ist, ist emotional kalt, verpanzert.
Und infolgedessen - fehlendes Mitgefühl - zumeist selbst- und fremdschädigend. Entweder unterliegt er dem selbstschonenden Selbstbetrug oder er ist Psychopath.
 
Ein Mensch, der leidenschaftslos ist, ist m.E. zu bedauern. Ich halte es da eher mit Camus. :)
"There is not love of life without despair about life."
Albert Camus
 
"Aber zu wissen, ob man mit seinen Leidenschaften leben kann, zu wissen, ob man ihr tiefes Gesetz - nämlich das Herz zu verbrennen, das sie gleichzeitig in Begeisterung versetzen - akzeptieren kann: das eben ist die Frage."
Albert Camus - "Der Mythos des Sisyphos"
 
Und ja: Fatalismus ist auch eine Form des Glaubens, Aberglaubens, der Esoterik.
Ja, ich habe ein großes Problem mit Esoterikern, mit Esoterik, Glaube, Aberglaube, Religion, Ideologie, mit also intellektueller, sozialer, emotionaler Unreife. Denn all das, richtet nachweislich! weltweit nach wie vor so unerträglich viel Schaden, Leid, Elend an.
 
Philosophie, Wissen, Kenntnis, Vernunft, Reife, Erkenntnis-, Urteils-, Reflexionsfähigkeit, Mitgefühl, Liebesfähigkeit, Liebe - statt Esoterik, Glaube, Aberglaube, Religion/Ideologie, "Gott", Gottes-Wahn - Krücke, Unreife.
 
Kein Mensch sollte seine Identität auf Religion, Ideologie, Glaube, Aberglaube, Esoterik, Gottes-Wahn gründen, sondern auf intrinsische Moral, Integrität, Prosozialität, Erkenntnis, Vernunft, Reife, Liebesfähigkeit. Ich wünsche mir eine gottlose Welt. Philosophie statt Ideologie.
Je intellektuell, emotional und sozial unreifer ein Mensch ist, desto gläubiger ist er - Religion, Ideologie, Esoterik, Glaube, Aberglaube, "Gott": Hirngespinst, Krücke, Gottes-Wahn, Patriarchat - Selbstbetrug.
 
Reife, Persönlichkeitsreife - je persönliche und "kollektive": gilt es zu fördern, zu stärken, zu ermöglichen, statt sie autoritär zu unterdrücken, zu behindern, durch Ideologie, inkl. Religion, zu torpedieren, untergraben.
Was ist für mich Reife:
Erkenntnis-, Urteils-, Reflexions- und Selbstreflexionsfähigkeit, Vernunft, Empathie, Mitgefühl, Authentizität, Integrität, (Zivil-) Courage, Rückgrat, Prosozialität, Liebesfähigkeit.
 
Für Persönlichkeitsreifung bedarf es keiner "übergeordneten Instanz", keiner Religion, Ideologie, auch nicht zwingend eines "Lehrers", Gurus, "spirituellen Führers", sondern der persönlichen Motivation, Urteils-, Erkenntnis-, Reflexionsfähigkeit, Intelligenz.
 
"Unerschütterlichkeit" ist Gefühlskälte, Gefühlstaubheit, emotionale Verpanzerung.
Ein Mensch, der "unerschütterlich" ist, ist emotional kalt. Und infolgedessen - fehlendes Mitgefühl - zumeist selbst- und fremdschädigend. Entweder unterliegt er dem selbstschonenden Selbstbetrug oder er ist Psychopath.
 
Vielleicht muss es nochmals erwähnt werden: Bei Mitgefühl, beim Mitfühlen empfinden wir stets eigenen! (psychischen) Schmerz, Leid. Ohne dieses Ertragenkönnen, -wollen eigenen Schmerzes, hervorgerufen durch das Leid anderer, wären wir gefühlskalte Monster. Psychopathen.
 
Es kann also gerade nicht darum gehen, uns unsere "unangenehmen" Gefühle "abzutrainieren", sondern zu lernen, damit umzugehen: sie nicht zu unterdrücken, zu verurteilen, zu "beherrschen", sondern sie anzunehmen, zuzulassen, aber eben nicht fremdschädigend auszuagieren.
 
Und hilfreich ist dabei - eigentlich ;) - die lebenslang für jeden Menschen unentbehrliche Beziehung zu/mit anderen, idealerweise mehreren Menschen. Heilen vollzieht sich, wie Lernen, vor allem über Beziehung. Inklusive wohltuender, nicht-sexueller Berührung.
 
Jungs: Es ist nicht Zeichen, Ausdruck von Stärke, einen auf "Krieger, Held" zu machen, seine menschliche Bedürftigkeit, Verletzlichkeit, Angst, Gefühle, Fehler zu verbergen, zu unterdrücken, zu leugnen, autoritär, emotional verpanzert psychische und physische Gewalt zu tätigen. Selbstbetrug. Unreife.
 
-
update 24. November 2023
 
Ergänzungen, da die Diskussion via twitter / X fortgeführt wurde.
 
Ich halte es für Selbstbetrug und grundsätzlich falsch, "Kontrolle" erlangen zu wollen, oft heißt das nämlich, "unangenehme" Gefühle nicht zuzulassen, weil man sie nicht ertragen will/kann.
 
Vorlage:
"Neben der Fähigkeit sich seiner Emotionen bewusst zu sein und sie "kontrollieren" zu können, kann er natürlich auch die Umstände analysieren, die zu diesem Schicksal führten (z.B. Analyse Autounfall). Mit den daraus gewonnenen Erkenntnissen ist er schon in der Lage sein ein zukünftig gleichgelagertes Schicksal zu vermeiden. Das meine ich mit Kontrolle. Aber klar, manche Schicksale entziehen sich unserer Analyse, hier greift der stoische Umgang damit."
 
Meine Replik:
Aus deinen Sätzen klingt deutlich, unmissverständlich an, dass du selbst intensiv nach "Kontrolle" strebst, die es aber im Leben von Menschen oft gerade nicht gibt, nicht geben kann. Das liegt am Menschsein als solchem, ist ihm inhärent.
 
Was, wie ist Menschsein, die Conditio humana:
lebenslang! bedürftig, verletzlich, fragil, sterblich sein. Jeden einzelnen Tag. Wissentlich.
Leiblichkeit. Kontingenz. Zufall. Widerfahrnisse.
Verstand, Vernunft, Erkenntnis-, Reflexionsfähigkeit, Verantwortung.
Mitgefühl. Liebe.
 
Und ja: Eben weil sehr viele Menschen mit diesem Menschsein, der Conditio humana, der Gegebenheit menschlichen Seins (Leiblichkeit und Bewusstsein ...) nicht zurandekommen, klammern sie sich unreif an Glaube, Aberglaube, Religion/Ideologie, Esoterik, Okkultismus, Fatalismus.
Siehe auch vermeintliche "Selbstoptimierung" - hierzu gibt es einen eigenen blog-Eintrag, unten verlinkt.
 
Die "eigene" Existenz ist nie sicher - Mensch ist lebenslang bedürftig, verletzlich, sterblich. Jeden Tag. Widerfahrnisse, Kontingenz, Zufall - Leben, Menschsein. Aber die Existenzgrundlage könnte man global etwas besser als bisher ;) absichern, ja.
 
Vorlage:
"Ich würde nicht sagen, dass Stoizismus bedeutet, sich seinem Schicksal "zu untergeben". Viel mehr geht es darum zu erkennen, dass man im Moment des Schicksals unterschiedlich reagieren kann. Einmal "überemotional" (im Sinne von "warum ich" oder "das ist unfair") und einmal die Akzeptanz, dass es Schicksale gibt, die sich der Kontrolle entziehen. Ein Stoiker ist sich im Moment des Schicksals seiner Gefühle bewusst und kann sie steuern. Durchaus wird er die Kausalität ergründen um daraus Erkenntnisse zu gewinnen um eine Kontrolle darüber zu erlangen. Demnach würde ich auch bestreiten, dass er z.B. Unrecht als Schicksal akzeptiert.
 
Dass der S den Umgang mit Emotionen behandelt sehe ich zwar, allerdings im positiven Sinne: Natürlich kann ein Stoiker über den Verlust eines Menschen trauern. Er sollte sich jedoch nicht in ihm ergehen und sich seines eigenen Lebens bewusst sein - er hat die Kontrolle darüber."
 
Meine Replik:
Das ist eine irrige Annahme. Um bei deinem Beispiel zu bleiben: Wer trauert, der trauert, da wird - hoffentlich - nichts "kontrolliert", denn dann wird eben gerade nicht getrauert, sondern es werden die Gefühle, das Trauern, die Traurigkeit, der Schmerz unterdrückt.
 
Wie schon gesagt, halte ich "Kontrolle" diesbzgl. für den falschen, eher zusätzlich belastenden Weg. Oft werden Emotionen ohnehin unterdrückt, weil sie unangenehm sind, bspw. mit Drogen oder werden aufgrund der fehlenden Auseinandersetzung damit als Gewalt gegen andere ausagiert.
 
Siehe, was ich auch dazu bereits schrieb - ich halte es für Selbstbetrug und grundsätzlich falsch, "Kontrolle" erlangen zu wollen, oft heißt das nämlich, "unangenehme" Gefühle nicht zuzulassen, weil man sie nicht ertragen will/kann.
Ich kann hierzu nur immer wieder wärmstens Erich Fromm und Arno Gruen empfehlen.
 
Es liegt hier m.E. ein weiteres Missverständnis zugrunde, denn wer über seine Gefühle reflektiert, kontrolliert und unterdrückt sie damit/deshalb nicht.
 
Ja, vieles im Leben kann ein Mensch, Individuum nicht beeinflussen, nicht mitgestalten, nicht ändern, das ist aber nicht "Schicksal, Vorsehung" oder "Gottes Werk" - geht letztlich auf das Gleiche hinaus - sondern es ist das Menschsein, die Conditio humana: das Geworfensein, Kontingenz, Zufall, Widerfahrnisse, lebenslang täglich: Bedürftigkeit, Verletzlichtkeit, Sterblichkeit.
Widerfahrnisse sind nicht Schicksal.
Siehe, wie oben, im Eintrag vom 19.11.2023, bereits erläutert.
 
Und nein, es lassen sich solche Widerfahrnisse gerade nicht "kontrollieren" oder vorbeugen, auch nicht durch rationale Analyse.
 
Wer sich mit dem Begriff "Widerfahrnisse" - im Leben von Menschen, sogen. "Schicksalsschläge" für Fatalisten und Gläubige - sowie Argumentation zu Suizid, Freitod auseinandersetzen möchte, dem sei Wilhelm Kamlah empfohlen: "Meditatio mortis".
 
Vorlage:
"Ich sehe nicht, dass es darum geht "sein Los akzeptieren zu lernen", sondern darum sich des Schicksals (unbekannte Kausalität) bewusst zu sein. Darüber weiß der Stoiker, dass er die Reaktion darauf kontrollieren kann oder sich dessen zumindest bewusst ist. Es ist kein Fatalismus.
Ich fange erst an mich mit dem Thema zu beschäftigen und verstehe vieles noch nicht. Dass Amor Fati bedeutet sich seinem Schicksal hinzugeben und einen Fatalimus zu leben, sehe ich derzeit nicht.
`Das ist nicht gleichzusetzen mit Fatalismus, d.h. der passiven Hinnahme dessen, was einem geschieht.´
Das Thema "Schicksal" und "Fatalismus" scheint immer wieder stark diskustiert worden zu sein - und wird es immer noch."
 
 
Meine Replik:
Es ist dasselbe: Schicksalsgläubigkeit ist Fatalismus.
 
Genau das ist Fatalismus: Die Annahme, dass es ein "Schicksal" gibt, dass das Leben eines Menschen und alles, das darin "passiert", unausweichlich, unabänderlich vorbestimmt, festgelegt sei. Auch bei Nietzsche. ;) "Amor fati".
 
 
Zum oben verlinkten Text - "Die Stoa, mehr als stoischer Fatalismus":
Das ist eine persönliche, dabei fehlgehende Interpretation des Stoizismus eines Menschen, der sich nicht nur selbst widerspricht, denn er bezieht sich in seinem Text auf, Zitat: "ein göttliches Prinzip, eine "große Ordnung", sondern es bestätigt vielmehr, was ich bereits schrieb:
Es gibt keine "unbekannte Kausalität", es gibt kein vorgegebenes, vorbestimmtes, irgendwie von irgendwem oder irgendwas festgelegtes "Los". Das alles ist Fatalismus.
 
Ob man von einem "Schicksal", einem "göttlichen Prinzip", einer "großen Ordnung", also einer vermeintlich übergeordneten metaphysischen (!) Instanz ausgeht, sie für existent, zugrundeliegend hält, läuft auf dasselbe hinaus. Es ist Glaube, Aberglaube.
 
Und nochmal: Es ist das alles, inkl. Fatalismus, Glaube, Aberglaube, Esoterik - Unreife, ggf. auch Verzweiflung.
Die Herausforderung ist, die Conditio humana, das Menschsein als solches - nicht: "Schicksal" - zu akzeptieren, damit zurandezukommen.
 
Über seine Gefühle "Kontrolle" zu haben oder erlangen zu wollen, ist "bestenfalls" selbst- und zumeist auch fremdschädigender Selbstbetrug, schlimmstenfalls Machtstreben, Autoritarismus, Sadismus, Masochismus ... . Mit abermaligem Verweis auf Erich Fromm und Arno Gruen.
 
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Tapferkeit
 
... zeigt sich nicht im Kämpfen mit Waffen, in Kriegen.
 
Unabdingbar ist sie fürs Durchstehen, Ertragen, Durchleiden, Bewältigen all der unzähligen unzumutbaren Vorkommnisse, Widerfahrnisse, Umstände, Verhältnisse im einzigen, kleinen Leben eines (bewussten) Menschen.
 
Dies insbesondere dann, wenn dieser Mensch sich an keine Krücken hängt, klammert:
Drogen, Sucht, Religion, Glaube, "Gott", Esoterik, Aberglaube - Selbstflucht, Selbstbetrug.
Wenn er alles stattdessen wach, bewusst, nüchtern erfährt, erleidet, erträgt. Immer wieder. Lebenslang.
 
Und selbstverständlich: zeitigt das keineswegs "schöne" Folgen, hinterlässt all das Spuren. Wahrnehmbar, irreversibel eingraviert. Im Körper, in der Psyche, im Leib, in der Persönlichkeit eines solchen Menschen.
 
Nein, man muss deshalb kein Masochist oder Märtyrer sein oder dazu werden (wollen). Nur der Mensch, als einziges Lebewesen auf diesem Planeten, kann sich selbst, selbstbestimmt, den eigenen Tod geben. Das: erfordert eine immense Stärke.
 
Freitod
 
Was ich mit Tapferkeit meine, ist also etwas wie emotionale Stärke, eher: emotionale Reife, sich auf Mitgefühl, Liebesfähigkeit, (Selbst-) Erkenntnis, Urteils-, Reflexionsfähigkeit gründend, für die es wiederum der Lebenserfahrung und intellektueller Reife bedarf.
 
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Was ist Lebenskunst?

Einen Sinn, seinen Platz, Gefährten zu finden?
Eine Spur zu hinterlassen, (sich) anderen zu geben, nicht zu verzweifeln, Zweifel auszuhalten, Fragen zu stellen, ohne Antwort zu erwarten?
Zu reifen - dabei nie zu "Vollkommenheit": um Mensch zu bleiben?
Lieben?

Verlust ertragen (lernen).
Selbst zu entscheiden, wann (es) genug ist - Leben war.
 
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