Ein paar Anmerkungen meinerseits zum vice-Video (das inzwischen leider nicht mehr verfügbar ist) im Folgenden.
Ja, auf mich wirkt es tatsächlich als genau das:
Sex als Ware, die überall, jederzeit (mehr oder weniger gratis) verfügbar ist - allerdings zumeist auf diese Weise dann nicht mit einem echten anderen Menschen.
Alle möglichen Phantasien, Vorlieben, Ideen ... können und sollen (!) erlebt, ausgelebt werden dürfen, können - und wollen, wenn schon nicht mit einer leiblich anwesenden Person, Persönlichkeit, so wenigstens mit einer oder mehreren virtuellen.
Und diese kann mann sich dabei exakt so zurechtphantasieren und -modulieren wie es ihm jeweils gerade gefällt. Denn was wir im vice-Video sehen, ist genau das Altbekannte, Gängige:
Es sind überwiegend/mehrheitlich Männer, die Frauen "begucken" - Frauen, die sich, gegen Bezahlung oder auch ohne solche, sexuell anbieten, (online) präsentieren, sexuelle Dienstleistung am Mann erbringen (blow job, Sich-Penetrierenlassen, auf welche Art auch immer und wohinein auch immer möglich).
Die Frau: wie stets als sexuell jederzeit, überall, auf jede erdenkliche Art nach männlichen Wünschen und Vorstellungen verfügbare Masse, als Ware, als (Gebrauchs-) Gegenstand, als Objekt - das mann zu seiner sexuellen Befriedigung (?), jedenfalls überwiegend als Masturbationshilfe, Masturbationsmittel, als fleischliche Erfüllungsgehilfin zur erweiterten Masturbation benutzt - benutzen, missbrauchen kann, darf und soll.
Denn es fließen in all diese virtuellen Darstellungen keine Persönlichkeitsmerkmale, kein Persönlichkeitsausdruck mit ein - dies ist, wird offensichtlich (wie auch bei herkömmlichen, konventionellen Pornos) gar nicht gewünscht: vom mehrheitlich solches konsumierenden Mann.
Präsentiert und beguckt wird lediglich und nach wie vor nur die äußere Fassade - der Fokus, bei übrigens auch all den Utensilien, technischen Spielgeräten: aus toter Materie, die sich verflixt nochmal einfach doch nicht so wirklich ;) "lebensecht" anfühlen will sowie der "fuck machine" (siehe ab ca. Minute 19:43, Frixion aus den Niederlanden, aber auch Sybian ...), liegt auf der Darstellung und Nachbildung von weiblichen und männlichen Genitalien, diese sollen so "echt" und "wirklich" wie möglich erscheinen, aussehen, sich anfühlen, nachgebildet und angewandt werden können.
Mir stellen sich dazu spontan folgende Fragen:
Warum? Wozu?
Als Ersatz? Als Überbrückung? Als Notnagel(n)? - Wie oft und für wie lange? Mit also befriedigender Wirkung?
Cybersex: mit wem? - Mit fremden oder bekannten "realen" Menschen (über räumliche Distanz)? Oder also zukünftig mit - noch mehr, noch "verbesserten" - virtuellen "Personen" bzw. Phantasie-Objekten?
Als u.a. auch Ausweichmethode bspw. für gesetzlich verbotene Sexualpraktiken?
Cybersex, Gummi-Vaginas, Dildos, Vibratoren etc. also als Substitut/Surrogat for the real thing?
Na klar hat es Sex schon immer auch ohne emotionale Beziehung zum Anderen, zum (dann ausschließlichen) Sexpartner - mit diesem - gegeben.
Doch beim realen Sex mit einer oder mehreren anderen Personen gibt es eben genau das, das virtueller Sex kaum, nur unzureichend, unbefriedigend oder auch gar nicht enthält, ermöglicht, erlebbar macht: Körperkontakt. Sinnlich wahrnehmbare, erlebbare Eindrücke von Leiblichkeit, von Geruch, Geschmack, Haut, Leibesbeschaffenheit, Geräuschen und körperlichen Reaktionen: eben der Person, Persönlichkeit, mit der man gerade sexuell interagiert.
Selbst wenn ich bei solchem realen Sex alle Gefühle vollständig beiseite lasse (was btw ohnehin de facto gar nicht möglich ist, weil Gefühle all unser Denken und Tun stets begleiten, dies häufig unbewusst), habe ich es dennoch mit einer anderen Person zu tun - mit einer Persönlichkeit. Und was diese wie tut und wie sie je individuell, persönlich also agiert und reagiert, entspringt (hoffentlich) ihrer je individuellen Persönlichkeit - die sie bis zu diesem Zeitpunkt des Zusammentreffens geworden ist.
Abgesehen vielleicht von rein oberflächlichem, mechanischem 08/15-Standard-Sex, ganz gleich übrigens, welche und wieviele Stellungen, Praktiken, Spielzeuge dabei genutzt, benutzt werden.
Was Sex mit einer anderen Person (im Gegensatz also zur Masturbation, die jedoch zweifellos durchaus auch sehr befriedigend sein kann - befriedigender bisweilen auch als mit einer anderen Person) interessant und begehrenswert macht, ist ja eben genau dieser Umstand: dass man es dabei mit einer anderen Person/Persönlichkeit zu tun hat.
Dass diese andere Person eben gerade nicht all das genau so tut, wie man selbst es gerade wünscht oder phantasiert und ihr (virtuell oder gedanklich) auferlegt, sondern dass nicht (nur) Erwartbares, stattdessen Unvorhersehbares, Überraschendes, auch Irritierendes passiert - da eine andere Person eben ein eigenständiger Mensch ist und gerade keine lenkbare, steuerbare, programmierbare, optimierbare - Puppe, Marionette, Maschine, Cyborg.
Dass diese/r Andere auch eben nicht bloß ein nachgebildetes, reduziertes Genital aus toter Materie ist, das sich schlicht penetrieren lässt oder von dem man/frau sich penetrieren lässt.
Dass der/die Andere auch einen "Restkörper mit Kopf, Bewusstsein, Persönlichkeit" hat und i s t - und also eine eigentständige Person, Persönlichkeit, welche bei der sexuellen Interaktion unweigerlich einfließt, Bestandteil ist.
Und diese andere Persönlichkeit hat durchaus je eigene, andere (!) Vorstellungen, Wünsche, Erwartungen, Vorlieben, Abneigungen, Befindlichkeiten ... als man selbst (gerade hat).
Eben das ist das Interessante, Spannende daran, eben das macht Sex abwechslungsreich, individuell, persönlich, nicht austauschbar, nicht oberflächlich und rein mechanisch.
Und eben das beruht darauf, dass die Gesamtpersönlichkeit einbezogen ist, anderenfalls geht es einem lediglich um Ego-Sex, um nur die absolut eigene (schnelle, unkomplizierte, sichere, gewisse) Lust und (Trieb-) Befriedigung, d.h. um erweiterte Masturbation.
Dann, ja, kann mann gerne auch einfach mit virtuellen Hilfsmitteln - welche überwiegend bekanntermaßen also jederzeit verfügbare, ab-, auf- und anrufbare, benutzbare Frauen sind oder darstellen oder auch nur deren Genitalien - alleine masturbieren. Siehe bspw. auch die "Wichstücher" unten.
"Virtuelle Intimität": ist ein Widerspruch in sich (und gerade kein Oxymoron).
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Es ist zum Speien. - Das ist nur die männlich-"logische" Konsequenz, der bzw. die "Vollendung" der Objektifizierung, Entmenschlichung, Entwürdigung der Frau und von Sex als Ware, als käuflicher Gegenstand, als seelen- und emotionslose Tätigkeit, die mann gerne jederzeit (überdies am liebsten gratis) bequem verfügbar haben bzw. gemacht bekommen möchte.
Bloß keine Intimität, bloß keine echte, authentische zwischenmenschliche Begegnung, Berührung (gerade auch emotional, psychisch und "sogar" geistig: beim Sex), bloß keine Widerstände, Herausforderungen, kein Sich-Zurücknehmen-Müssen, keine Empathie, kein Mitgefühl.
Alles kapitalistisch produzier-, erwerb-, handel- und konsumierbar - rund um die Uhr all over the world.
Bloß kein intimer, mitunter auch schwieriger, herausfordernder, Entwicklung, Reifung ermöglichender (!) Kontakt zwischen Individuen, Persönlichkeiten, Menschen.
"[...] Sexroboter sind (genau wie „Gummipuppen“) Objekte in Form von (fast ausschließlich) Kindern oder Frauen, die als Ersatz für echte, menschliche Partnerinnen oder prostituierte Personen dienen sollen. [...]
Richardson sagt, dass die assymetrische „Beziehung“ zwischen prostituierter Person und Sexkäufer in die „Beziehungen“ zwischen Mann und Roboter importiert wird.
Diese Parallele wird von den Machern auch gar nicht bestritten, sondern zum Beispiel im Buch Sex, Love and Robots von David Levy bewusst hergestellt.
Dem Argument der Reduktion der Prostitution durch Sexroboter begegnet Richardson mit der Gegenthese, dass bisher alle technischen Entwicklungen nicht zu einer Eindämmung der Sexindustrie, sondern zu einer Ausweitung geführt haben. Auch die bisher erhältlichen künstlichen Sexsubstitute haben nicht zu einer Verringerung der Nutzung von Prostitution geführt.
Ein Kernelement des Sexkaufes ist die fehlende Empathie des Sexkäufers für die prostituierte Person. Sie ist ein Ding, deren Gefühle und Gedanken für den Konsumenten keine Rolle spielen. Das ist der Hauptgrund für die hohen Missbrauchs-, Gewalt- und Mordraten in der Prostitution. Dies wird nach Richardson auch durch Sexroboter weiter gefördert. [...]
Das was eine Partnerschaft auf Augenhöhe (oder auch einen One-Night-Stand) ausmacht: Respektvoll miteinander umgehen, aufeinander eingehen, sich einfühlen was der andere fühlt – all das braucht es nicht.
Sexroboter Roxxxy entspricht den gängigen Vorstellungen einer attraktiven Frau und „besticht“ durch vier Attribute: Körper, Mund, Anus und Vagina.
In einer Online-Umfrage des Telegraph antworteten 62% der 8.300 TeilnehmerInnen auf die Frage „Würdest du einen Sexroboter benutzen“ mit „Ja“. [...]
Wenn ein Sexroboter zum Ersatz für eine Beziehungspartnerin oder prostituierte Frau wird, dann führt dies zu einer weiteren Objektifizierung von Frauen (und Kindern) im Allgemeinen. Intiminität und Empathie, die nur durch menschliche Interaktion und auf Gegenseitigkeit beruhende Beziehungen erlernt und aufgebaut werden können, werden durch die Nutzung von Sexobjekten weiter abgebaut.
Auch Kinder-Sexroboter im Speziellen tragen nichts zum Schutz von Kindern bei. Statt Pädokriminalität als Verbrechen an Kindern anzusehen, wird die (nicht zuletzt durch Teen Porn selbst herbeigeführte ) Fantasie nach Sex mit Kindern weiter legitimiert und akzeptiert. Es gibt kein einziges therapeutisches Argument für deren Benutzung.
Begehren, die anderen Schaden, sollten nicht ausgelebt werden wie von Takagi gefordert, sondern in der Tat therapiert, notfalls unterdrückt werden. Bei Pädokrimininalität geht es meistens um Macht: Macht eines Erwachsenen über ein Kind. Dies ist das Kernproblem, an dem es anzusetzen gilt."
Quelle des zitierten Textes: diestoerenfriedas.de - "Sexroboter: Nicht Segen, sondern Fluch", farbliche Hervorhebungen habe ich vorgenommen.
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