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Sabeth schreibt - Lebenskunst für Laien

Poesie Melancholie Philosophie Feminismus Anarchismus - non serviam.

Zum Tod von Verena Stefan - Männer brauchen Frauen und ertragen dies mehrheitlich nicht, was das durch Männer errichtete Patriarchat zur Folge hat(te) ... - Über Sex und Gewalt und die Liebesfähigkeit der Frau als ihr Verhängnis

 
Zum Tod von Verena Stefan.
 
Ja: Es brauchen Männer Frauen. Und weil nicht wenige Männer eben das augenfällig kaum ertragen können - ihre, jedenfalls von ihnen so gefühlte, emotionale, sexuelle und soziale Abhängigkeit von Frauen, insbesondere auch und gerade Müttern, ihre (der Männer gefühlte und/oder tatsächliche) intellektuelle, moralische Unterlegenheit und emotionale, soziale Bedürftigkeit gegenüber Frauen - errichteten sie das Patriarchat, als Strafe, aus Rache, zur Kompensation.
 
Mit all seinen gewaltvollen Auswüchsen:
 
Schwarzer Pädagogik (Druck, Zwang, Kontrolle, Härte, Strenge, emotionale Kälte, Entzug/Verweigerung, Strafe, Dressur, Unterwerfen), Machtgebaren, Unterwerfenwollen, Ausbeuten, Hass, Rache/Vergeltung, Folter, Krieg, Mord, auch: das Überhöhen des "Geistigen", das Abwerten des Fühlens, das Abwerten der Leiblichkeit, siehe in allen patriarchalischen (monotheistischen) Religionen so üblich.
 
Es ist die Liebesfähigkeit der Frau (ihre Empathie, mehr noch ihr Mitgefühl, ihr Gebenkönnen, Gebenwollen, ihre bedürfnisorientierte Fürsorglichkeit), die ihr - nach wie vor - zum Verhängnis wird - rings um den Globus.
 
"[...] In diesem ersten deutschsprachigen literarischen Text einer Feministin der Neuen Frauenbewegung analysiert sie aus der Perspektive der Ich-Erzählerin die männerdominierten heterosexuellen Herrschaftsverhältnisse als allumfassendes Konstrukt, in dem die Normativität des "zu einem Mann Gehörens" einem "angelernten Suchtverhalten" entspreche, das den Interessen der Männer diene und ihre Vorherrschaft erst ermögliche. Die Frauen blieben sowohl sich selbst als auch einander in diesen Mann-Frau-Gefügen fremd. Eine Entfremdung, für die es aufgrund der "Aufenthaltsbedingungen in der Welt der Männer" nur eine Lösung gäbe: den Aufbruch in die "Welt der Frauen". "Sexismus geht tiefer als Rassismus als Klassenkampf" Verena Stefan beschreibt in "Häutungen" ihren eigenen Aufbruch, wie sich ihre Häute verändern, überlagern, puzzeln.
 
Erst in einer lesbischen Beziehung fühlt sie sich ganz, bei sich, intakt und sie erfährt nach und nach die Dekonstruktion ihrer bisherigen Denk- und Lebensweise. Das Buch entstand in einer Zeit, als die ersten Frauengruppen gegründet wurden und die Feministinnen begannen, patriarchale Strukturen genauso zu hinterfragen wie ihre privaten Beziehungen zu Freunden, Ehemännern und linken Genossen. Mit Sicherheit ist dieser Text zur richtigen Zeit erschienen. In acht europäische Sprachen übersetzt, wurde er in Kürze zum "Kultbuch" der Frauenbewegung und hat bis heute – leider – nicht an Aktualität verloren.
 
"Also, sag mal Mädchen, wo hast du denn deine Brust hängen?".
 
Ausgangspunkt des Textes ist die Pöbelei eines fremden Mannes, "einfach so", aus dem Nichts. Ein Übergriff, wie ihn Frauen kennen. "Eine alltägliche Behandlung einer Kolonisierten in einer Stadt der ersten Welt", in der jeder Mann jede Frau auf irgendeine Weise missbrauchen kann, schreibt sie. "Mich springen die Blicke der Männer an, krallen sich in die Jeansfalten zwischen meinen Beinen, wenn ich die U-Bahntreppe hinuntergehe. Pfiffe und schnalzende Rufe setzen sich auf mir fest. Die vielen Spuren des Tages abends unter der Dusche unter der Haut ... eine Frau allein, immer noch Gast, immer noch Allgemeinbesitz". Die Übergriffe an ihr bei Tag und bei Nacht sind unzählbar: "Dies ist nicht meine Welt. Ich will neben keines Mannes Verkümmerung gleichberechtigt stehen".
 
"Ich brauchte ihn, weil ich mich nicht hatte" Die Frauen würden sich nicht gehören, sich erfahren als definiert über die Männer, egal ob es um die "ideale" Form der Brüste geht, um die hinter sich zu bringende "Defloration", um endlich eine "Frau zu werden", die Aussage des männlichen Gynäkologen, der sagt: "Das bisschen Schmerz werden WIR ja wohl aushalten", ... Die Frauen würden sich als Besitz der Männer erfahren, als an deren Bedürfnisse angepasste Eigentümer sie sich ganz und gar nach ihm richten sollten. Jede Abweichung von dieser Erwartung gelte als abnormal, frigide, verrückt, als männerfeindlich. Während den Frauen suggeriert würde, sich selbst entfremdete Objekte in einer männlichen Welt zu sein, in der sie auf "Mittelsmänner" von klein auf konditioniert würden, sei es in Wirklichkeit so, dass Männer Frauen brauchen.
 
Immer wieder hatte sie von Männern gehört, dass diese lieber mit Frauen zusammen seien, weil sie einfühlsamer, spannender, aufgeklärter, die "besseren Menschen" seien. Warum also sollte sich ein Mann mit seinen Geschlechtsgenossen beschäftigen? "Du kannst nicht verlangen, dass ich mich auch noch privat mit einem Man befasse!", lässt Verena Stefan Samuel in ihrem Text empört ausrufen und dreht die Frage um: "Warum kann MANN das dann von einer Frau verlangen?". Es seien also Männer, die sich männerfeindlich gebärden. [...]"
 
Quelle des zitierten Textes: derstandard.at - "Ich beherberge keinen Mann mehr", farbliche Hervorhebungen habe ich vorgenommen.
 
Ich gebe zu, ich habe lange gebraucht für Erkenntnis hinsichtlich des unten Zitierten, denn noch vor wenigen Jahren hätte ich es nicht verstanden, schon gar nicht dem zugestimmt. Inzwischen, nach entsprechend gemachten Erfahrungen, sieht das deutlich anders aus.
 
Derselbe Mann - Partner, Ehegatte, Sohn, Bruder, Onkel, Freund, Kumpel ... - der vermeintlich so respekt- und liebevoll mit "seiner" Frau, Partnerin, Ehefrau, Tochter, Mutter, Freundin, Schwester ... umgeht, hat keine Probleme damit, Pornographie zu konsumieren und Frauenkauf zu tätigen - in beiden Fällen (Porno und Frauenkauf) praktiziert der Mann Gewalt gegen Frauen und/oder sieht dieser Gewalt zu, konsumiert sie, masturbiert dabei, wird davon also sexuell erregt; in beiden Fällen geht es nicht minimalst um die Lust der Frau, um ihre Befindlichkeit, ihr Wohlbefinden, ihre Wünsche, Bedürfnisse, Vorlieben, Abneigungen; in beiden Fällen wird die Frau vom Mann zum Objekt gemacht, damit entwertet, entmenschlicht.

Damit bleiben sowohl Pornographie als auch Frauenkauf/Freiertum Gewalt - denn der vorgeblich einvernehmliche Sex wird - von den Frauen - keineswegs als lustvoll, geschweigedenn lusterfüllend erlebt, sondern zumeist schlicht "geduldet", häufig auch erlitten - mehrheitlich gegen, wegen Bezahlung.
Es kann von tatsächlicher Einvernehmlichkeit und/oder Freiwilligkeit die Rede also nicht ansatzweise sein.
 
Ja, ein Mann, der vorgeblich gegenüber der Partnerin "respektvoll, wertschätzend, liebevoll" sein kann/ist (?) und dies bei Pornokonsum und Frauenkauf/Freiertum "ausblenden" kann und: will, kann, kann grundsätzlich nicht Frauen respektieren, wertschätzen, lieben - auch die Partnerin folglich nicht, denn auch sie ist eine Frau und auch jene Frauen, die er mittels Pornographie und/oder Frauenkauf konsumiert, sind Frauen - Mütter, Töchter, Schwestern, Freundinnen, Partnerinnen ... .
 
"[...] Liebe sei eine tausendfache Verwechslung von Begehrtsein und Vergewaltigtwerden: "Ein Mann, der im Allgemeinen bedrohlich ist, soll im Einzelnen liebenswert sein. Ein männlicher Körper, der im Allgemeinen gefährlich ist, soll im Einzelnen lustvoll werden". Diesen Schizophrenien wären Frauen unterworfen und sie könnten lediglich unter der Schirmherrschaft eines einzelnen Mannes die Bedrohlichkeit der anderen für eine Weile vergessen. Doch auch dies nicht immer und nicht zur Gänze, wohnt doch der Vergewaltiger zumeist im gleichen Haus. [...]"
 
Quelle des zitierten Textes: derstandard.at - "Ich beherberge keinen Mann mehr", farbliche Hervorhebungen habe ich vorgenommen.
 
"[...] Zunächst haben Sie ja über die Liebe zu Männern geschrieben. Da heißt es: "Liebe ist eine tausendfache verwechslung von begehrtsein und vergewaltigt werden." Ist das heute auch so?
Dieser Satz hat ins Mark der heterosexuellen Welt getroffen. Sie sehen ja, welchen Zwängen junge Mädchen heute ausgesetzt sind, was Attraktivität oder Sexualpraktiken betrifft. Das ist angereichert und verschärft durch Videos, Internet, Pornografie. Sie haben die Machtstrukturen auf ungeahnte Weise verfestigt.
 
"Ich gebe mir mühe, alles richtig zu bewegen, bis er einen orgasmus hat", haben Sie geschrieben. Die Selbstauskünfte von jungen Frauen heute sind andere. Auch Sexualforscher sehen einen fundamentalen Wandel - hin zu einer konsensualen Sexualität. Glauben Sie das alles nicht?
An dem Punkt würde ich ganz genau wissen wollen, was "konsensual" heißt, wer Lust und Befriedigung definiert und wie. Die Jüngeren, die Schülerinnen, sind doch Zwängen ausgesetzt. In Montreal wurde vor zwei Jahren eine Studie veröffentlicht, in der gängige Sexualpraktiken der Vierzehn- bis Achtzehnjährigen untersucht wurden, Gruppensex, Oralverkehr und Analverkehr mit mehreren Jungs, alles ohne Schutz. Darauf kamen viele Leserinnenbriefe von Schülerinnen, die schrieben: Endlich sagt es mal jemand.
 
Sehen sich die Jungs nicht durch den Gruppendruck genauso genötigt?
In solchen Situation nötigen die Jungs die Mädchen. Der Gruppenzwang ist enorm, und die Struktur ist offensichtlich. Es geht um die Befriedigung der Jungen, die Mädchen bedienen sie. Die erste Erfahrung, die Mädchen machen, ist oft von einer solchen Machtbeziehung geprägt. Und im Übrigen auch von einem Zwang zur Heterosexualität. Alle wissen, dass man lesbisch oder schwul sein kann, aber man darf nicht dazugehören, das ist der soziale Tod in diesem Alter.
 
Das ist aber doch auch ein Problem der Pubertät. Extreme Polarisierungen, blöde Geschlechterrollen. Da wächst man doch heraus, oder?
Das kann ich nicht beurteilen. Ich habe den Eindruck, die Jugendlichen geraten eher stärker in etwas hinein. Oft wird das Ganze ja gleich noch gefilmt und übers Internet vertrieben, so wie es inzwischen üblich ist, dass Jugendliche sich Gruppenvergewaltigungen per Handy zuschicken. Wissen Sie: Die Definition, wie die heterosexuelle Welt konstruiert ist, ist gleich geblieben. Die soziologische Pyramide besteht fort: Die Spitze ist weiß, heterosexuell und männlich. Alles andere ist weniger wert. Wenn man zur Frau erklärt wird, wird man zu einem Wesen gemacht, das in die Kategorie "anders" gehört. Deshalb wollte ich mich nicht zur "Frau" reduzieren lassen. Ich wollte ein Mensch sein. [...]
 
Das heißt: In der Welt sein. Hinausmarschieren und werden, was man werden will. Nicht eingeschränkt sein. Reisen können, nachts auf der Straße sein können. Wenn man sich zuerst als Frau definiert, dann muss man gegen das Klischee und gegen die Rolle arbeiten. Das wollte ich nicht, ich wollte ein Mensch sein. [...]
 
"Ich möchte mit keines mannes verkümmerung gleichberechtigt sein", schrieben Sie in "Häutungen". [...]
 
Aber die Heilserwartung Ihres Denkens ist daraus völlig verschwunden.
Heilserwartung? Hatten wir nicht. Wir hatten ein utopisches Denken, das stimmt. Wir wollten die Welt verändern. In allem. Und nicht nur wir: Das war eine weltweite Bewegung. Das können Sie sich gar nicht mehr vorstellen. Heute gibt es das ganze ökonomische und feministische Wissen. Damals gab es nichts. Plötzlich ging eine Tür auf, und da war ein völlig neues Zimmer mit völlig neuem Wissen. Ein neuer Blick auf die Wirtschaft, die Gesellschaft, die Geschichte. Wir fanden wieder, was der herrschende Blick alles aussortiert und in den Keller verbannt hat. [...]
 
"Liebe zwischen Frauen heilt", haben Sie dennoch in dem nachfolgenden Buch "Mit Füßen und Flügeln" postuliert. Da war sie noch, die Heilserwartung, oder?
Es geht nicht um eine Heilserwartung. Es geht darum, dass wir in einer Art Parallelwelt lebten. Da muss man sich immer wieder versichern, dass man noch da ist, dass man existiert. Und deshalb ist die Bestätigung von anderen Frauen so wichtig: Ja, es gibt dich, und das, was du denkst, ist nachvollziehbar. So würde ich heute diesen Satz übersetzen, "Liebe zwischen Frauen heilt". Es hat mit Verifizieren zu tun: Du spinnst nicht. Du bist nicht verrückt. Was du wahrnimmst, existiert tatsächlich. Mit meinem neuen Buch mache ich übrigens gerade höchst merkwürdige Erfahrungen. Ich treffe auf Literaturkritiker, die sich dunkel an "Häutungen" erinnern und nun denken: "Oho, die ist Feministin, da muss ich mir eine Frauenfrage einfallen lassen." Verstehen Sie, in diesem Verhalten kommt alles, was wir angesprochen haben, wieder zum Vorschein: Eine Feministin ist die Andere, eine Fremde, nicht ein Mensch, mit dem man über alles diskutieren könnte. Die Frauenfrage gehört immer noch nicht selbstverständlich zur Allgemeinheit. [...]
 
Silvia Bovenschen schrieb damals, diese Suche nach Matriarchaten sei ein hoffnungsloses Unterfangen: "Ihre Reiche sind erloschen, ihre Macht reicht nicht herüber."
Da bin ich anderer Meinung. Diese Bilder sind in unserem Unbewussten virulent. Wenn Göttinnenbilder zum Vorschein kommen, hat das einen Einfluss auf uns, es verändert die symbolische Ordnung: Es waren nicht immer nur die drei männlichen Hanseln da, wie etwa im Christentum. Das ist Bestandteil unserer geistigen Rumpelkammer: Es gab Bilder von weiblichen Figuren, die mächtig waren, im Vollbesitz ihrer Macht. Genauso wie es wichtig ist, zu sehen: Es gibt Frauen als Staatsoberhäupter. Das ist enorm wichtig, weil es die unbewusste Ikonografie verändert. Vor-Bilder im wahrsten Sinn des Wortes. [...]
 
Was ist inzwischen passiert?
Gute Frage. Schreiben ist immer eine Arbeit an der Sprache. Für diese Auseinandersetzung kann man keine einfachen Regeln vorgeben. [...]
 
Lange haben junge Frauen den Feminismus als gestrig begraben, jetzt gibt es wieder Forderungen nach "neuem Feminismus". Wie sehen Sie das?
Wissen Sie, der Feminismus ist ja schlicht eine Methode des kritischen Denkens. Wenn man sich für die Veränderung der Machtstrukturen interessiert, ist es die einzig vernünftige Methode. Dass man davon wieder mehr haben will, ist doch sehr wünschenswert. [...]"
 
Quelle: taz.de - "`Ich bin keine Frau. Punkt.´", farbliche Hervorhebungen habe ich vorgenommen.
 

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