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Sabeth schreibt - Lebenskunst für Laien

Poesie Melancholie Philosophie Feminismus Anarchismus - non serviam.

Zwischen Treue (Loyalität) und Selbstverrat - Liebe als Brücke über Gräben

 
Zwischen Treue (Loyalität) und Selbstverrat - Liebe als Brücke über Gräben
 
Je intensiver, umfassender ich meinen persönlichen (politischen) Gegner mittels Argumenten und Fakten widerlege, des/seines Irrtums "überführe", umso ausgeprägter wird mein Mitgefühl mit ihm und das Bedürfnis nach Versöhnung, Verbundenheit.

Ursache hierfür ist selbstredend eine zugrundeliegende emotionale Verbindung, Nähe, man kann es wahrscheinlich als Liebe bezeichnen, die solche Gefühlszustände bei mir auslöst - dass ich meine oberflächliche Überlegenheit als solche bzw. als des "Gegners" Unterlegenheit nicht wahrnehmen, nicht auf diese Weise empfinden möchte; das nicht etwa deshalb, weil ich ein Unterwerfungsbedürfnis hätte, sondern weil ich mit ihm leide, weil ich seinen Schmerz (er-) kenne, mitfühle und ihn von ihm abwenden möchte, statt ihm weiteren, zusätzlichen Schmerz zuzufügen.

Ich kann dies jedoch nicht auf Grundlage einer Art Selbstbetrugs bzw. Selbstverrats vornehmen, kann meinen mir vertrauten (!) "Widersacher" nicht um diesen Preis schonen - denn ich schonte ihn auf diese Weise keineswegs, ich erleichterte ihm lediglich seinen Selbstbetrug und ermöglichte ihm, diesen noch eine Zeit lang fortzusetzen, was seine Reifung (noch zusätzlich) verhinderte, somit nicht in seinem Sinne wäre.
 
Nun kann man es als anmaßend betrachten, dass ich diese Sicht auf die Dinge habe, keineswegs jedoch fühle ich mich meinem "Gegner" tatsächlich überlegen - zumindest nicht intellektuell, möglicherweise allerdings "sozial", mehr noch emotional (hinsichtlich emotionaler Reife), das aber wiederum nicht permanent oder ausnahmslos.
 
Ich bin nur überzeugt davon, dass die Handreichung Gräben zu überbrücken vermag - gewiss nicht die Überheblichkeit, Selbstgerechtigkeit oder gar ein wie auch immer geartetes Streben, Wunsch nach Macht bzw. Unterwerfung des anderen.
 
Indem man einen anderen Menschen - üblicherweise gewaltsam (mittels physischer und/oder psychisch-emotionaler Gewalt) - unterwirft, macht man damit selbsttätig jegliche eigene (etwaig bis dahin vorhanden gewesen seiende) Souveränität und Integrität zunichte. Demonstrativ.
 
Wer mitfühlt, umso mehr: wer liebt, wird niemals den Wunsch nach Unterwerfung, Übervorteilung, Ausbeutung des anderen haben (können) - er würde selbst leiden, verhielte er sich auf diese Weise. Er fügte sich selbst Schmerz zu, denn er ertrüge des anderen Schmerz (als Folge des Unterworfenseins ...) nicht.
 
Ich versuche, Hinweisgebende zu sein, wenngleich auf zugegebenermaßen nicht schonende, nicht "diplomatische", sanfte, sondern sehr direkte, schonungslose Weise - mein Ziel ist es nicht, zu verletzen, sondern einen Erkenntnis- und Reifungsprozess in Gang zu setzen. Und auch ich bedarf selbstredend immer wieder solcher "Anstöße".
 
Die Ambivalenz meiner Gefühle erleichtert die Situation nicht, sie zu verdrängen oder zu leugnen, hülfe jedoch ebensowenig, wäre wiederum nur selbstschonender, bequemer Selbstbetrug.
 
Ich versuche, nicht auszuweichen, sondern Brücken zu bauen.
Ob ich das auf die angemessene Art vornehme, bleibt fraglich.
Für wen ist was "angemessen"? Das Angemessene ist nicht immer das zunächst als zuträglich Erscheinende.
 
Der Grat zwischen Zugeständnis, Brückenbauen und Selbstverrat, Selbstverleugnung kann bisweilen ein sehr schmaler sein.
Sich selbst (eigenen Werten, Überzeugungen) treu bleiben, Haltung bewahren und zugleich loyal, zugewandt, gebend gegenüber dem anderen - stellt sich mir nach wie vor als Herausforderung dar. Denn der Graben ist tief und erscheint als kaum überbrückbar.
 
-
"Wer an das Gute im Menschen glaubt, bewirkt das Gute." Jean Paul
 
Man soll an das Gute im Menschen glauben, man soll niemanden abschreiben.
Grundsätzlich teile ich diese Einstellung, aber hat sie auch Grenzen, kann, darf sie Grenzen haben und falls ja, wo verlaufen, wo beginnen diese:
 
- bei der menschenverachtenden Gesinnung einer Person?
- bei der wissentlich schädigenden Tat?
- bei der Wiederholung solcher Tat?
- bei der Leugnung solcher Tat(en)?
- bei der Lüge über die Tat?
- bei der Verweigerung der Wiedergutmachung der Tat?
 
Wie geht man mit dem Selbstbetrug, der Flucht solcher Täter (vor sich selbst) um?
Wie mit dem Schaden der Geschädigten - als Geschädigte?
 
Wie, wodurch ist Heilung, Vertrauenfassen für Geschädigte nach Schädigung, Geschädigtwordensein möglich - sich den Glauben an das Gute in (anderen) Menschen zu bewahren oder zurückzugewinnen?
 
Wie, wodurch ist es möglich, den Täter weiterhin, trotz seiner Tat und deren Folgen, als Mensch zu sehen, zu behandeln?
Was, wenn das Mitgefühl zusätzliche (Selbst-) Schädigung zur Folge hat?
 
Wo verläuft die Grenze? Hat das Mitgefühl Grenzen? Darf, sollte es diese haben? Wer könnte sie auf welcher (ethischen) Legitimationsbasis definieren - für wen jeweils, für welche Umstände, unter welchen Gegebenheiten, Bedingungen oder gar bedingungslos gültig sein könnend?
 
Setzt der Schmerz die Grenze? Dessen Intensität, Dauer?

Setzt das Individuum seine jeweilige, "nur" persönliche Grenze? Wie kann dann Beliebigkeit, Willkür vorgebeugt werden?
 
Setzt das Ausmaß der Schädigung die Grenze? Wer kann das wiederum auf welcher Grundlage für wen festlegen?
 
Soll, muss man den Feind lieben? - Um was erwirken zu können: die eigene (psychisch-emotionale) Heilung und/oder die des Feindes oder beider? - Wie könnte das gelingen, wenn der Feind nicht Reue zeigt, nicht um Verzeihung bittet, keine Wiedergutmachung leistet, sondern sein schädigendes Verhalten (anderweitig, auch anderen gegenüber) fortsetzt?
 
Wo verläuft die Grenze des Tolerierbaren?
Wo die des Erträglichen?

Hat grenzenloses Mitgefühl einen Wert, einen Sinn, eine Tragweite?
 
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Aktualisierung am 09. Januar 2019
 
Was machst du, wie kommst du damit zurande, dass der von dir geliebte Mensch auf der gegenüberliegenden Seite eines unüberbrückbaren Abgrunds steht - und dich als Feind dauerbeschiesst ... bis er dich restlos vernichtet hat.
 
Der Mensch, der dir so vertraut war, jedenfalls schien, dem du vertrautest, mit dem du Intimität erlebtest - für Momente also so etwas wie Verbundenheit.
 
Der Mensch, der dir im Wesen so ähnlich, im Denken und Fühlen so fremd ist. - Und der nicht erkennt ... .
 
Was machst du damit? W i e lebst du damit?
 
Was machst du, wenn du einen Menschen liebst, der seinerseits nicht liebesfähig ist?

Du kannst ihm die Liebe, dein Lieben, nicht zuteil werden lassen - er verunmöglicht es, er lässt es nicht zu - weil: ihn nicht nur das aktive Lieben überfordert, sondern sogar das Geliebtwerden, das er zwar will, in letzter Konsequenz jedoch nicht erträgt - weil es ihn mit sich, mit seinem Selbst konfrontiert ... und er sich seiner Defizite gewahr wird, derer er sich schämt. Er ist nicht beziehungsfähig und nicht schmerzfähig - daher auch nicht fähig zu Mitgefühl, zu Liebe - zum Geben.
 
Die Liebe kann jedoch nie nur abstrakt, sondern muss zwangsläufig konkret sein - auf den Anderen bezogen, nicht auf das Ich zurückfallend, in ihm wie in einem Gefäß schwebend verbleibend.
 
Tragisch, da es doch die gelebte Liebe, die Beziehung zwischen Menschen ist, die allein zu heilen vermag.
 
Wo Liebe(n) nicht möglich ist - abgewehrt, unterbunden, ausgesetzt, torpediert wird - ist Heilung, Ganzwerdung, Reifen, Selbsterkenntnis und Selbstüberwindung nicht möglich, bleibt das Ich als Ego, statt als Selbst in seinen Begrenzungen und Beschädigungen gefangen.
 
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13. Dezember 2018
 
Warum können so viele Menschen ihr Fehlverhalten nicht einfach zugeben, kommunizieren, in Dialog miteinander kommen - wo erforderlich: mit Mediator - sich entschuldigen, um Verzeihung bitten und Wiedergutmachung leisten, anbieten?!
 
Sind sie a l l e narzisstisch persönlichkeitsgestört?
 
Warum immer bloß Strafe, Rache, Gewalt? D a s ist Armut. Es ist maximal unreif, klein, schwach, hässlich, dumm. Krank. ?
 
Warum werden ausgerechnet zumeist jene Menschen zu unseren ärgsten "Feinden", Widersachern, Peinigern, die uns intensiv nahegestanden haben, mit denen wir emotional so innig verbunden waren/sind ... . - Wie kann es sein, dass man sich gegenseitig dermaßen schädigt, bekämpft, bekriegt, einander Schmerz, Leid zufügt, wo es so viel heilsamer wäre, mitzufühlen, aufeinander zuzugehen, Hände zu reichen, Brücken zu bauen - auch, wenn es mühsam, anstrengend ist.
 
Verzeihen, Wiedergutmachung, Versöhnung, Liebe
 
Ist es die Unerträglichkeit der eigenen Scham in Anbetracht eigenen Fehlverhaltens, eigener (sozialer, emotionaler, intellektueller, moralischer, charakterlicher) Unzulänglichkeiten, Defizite?

Ist es der pathologische Narzissmus inklusive (stets) kompensatorischen Strebens nach Machterhalt (Macht, Kontrolle, Unterwerfung) - der Selbstreflexion, Selbstkritik bzw. das Bittenkönnen um Verzeihung hindert?

Ist es die Angst vor neuerlichem Verletztwerden, also Abwehr, Verpanzerung, Mangel an Vertrauen (-können)?

Oder ist es doch bloße, banale Selbstgerechtigkeit, Hybris - maximaler Selbstbetrug?

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