update 25. April 2021
Grundsätzlich niemals ist die Todesstrafe zu rechtfertigen.
Es gibt ohnehin keine "gerechte Strafe".
Bei der Todesstrafe handelt es sich um Mord, basierend auf Rache, Vergeltung, ggf. auch Hass und Machtdemonstration. Mit universellen Menschenrechten und dem Menschenwürdeprinzip ist Todesstrafe unvereinbar.
Statt Strafe, Rache, Vergeltung: Wiedergutmachung, Ausgleich, angemessene "Entschädigung" (soweit jeweils und je individuellem "Fall" möglich), Verzeihen, Rehabilitierung (von Opfer und Täter) und tatsächlich effektive Prävention.
Wenn man das Menschenwürdeprinzip und universelle Menschenrechte ernstnimmt, ist die Todesstrafe damit absolut unvereinbar - oder es gibt diese universellen (!) Menschenrechte und das Menschenwürdeprinzip grundsätzlich nicht - dann nämlich, wenn sie also doch an bestimmte Bedingungen gekoppelt sind:
Wenn wir einem Mörder sein Menschsein absprechen, für ihn deshalb die universellen Menschenrechte, das Menschenwürdeprinzip nicht (mehr) gilt, handeln wir letzlich und faktisch genau so wie all jene, die in der Menschheitsgeschichte - auf Basis von Ideologien, Religionen, Wahnvorstellungen, Persönlichkeitsstörungen, Hass, Kompensationswünschen, Vernichtungsphantasien, Größenwahn etc. - ihrerseits andere (bestimmte) Menschen entmenschlichten, objektifizierten, ihnen ihre Rechte, ihre Würde absprachen und das als vermeintliche Legitimationsgrundlage für deren Tötung, Ermordung, Vernichtung heranzogen.
Mord und Folter sind die beiden Tabus, die grundsätzlich mit dem Menschenwürdeprinzip und universellen Menschenrechten absolut unvereinbar sind.
Das heißt: Jeder, der mordet, wissentlich und absichtsvoll andere(n) Menschen tötet, verstößt damit gegen das Menschenwürdeprinzip und universelle Menschenrechte - auch und erst recht ein Staat sowie Staatsdiener.
Zugleich kann, darf aus ethischen Gründen, siehe wie bereits genannt, keinem Mörder sein Menschsein, seine Menschenwürde und universelle Menschenrechte abgesprochen, "entzogen" werden.
Ob und in welchen Fällen welche Täter welcher Taten aus welchen Gründen durch wen rehabilitierbar sind, wer - welche Opfer (!) - wem (welchen Tätern) aus welchen Gründen und auf welcher Voraussetzungsbasis verzeihen können, wollen und wer wem gegenüber in welcher Weise Wiedergutmachung leisten kann und will oder nicht, ist für jeden Fall jeweils einzeln, individuell, konkret zu eruieren - mit weiteren Beteiligten, Unterstützenden, so erforderlich bzw. gewünscht und hilfreich, wohltuend.
Festzustellen ist auch an dieser Stelle nochmals, dass kein Mensch als Gewalttäter oder gar Mörder geboren wird. Nicht ein einziger.
Aber aus Opfern werden nach wie vor, aus Gründen, häufig Täter.
Deshalb müsste es längst und weltweit tatsächlich angemessene, effektive, umfassende Prävention geben, die immer in der Kindheit eines jeden Menschen ansetzt (im bedürfnisorientierten, respektvollen, nicht-paternalistischen, nicht-autoritären Umgang mit Säuglingen und Kindern, siehe Prägung, Bindung, Beziehung, Mitgefühl, Urvertrauen, Selbstvertrauen, Selbstwertgefühl, Resilienz, Selbstwirksamkeit ...) und die immer auch mit sozialem Milieu, sozialen, ökonomischen, finanziellen Verhältnissen, Belastungen, Einschränkungen, Benachteiligungen etc. zu tun hat, einhergeht.
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Über die zwei grundlegenden, absoluten Tabus: Mord und Folter
Wenn du selbst als Mensch (an-) gesehen, respektiert und wie ein Mensch behandelt werden möchtest, so sind mindestens und jedenfalls zwei Dinge, Taten grundsätzlich tabu: Mord und Folter.
Und es lässt sich weder das Eine noch das Andere auch nur ansatzweise rechtfertigen - es lässt sich beides tatsächlich mit nichts rechtfertigen, sofern und so lange wir uns - je selbst - als Menschen betrachten, bezeichnen.
Umso verachtens-, ächtenswerter ist es, dass beides noch immer legal, wenngleich keinesfalls moralisch, ethisch legitim, von auch Regierungen, von Staaten durchgeführt, angewandt wird - sogar von solchen, die sich selbst als demokratisch bezeichnen - siehe bspw. usa: Todesstrafe, Guantanamo ... .
Man kann niemals Gewalt mit Gewalt beheben - das Gegenteil ist die Folge: noch mehr Gewalt. Immer.
Und Todesstrafe in einem "demokratischen" Land ist vorsintflutlich, barbarisch, zeugt von niederster, unterentwickelter Geisteshaltung, Herzensbildung und ebensolchem Charakter - Rache, Vergeltung, statt: Heilung, die auf beiden Seiten letztlich erforderlich ist.
Aber bei den menschenverachtenden Haftbedingungen us-amerikanischer Gefängnisindustriekomplexe und dem Verhängtwerden von mehrfach tatsächlich lebenslanger Haftstrafen, ist der Tod - idealerweise schnell, sicher, schmerzfrei und nicht entstellend, also würdevoll - nicht unbedingt das Schlechteste.
Nur haben Häftlinge - überall auf der Welt - nicht einmal das Recht, ihr "Leben" in Haft selbst beenden zu dürfen - es gibt kein gesetzlich verbrieftes Recht auf den Freitod.
Mit Wegschließen und/oder Ermorden wird nichts in dieser Welt ungeschehen gemacht, geschweigedenn "rehabilitiert" oder geheilt - es entsteht nur noch mehr unsinniges, intensives Leid. Und genau das ist ja genau so gewollt. Drum wird es praktiziert: Strafe.
Die Todesstrafe i s t Mord - vorsätzliche Tötung aus niederen Beweggründen.
Denn die Motive, Beweggründe für das Anwenden der Todesstrafe sind einzig Rache, Vergeltung und Machtdemonstration.
Nachweislich hat die Todesstrafe keine abschreckende Wirkung, wirkt nicht präventiv. - Es geht dabei um das Strafenwollen, um also Vergeltung. Auf dieser Basis ist Heilung (gerade auch auf der Seite der Opfer) jedoch niemals möglich.
Und weitere Gewalttaten, auch also Morde, vorzubeugen, kann einzig ein angemessener Umgang mit Tätern ermöglichen - siehe Therapie, Rehabilitation.
Auch das tatsächlich lebenslange Wegsperren hilft hier nicht - es ist einzig l u k r a t i v für die us-amerikanische Gefängnisindustrie. Deshalb wird es praktiziert.
Und bekannterweise sind es in usa überwiegend ja Schwarze, die lebenslang inhaftiert sind und auch der Todesstrafe zum Opfer fallen, es liegt überdies also häufig auch Rassismus zugrunde.
Menschen, die Folter und/oder Mord, wodurch auch immer, zu legitimieren versuchen, haben (noch) nicht verinnerlicht, dass das Menschsein beides zwangsläufig ausschließt. Eben w e i l der Mensch die Anlage zu Empathie bzw. zu Mitgefühl (nicht nur Einfühlungsvermögen) und folglich zu Moral und Ethik hat.
Eben hierin besteht, neben der Denk-, Urteils-, Reflexionsfähigkeit, der musischen Kreativität, der Fähigkeit, sublimieren zu können sowie der Fähigkeit, sich erinnern zu können, d.h. in die Vergangenheit und in die Zukunft denken zu können, das spezifisch Menschliche, das also, das uns - Menschenaffen - von anderen Säugetieren unterscheidet.
Und dem haben wir, eben weil wir verstand-, vernunftbegabte Menschen und nicht nur Affen/Tiere sind, entsprechend Rechnung zu tragen, wollen und tun dies eigentlich auch freiwillig, wenn wir nicht beschädigt worden sind, d.h. wenn insbesondere unser angeborenes Mitgefühl nicht durch Beschädigung (meist in der Kindheit erlitten) erheblich eingeschränkt wurde, abgestumpft ist.
Das Mitgefühl ist die Urbasis für intrinsisch, freiwillig gelebte, nur so dauerhaft lebbare, nicht durch Religion/Ideologie oktroyierte Moral.
Anderenfalls verleugnen oder verweigern wir (aus niederen Gründen, auf Basis von Beschädigtsein) das eigene Menschsein.
Dann aber dürfen/können wir von anderen Menschen nicht erwarten, dass wir selbst wie bzw. als ein Mensch respektiert und behandelt werden.
Nun darf man berechtigterweise fragen: Warum sollen ausgerechnet Mord und Folter tabu sein?
Weil sich in ihnen am deutlichsten, d.h. intensivsten Grausamkeit ausdrückt und weil durch Mord und Folter so drastisch, so umfassend über die physische, psychisch-emotionale und geistige Existenz eines a n d e r e n Menschen verfügt bzw. diese seine Unversehrtheit, Integrität, d.h.: seine Existenz damit zunichte gemacht, vernichtet wird.
Und dies ist, wozu aus nachvollziehbaren Gründen es grundsätzlich kein Recht - für und von niemandem - geben kann.
Denn gäbe es ein - moralisches und/oder gesetzliches - Recht hierzu, könnten wir alle jederzeit jeden töten und/oder foltern. Täten wir dies, wären wir sehr bald jeweils selbst, persönlich betroffen, was wir üblicherweise (je persönlich) aus reinen Selbsterhaltungs-, Selbstschutzgründen nicht wollen.
Man kann es noch spezifizieren, fraglos. Aber das führte an dieser Stelle zu weit ab. - Siehe bspw.: Was alles ist unter "Folter" zu verstehen - vor welchem Hintergrund, auf welcher Grundlage, mit welcher und wie lange andauernder Gültigkeit jeweils usw..
Im Grunde kommt auch hier "schlicht" Kants Kategorischer Imperativ zum Tragen, kann und sollte er hier (Folter, Mord) zur Anwendung gebracht werden.
Letztlich läuft es tatsächlich wieder auf die sogenannte, vorgebliche Unantastbarkeit der Menschenwürde eines jeden Menschen hinaus.
Aber diese Pauschalaussage ist, wie wir wissen, leider eben dies: viel zu pauschal. Einerseits aus gutem Grund, andererseits wird gerade deshalb, weil die Formulierung so uneindeutig, so schwammig ist, die "Menschenwürde", d.h. Menschen, täglich rund um den Globus - auch heute noch - massiv verletzt, beschädigt, übergangen.
Wenn man Folter und Mord tatsächlich beheben, bewältigen will, muss man auf die Entstehungsursachen, - hintergründe und -umstände sehen, die solches Verhalten, siehe bspw. Sadismus, Rache-, Vergeltungsabsichten, hervorbringen und man muss folglich vor allem präventiv vorgehen. Das wiederum hat weltweit immer mit dem angemessenen, d.h. bedürfnisorientierten Umgang mit Kindern, mit Menschen generell zu tun - sie n i c h t wissentlich, absichtsvoll zu verletzen, zu beschädigen.
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Zu Strafe, Gefängnishaft und Folter immer wieder Thomas Galli lesen (wenngleich ich nicht in allen Punkten konform gehe):
"[...] Das zivilisatorische Niveau, das wir heute im Umgang mit Gefangenen erreicht haben, ist dabei nicht unangefochten und unanfechtbar, es muss immer wieder argumentativ erkämpft und gehalten werden, auch wenn wir derzeit von humanitären Rückfällen des dritten Reichs oder (in geringerem Umfang) auch des DDR-Unrechts weit entfernt sind. Nach einer aktuellen Umfrage unter Jurastudenten befürwortet beispielsweise jeder zweite die Anwendung von Folter etwa zur Verhinderung eines Terroranschlags. Auch die öffentliche Debatte um die Androhung von Folter im Fall des entführten Bankiersohns Jakob von Metzler im Jahr 2002 hat gezeigt, wie umstritten das Thema ist. Es gibt eben auch vieles, was für die Anwendung von Folter spricht, wie gerade dieser tragische Einzelfall zeigt. Auch (grund-) gesetzliche Normen können ins Wanken geraten, wenn sie nicht mehr von den Moralvorstellungen der Mehrheit einer Gesellschaft gedeckt sind. Und so unantastbar, wie die Menschenwürde nach Art. 1 unseres Grundgesetzes sein sollte, ist sie offenbar nicht immer, wenn etwa das Bundesverfassungsgericht ihre Verletzung durch einen tödlichen „finalen Rettungsschuss“ in bestimmten Fällen verneint. Das zeigt, wie wichtig es ist, dass wir weiter gesamtgesellschaftlich dafür Sorge tragen, dass bei uns nicht gefoltert wird. Wenn nämlich das Recht von Individuen fordert, auf ein Ausagieren ihrer aggressiven Impulse aus übergeordneten sozialen Gründen zu verzichten, auch wenn das im Einzelfall zu einem ungerechten Ergebnis führt, dann muss der Staat selbst sich auch der Verpflichtung unterwerfen, sozialen Nutzen über die Gerechtigkeit im Einzelfall zu stellen. Und aus einer sozialen Sicht muss Folter bei uns ohne jede Ausnahme geächtet bleiben. Die Gefahr einer ständigen Ausweitung ihrer Ziele und Methoden, die Gefahr der Verursachung irreparabler Schäden bei Unschuldigen bzw. Unwissenden, die Gefahr einer allgemeinen Verrohung unserer Gesellschaft und die Gefahr eines negativen Vorbilds für andere Staaten wäre unvertretbar hoch.
Nicht zu foltern muss dabei eine bewusste Entscheidung sein, nicht ein: „wir würden so etwas ohnehin nie tun“. Das Tabu, Folter zur Gewinnung von Informationen einzusetzen, sollte daher am Ende eines gesamtgesellschaftlichen Abwägungsprozesses stehen. Steht es am Anfang, kann es bei außergewöhnlichem Druck, den vor allem Terroranschläge auslösen, leicht fallen. Von dieser unserer Selbstverpflichtung sollten wir nicht ablenken, indem wir allzu leichtfertig mit dem Finger auf andere zeigen und beispielsweise fordern, amerikanische Entscheidungsträger wegen der CIA-Folter vor Gericht zu stellen. Wir haben genug damit zu tun, ein positives rechtsstaatliches Vorbild für andere zu sein und zu bleiben. [...]
Es fällt auch nicht schwer, die USA für vieles von der Todesstrafe bis hin zu den Methoden im Kampf gegen den Terror zu kritisieren. Um konstruktiv zu wirken, sollte diese Kritik jedoch nicht maßlos und selbstgefällig sein. Einen Straftäter, den man wegen seiner Gewalt verurteilt, wird man davon nicht nachhaltig abbringen können, wenn man den Sinn, den Gewalt für ihn hat, nicht versteht. Erst Recht gilt dies im Umgang mit anderen Staaten. Hinter der Folter, die im aktuellen CIA-Bericht geschildert wird, stecken offenbar zum Großteil zumindest nachvollziehbare Motive, so sehr auch die Folter selbst verabscheuungswürdig erscheint. Sie hat insofern strukturell nichts zu tun mit dem sadistischen Wahn von Unrechtsregimen, wenn auch die Methoden und sicher zum Teil auch die Vollstrecker sadistischer Natur sind. [...]
Gewalt darf im Kampf um Informationen nicht unbegrenzt eingesetzt werden. Die Grenze ist spätestens mit der Anwendung oder Androhung von Folter überschritten. Die Gefahr solcher Überschreitungen reduzieren wir bei uns und anderen auf Dauer aber nur, indem wir den Sinn von Folter und Gewalt begreifen, diskutieren und hinterfragen, nicht indem wir mit dem Finger auf andere zeigen und allzu leicht davon ausgehen, dass wir so etwas nie tun würden."
Quelle: freitag.de - "Folter in den USA - Raus mit der Wahrheit"
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