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Sabeth schreibt - Lebenskunst für Laien

Poesie Melancholie Philosophie Feminismus Anarchismus - non serviam.

Die zehn Angebote des evolutionären Humanismus

17. Mai 2024
 
Nachfolgend mein Kommentar zum oben verlinkten Video - Jung & Naiv, Gespräch mit Michael Schmidt-Salomon
 
Schönes Gespräch. :)
 
An einigen Stellen hätte ich gerne nachgefragt oder widersprochen, bspw. beim Suizid: Es ist durchaus nicht abwegig, dass Menschen, die langjährig, dauerhaft unter stark belastenden Umständen "leben" müssen, sei es durch lebenslang (seit Kindheit, Jugend bestehende, erfahrene, durchlittene) nicht selbstverschuldete Armut und/oder intensive physische und/oder psychische Gewalterfahrung, soziale Isolation, Freiheitsentzug (Gefängnis), also nicht "nur" aufgrund von schwerer, unheilbarer chronischer Krankheit, sondern auch infolge von langandauernden psychischen Schmerzen, verursacht durch bspw. gerade genannte Umstände, Lebensverhältnisse, sich ihr Leben nehmen wollen und nicht nur das Recht hierzu haben "dürfen müssen", sondern auch eine tatsächliche Umsetzungs-, Durchführungsmöglichkeit, auch durch ärztlich begleitete Sterbe-, Suizidhilfe, also auch durch tödliche Injektion auf Wunsch, nicht nur durch aktives "Vollziehen" (durch orale Einnahme von Natrium-Pentobarbital). Dies eben aufgrund des Menschenwürdeprinzips.
Insofern ist oder wäre es - bei entsprechend niedrigschwelliger "Umsetzungsmöglichkeit" eines menschenwürdigen, gewissen, weitgehend schmerzfreien und selbstbestimmten Suizidvollzuges - nicht überraschend, dass/wenn gerade wirtschaftlich und sozial stark benachteiligte, belastete, auch durch Politik, d.h. Regierungen und Gesellschaft beschädigte Menschen ihr Leben nicht nur beenden wollen, sondern es dann auch eher, leichter tun.
 
Der Suizid kann u.a. auch als Entzug, Weigerung, "Boykottieren" des Verfügbar-, Funktionalisierbar-, Ausbeutbar-, Instrumentalisierbargemachtwerdens, als Widerstandstat und/oder letzter, d.h. nur noch einzig möglicher Ausdruck von Selbstbestimmung, Selbstwirksamkeit vollzogen und verstanden werden.

Auch zu Ideologie eine Anmerkung: Es bestehen m.E. deutliche und zahlreiche Ähnlichkeiten, Gemeinsamkeiten, Parallelen zwischen religiöser Ideologie/Religion und der gegenwärtig staatlich, politisch propagierten Transideologie (Transgender), insbes. in Bezug auf sogen. "Transkinder", die es so wenig gibt wie "katholische, evangelische, sozialdemokratische, konservative ..." Kinder, sondern die dies erst infolge von entsprechender - ideologischer - Indoktrinierung durch Erwachsene, Umgebung, Werbung, Manipulation, Unsicherheit, Konformitätsdruck etc. werden. - Eigenes umfassendes Thema!

Was Tiere anbetrifft: Ich denke, es geht vor allem um schmerzfähige Lebewesen, denen Schmerz wissentlich zuzufügen wir als Menschen moralisch nicht das Recht haben. Verhaltensbiologen, Primatologen, wie bspw. Frans de Waal, haben bereits belegt, dass angeborenes, genetisch angelegtes Mitgefühl und Sinn für Fairness - also die Urbasis jeglicher, insbes. nicht religiös, ideologisch oktroyierter, sondern intrinsisch motivierter Moral - sich u.a. bei auch anderen Primaten, aber auch noch weiterenTieren (anderen Tierarten) findet - so auch beim Menschen. Auch ein eigenes, umfassendes Thema (Mitgefühl, nicht dasselbe wie Empathie übrigens, Moral und Ethik ...).

Was "Beschneidung" von Jungen und Mädchen anbelangt: Hier gibt es durchaus erhebliche Unterschiede, was Art, Ausmaß und Folgen jeweils der Beschneidung von Jungen (unterschiedlichen Beschneidungsarten, Zirkumzision) und der oft folterartigen Genitalverstümmelung von Mädchen (FGM, siehe auch hier die unterschiedlichen, brachialen "Arten" ...) betrifft, mit bspw. auch weitreichenden Folgen für so misshandelte Mädchen nicht "nur" in Bezug auf Sex, sondern auch auf Schwangerschaft, Gebären, Urinieren u.a.m. - bis hin zum Tod entweder kurz nach oder einige Jahre nach der erlittenen Genitalverstümmelung, bspw. durch Entzündungen oder unter der Geburt ... .

Die Aussage von Michael Schmidt-Salomon: "Ich kann es nicht besser machen als ich es machen kann.", halte ich für nicht ganz angemessen. ;) Denn mit einem solchen Standpunkt könnte dies Menschen auch davon abhalten, sich weiterzuentwickeln. Ich kann es zwar im Moment, gegenwärtig möglicherweise "nicht besser machen", aber ich kann mich entwickeln und kann heute einiges "besser machen", erkennen etc. als ich es bspw. vor einigen Jahren noch konnte, machte etc..

Zum "Beweis", ob man einen Menschen geliebt habe - hier halte ich es aufgrund persönlicher Erfahrung und Reflexion derselben mit Erich Fromms "Liebesbegriff":
"Liebe ist eine Aktivität und kein passiver Affekt. Sie ist etwas, das man in sich selbst entwickelt, nicht etwas, dem man verfällt. Ganz allgemein kann man den aktiven Charakter der Liebe so beschreiben, dass man sagt, sie ist in erster Linie ein Geben und nicht ein Empfangen."
und
"Liebe ist die tätige Sorge für das Leben und das Wachstum dessen, was wir lieben. Wo diese tätige Sorge fehlt, ist auch keine Liebe vorhanden. (...) Impotenz ist die Unfähigkeit, Liebe zu erzeugen."

Insofern lässt sich m.E. nicht ein sogenannter Beweis des Liebens oder Geliebthabens mit einem sogen. Gottesbeweis vergleichen. Liebe ist kein bloßes Konstrukt, Hirngespinst, kein Glaube, keine Ideologie, sondern drückt sich vor allem in bestimmtem Verhalten aus - ist ein Tun, "aktives Lieben" und gemäß Erich Fromm: Achtung, Erkenntnis, Freiheit, Fürsorge, Verantwortung - sowie, nach meiner Erfahrung, Verbundensein.
 
Die "Interpretation" Michael Schmidt-Salomons von Moral und Ethik ist m.A.n. nicht ganz korrekt: Moral ist eher praxisorientiert - Fairness, prosoziales Verhalten, Empathie, Mitgefühl. Ethik eher theorieorientiert - Rationalität, Kohärenz, kein unhinterfragtes Übernehmen von Tradition.
Moral ist normativ, gekennzeichnet durch Urteile, kollektive und persönliche Überzeugungen (Sozialisation, Familie, Gesellschaft, Institutionen, Kultur, Zeit) sowie entsprechendes (integres) Handeln und intersubjektive Verbindlichkeit. Ethik ist deskriptiv, reflexiv. Metaebene.

Die u.a. Primaten, also auch Menschen angeborene, intrinsisch motivierte - im Gegensatz zur religiös, ideologisch oktroyierten - Moral, das angeborene Mitgefühl ist essentielle Voraussetzung, ist basale Grundlage jeglicher rationalen Ethik.
Einer Ethik ohne Mitgefühl sind inhärenterweise Tür und Tor zu Missbrauch und Pervertierung geöffnet.

Nein, nicht: "Wenn Gott tot ist, ist alles erlaubt." (Dostojewski, Karamasow-Gesetz)
Sondern: Wenn das jedem Menschen angeborene Mitgefühl betäubt, abgestumpft, nicht mehr intakt ist, wird jede Grausamkeit, Brutalität, Barbarei, Hass möglich und: ausagiert.

Mitgefühl ist der eigene Schmerz, den man infolge des Wahrnehmens bzw. Wissens um den Schmerz, das Leid anderer schmerzfähiger Lebewesen f ü h l t - nicht: nur "denkt", vorstellt".
Ich schlage, misshandle, beschädige, quäle, verletze ein schmerzfähiges Lebewesen nicht deshalb nicht, weil es ideologisch, politisch, juristisch verboten und unter Strafe gestellt ist, weil man "das nicht macht" (Konvention), sondern weil i c h leide, wenn ich es tue, weil es m i r selbst wehtut - deshalb k a n n ich es nicht. Intaktes Mitgefühl.
 
Moralisch zu rechtfertigen hat ein jeder Mensch sein Verhalten nicht vor einem "Gott", einem "metaphysischen Prinzip", Konstrukt, Phantasma, auch nicht vor einem Gericht, einer wandelbaren Justiz, sondern vor sich selbst und mehr noch: vor dem Anderen - mit, neben, durch den er lebt, dem er begegnet, der ihm widerfährt, mit dem er konfrontiert, von dem er herausgefordert, berührt, getragen, gehalten, verletzt, in Staunen versetzt und auf sich selbst zurückgeworfen ist - der ihm auf dem Weg seiner Selbsterkenntnis und sozialen, emotionalen, intellektuellen Reifung unverzichtbar nur sein kann. Auch dann, wenn dies (immer wieder auch) schmerzhaft ist.

Wer einen "Gott", eine "übergeordnete Instanz", ein "metaphysisches Prinzip", Konstrukt braucht, will, proklamiert, um sich moralisch, d.h. fair, prosozial zu verhalten, offenbart damit seinen je persönlichen Mangel, Defizit an Mitgefühl und intellektueller, sozialer, emotionaler Reife.
 
-
18.05.2024
 
Nachtrag zum obigen Kommentar
 
Nicht zustimmen kann ich der Äußerung von Michael Schmidt-Salomon bei ca. 2:00:57, Zitat: "Wir haben auch uns so verhalten wie wir unter den gegebenen Umständen uns verhalten mussten."

Das klingt schon sehr ähnlich wie Gottgläubigkeit oder Fatalismus, nach "Schicksal, Vorsehung" oder nach völligem, unausweichlichen, unabänderlichen Determiniertsein. Zuvor sagte er jedoch selbst, dass das Sein, Leben des bzw. von Menschen erheblich durch Zufall, Kontingenz bedingt ist. Haben "wir" uns also tatsächlich zu jeder Zeit so verhalten, wie wir es "unter den gegebenen Umständen mussten"?

Selbstverständlich haben "wir" uns nicht "ursachenfrei entschlossen", aber es stellt sich durchaus die Frage, ob als Reaktion auf diverse Ursachen, äußere Umstände, Widerfahrnisse sowie durchaus auch erst menschengemachte Verhältnisse (siehe eben Religion/Ideologie, Kultur, Technik, Technologie, Industrialisierung usw.) Menschen sich zu unterschiedlichen Zeiten nicht auch anders hätten entwickeln und entscheiden können bzw. wer eigentlich dieses nebulöse "Wir" ist, wer diesem seit wann, wo, w i e zugehörig ist und wer weshalb nicht, Stichwort Beginn des Patriarchats vor ca. sieben- bis zehntausend Jahren, neolithische Revolution und bekannte, global gravierende, inklusive massiv destruktive Folgen dessen - nicht etwa der Sesshaftwerdung, des Ackerbaus, der Viehzucht, sondern der patriarchalen Eigentumsverhältnisse, Staatenbildung, Kriege u.a.m. seitdem.
 
Als es um Kapitalismus geht, erwähnt Michael Schmidt-Salomon leider nicht, dass Wirtschaft, Ökonomie von Anfang an wiederum patriarchal, androzentrisch, männerdominiert bestimmt ist, dass es auch andere Möglichkeiten, Arten der Wirtschaft gibt, wie bspw. Gemeinwohlökonomie, Subsistenzwirtschaft, Commons, Allmende, Parecon, Commoning, Solawi.
Auch Arbeit wird in diesem Zusammenhang nicht genannt: wer seit wann wie nur was - wiederum patriarchal-autoritär, androzentrisch, kapitalistisch, ausbeuterisch - als Arbeit, Leistung definiert und was weshalb (seit wann) nicht (mehr), Stichwort Sorge-Arbeit, Care, sogen. Reproduktionsarbeit.
Auch über Geld wäre in diesem Kontext zu sprechen, mit Verweis auf u.a. Stef Kuypers - "Man made money" ... .
 
Sollte bzgl. Religion, die m.E. immer Ideologie ist, insbes. bzgl. der monotheistischen, alttestamentarischen, also wiederum patriarchal-autoritären, männerdominierten, massiv gewaltgeprägten Religionen - Judentum, Christentum, Islam - nicht auch gesagt werden, dass hier vor allem und von jeher Konservatismus (inkl. Xenophobie, Neophobie, bestimmte Gefühligkeiten wie bspw. erhöhte Ängstlichkeit, auch Ekel, Hierarchie etc.) und Autoritarismus sowie kompensatorisches, narzisstisches, antisoziales Streben nach Macht, Kontrolle, Herrschen, Unterwerfen, Ausbeuten die zentralen Probleme sind?
 
Je konservativer umso religiös gläubiger sind Menschen und umgekehrt. Und je früher und intensiver in der Kindheit bereits entsprechend religiös, ideologisch indoktriniert.
Je intellektuell, emotional und sozial unreifer ein Mensch ist, desto gläubiger ist er - Religion, Ideologie, Esoterik, Glaube, Aberglaube, "Gott": Hirngespinst, Krücke, Gottes-Wahn, Patriarchat - Selbstbetrug.
 
Kein Mensch sollte seine Identität auf Religion, Ideologie, Glaube, Aberglaube, Esoterik, Gottes-Wahn gründen, sondern auf intrinsische Moral, Integrität, Prosozialität, Erkenntnis, Vernunft, Reife, Liebesfähigkeit.
Ich wünsche mir eine gottlose Welt. Philosophie statt Ideologie. ;)
 
Glaube, Religion, Ideologie hat kaum etwas mit Verstand, Vernunft, Erkenntnis, Reflexion zu tun, sondern eine Menge mit Gefühlen, mit emotionalen Bedürfnissen, mit intellektueller, oft auch sozialer und emotionaler Unreife, mit Mangel an Liebe, Verbundensein.
Deshalb suchen Gläubige Trost, Halt, Sinn in Religion, bei einem "Gott", Konstrukt, vermeintlich "übergeordneten, metaphysischen Prinzip".
Und sie können im Rahmen ihres Glaubens, ihrer Gottgläubigkeit, ihres vordergründig bequemen, selbstschonenden Selbstbetrugs auch einiges an Verantwortung abgeben.

Religiös Gläubige wollen nicht "das Licht der Erkenntnis" durch, in Vernunft, sondern sie wollen sich ihr kindlich-magisches Fühlen, diese Vorstellungswelt, etwas "Dunkles, Geheimnisvolles", Irrationalität nicht nur erhalten, sondern ihre je persönliche Irrationalität, Unreife und ihren Selbstbetrug damit auch (vermeintlich) vor sich und anderen "rechtfertigen".
 
Bei ca. 3:01:37, Zitat Michael Schmidt-Salomon:
"Warum sollten die Menschen denn hoffnungsvolle Illusionen gegen trostlose Wahrheiten eintauschen?"

Weil der vordergründig selbstschonende, bequeme Selbstbetrug - und nichts anderes ist es - zumeist nicht nur früher oder später selbst-, sondern fast immer auch fremdschädigend, antisozial, destruktiv ist. Siehe eben Religion, Ideologie, Indoktrinierung, Folgen von Glaube, Fanatismus, Fundamentalismus, Realitätsverweigerung, Tatsachenverdrehung, Macht, Kontrolle, Herrschen, Unterwerfen, Ausbeuten, Gewalt, Zerstörung - bis hin zu Folter und Mord.
Glaube, Religion, Ideologie sind nicht per se oder überhaupt je kindlich-naiv, unbedarft, "rein, ursprünglich", prosozial, moralisch gut, friedlich, haben nicht "Metta, Karuna" als Fundament, Absicht, Weg, Ziel. Das Gegenteil ist augenfällig der Fall.
 
Wozu ein Hirngespinst, ein menschengemachtes Konstrukt "Gott", wenn all das - Verantwortung, Fürsorge, Liebe, Mitgefühl, Solidarität, Kooperation, Prosozialität, Freiheit von Herrschaft und Unterwerfung - viel besser ohne "Gott", Religion/Ideologie, Glaube lebbar ist?
 
Was ist Lebenskunst?

Einen Sinn, seinen Platz, Gefährten zu finden?
Eine Spur zu hinterlassen, (sich) anderen zu geben, nicht zu verzweifeln, Zweifel auszuhalten, Fragen zu stellen, ohne Antwort zu erwarten?
Zu reifen, dabei nie zu "Vollkommenheit": um Mensch zu bleiben?
Lieben?
Verlust ertragen (lernen).
Selbst zu entscheiden, wann (es) genug ist - Leben war.
 
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"[...] Wenn man das tendenziös nennen will, mag man das tun. Statt »tendenziös« freilich sollte man besser »moralistisch« sagen. Denn dieser Verbrechenshistoriker schreibt als Moralist – sowohl im alten wie im neuen Sinne des Wortes, sowohl als Beobachter der menschlichen Sitten wie als Kritiker der frommen Niedertracht. Das meistgebrauchte Satzzeichen ist das Ausrufezeichen eines Autors, der selbst angesichts der ewigen Wiederkehr der beschriebenen Verbrechen, ob aus barem Fanatismus begangen oder schnöder Machtgier, nicht aus der Entrüstung herauskommt, gar nicht herauskommen will.
Nein, abgebrüht, cool, enttäuschungsfest, gar zynisch ist Deschner nicht. Der entscheidende Impuls seiner Kritik ist sogar eine Moral, die man, in einem doppelten Sinn, christlich nennen kann: Sie orientiert sich einmal an humanen Prinzipien, zu denen sich die Bergpredigt und Teile des Urchristentums bekannt haben. [...]"
 
Aus dem ZEIT-Artikel "Kriminalgeschichte des Christentums" (von und über Karlheinz Deschner) entnommen, siehe oben stehenden Link.
 
Hierzu ist Folgendes anzumerken:
 
Es ist dies gerade kein Widerspruch oder eine Art Widerlegung oder gar Rehabilitierung von Religion(en), im Sinne dessen, dass Religion, religiöser Glaube erforderlich wäre, um Werte zu formulieren, wenngleich es manchem vielleicht so scheinen mag, denn:
 
Es bedarf gerade keiner Religion(en) - als einer Art Richtungsweiser, Orientierungsgeber -  um moralische Werte, ethische Grundsätze und ethisches, prosoziales Verhalten zunächst zu konzipieren, dann zu verankern und das je eigene Tun, Handeln danach auszurichten, diesem (zunächst theoretischen) Fundament lebenspraktisch, alltäglich entsprechen zu lassen.
 
Dass, wie es im Artikel heißt, Deschners Kritik "sich an humanen Prinzipien orientiert, zu denen sich die Bergpredigt und Teile des Urchristentums bekannt haben" ist daher durchaus präzise formuliert, denn nicht "das Urchristentum" oder "die Bergpredigt" ... haben (bestimmte) moralische Prinzipien, Werte und, grob formuliert, "Verhaltensrichtlinien" erschaffen, sondern diese humanen Prinzipien gingen den religiösen, auf "Moral" basierenden Ge- und Verboten (die sich auf "Moral" also berufen), stets voraus.  Dies liegt darin begründet, dass es etwas Urmenschliches (Gattung Homo) ist, das Moral, moralisches Verhalten und ethische Grundsätze genuin hervorbringt: das angeborene Mitgefühl.
 
Und dies lässt sich tatsächlich nicht nur bereits bei Kleinkindern beobachten (auch deren daraus folgende, spontane wie tatkräftige Hilfsbereitschaft), sondern es lässt sich dies ähnlich ebenfalls bei anderen Primaten feststellen, nachlesbar bspw. bei Frans de Waal, Verhaltensbiologe, Primatologe.
 
Religionen greifen dieses bereits Vorhandene, im Menschen natürlich Angelegte nur auf und instrumentalisieren es für eigene Zwecke, schreiben sich dann "Moral" auf die eigenen Fahnen, verkaufen sie als von Religion, religiösen Ideologien erschaffen, als eigenen Verdienst, selbst erbrachte Leistung, als eigene "Idee" und meinen, mittels dessen ihren Monopol-, Deutungs-, Hoheitsanspruch, letztlich also ihren Machtanspruch legitimieren zu können.
 
Ja, das darf man zurecht als infam bezeichnen, insbesondere, wenn man sich nochmals vergegenwärtigt, was alles die verschiedenen Religionen weltweit und durch die Jahrtausende bis heute an Zerstörung, Gewalt, Leid, Not und Elend, an massiver Ungerechtigkeit und Grausamkeit überhaupt erst hervorgebracht, initiiert, verschuldet, sogar "gerechtfertigt" und - eigentlich - zu verantworten haben. Und wie heuchlerisch und abstoßend es vor diesem Hintergrund ist, dass ausgerechnet Religion/en als "Hüter von Moral" noch immer gelten, sich selbst bezeichnen, darstellen und nach wie vor zu präsentieren versuchen.
 
Kein Mensch braucht Religion, religiösen Glauben, um sich intrinsisch moralisch (statt religiös, ideologisch oktroyiert) zu verhalten, um ethische Grundsätze zu finden, zu denken, zu formulieren, diese auch immer wieder zu modifizieren und ihnen in der Lebenspraxis zu folgen: prosoziales Verhalten.
Unabdingbar hingegen ist hierfür Empathie - die Fähigkeit, sich einfühlen und mehr noch mitfühlen zu können.
 
Das jedem Menschen, wie auch anderen Primaten angeborene Mitgefühl wird grundsätzlich in der Kindheit gefördert, gestärkt oder aber gehemmt, verhindert, beschädigt.
 
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S
Ganz große Klasse. Kann sich jeder ausdrucken und immer im Auge behalten. Was in jedem "Gebot" etwas durchscheint: "Sei demütig"!
S
Nein, das meine ich nicht ironisch. Gut, nennen wor es Bescheidenheit. Doch, das finde ich schon. Bescheidener sein im Urteil gegenüber Anderen. Ja, und Selbstkritik. Dazu hilft - meine ich - Bescheidenheit.
K
Hui, das meinst du jetzt ironisch, gell? ;) Falls nicht ... ich empfinde es nicht so, dass die Angebote eine Art Aufruf zur Demut enthalten, eventuell Bescheidenheit, aber selbst das/diese vermag ich dort nicht wirklich heraus- oder hineinzulesen. ;) Eher eine Aufforderung bzw. Anregung zur Selbstkritik. :) - Angebot 1 hätte ich allerdings etwas anders formuliert, denn Philosophie, Wissenschaft und Kunst "besitzt" man nicht - man "hat" sie allenfalls (aber ... selbst darüber - Ausdruck - ließe sich noch streiten ;) ).